Der Tod kommt in schwarz-lila
habe einen Kuchen gebacken.«
Grevenstedt nickte.
Wenig später erreichten sie den Bootsschuppen. Horst Grevenstedt stieg aus und öffnete das Bügelschloss. Das große Tor knarrte laut, als er es aufschob. Sein Blick fiel auf das Motorboot, das auf dem Bootsanhänger stand. Es war ein altes Boot, die Farbe war abgeblättert. Er wusste, dass er es dringend streichen musste. Die Farbe hatte er im Kofferraum. Heute jedoch würde er mit seinen Kindern hinausfahren. Die Arbeiten hatten noch Zeit bis nächste Woche.
Im hinteren Teil des Schuppens befand sich eine Slipanlage. Das Wasser des Siels reichte bis in den Schuppen hinein. Es war trübe und stank modrig. Mit der Winde brachte er das Boot zu Wasser. Der Anhänger quietschte fürchterlich, als er auf der abschüssigen Anlage langsam dem Wasser entgegenlief.
Anschließend öffnete Grevenstedt das hintere Tor, das hinaus in den Siel führte. Der Bootsmotor sprang nach dem ersten Versuch an.
Den Mann, der aus weiter Entfernung zum Bootshaus hinüberschaute, blieb Grevenstedt verborgen. Der Beobachter wartete, bis das Boot außer Sichtweite war, dann stieg er in seinen weißen Kleinwagen und fuhr langsam davon. Er hatte Zeit.
*
»Er muss sie sehr geliebt haben«, sagte Trevisan und schob den Brief zurück in das Kuvert.
Dietmar Petermann blickte nachdenklich drein. Sieben Liebesbriefe aus längst vergangenen Tagen, von Kapitän Hansen an die Mutter seiner unehelichen Tochter gerichtet, lagen vor ihm auf dem Schreibtisch. »Trotzdem ist er bei seiner Frau geblieben«, murmelte Petermann gedankenverloren.
»Es muss schlimm sein, jemanden zu lieben und doch niemals das Leben mit ihm teilen zu können«, bemerkte Trevisan. Er hatte alle sieben Briefe gelesen und einiges über Ole Hansen erfahren. Er hatte seine Frau nicht verlassen, weil sie schon damals sterbenskrank gewesen war. Er wäre sich schäbig vorgekommen, wenn er einfach gegangen wäre. Er hatte sich für seine Frau entschieden und als sie schließlich an Knochenkrebs starb, war es zu spät. Margit Helmer, die Mutter seiner unehelichen Tochter, war längst verheiratet.
Trevisan ahnte, wie tief die innere Zerrissenheit in Ole Hansen gewesen sein musste. Hansen musste ein willensstarker und gutherziger Mensch gewesen sein. Welcher abgrundtiefe Hass musste in einem Mann stecken, der Hansen auf so schreckliche Art und Weise regelrecht hinrichtete. Wo lag das Motiv?
»Kann ein Mensch wie Hansen überhaupt einen Todfeind haben?«, fragte Trevisan laut.
Dietmar zuckte die Schultern. Schweigend blickte er zur Decke.
»Sind Tina und Monika eigentlich schon zurück?«, durchbrach Trevisan nach einer Weile die bedrückende Stille.
»Soviel ich weiß, werden sie erst heute Nachmittag zurückkehren. Alex sitzt am Computer und sucht nach weiteren Fällen im Zusammenhang mit Bootszubehör oder einer Taucherausrüstung«, erklärte Dietmar.
Trevisan nickte. Mittlerweile hatte er ihnen von seinen Erkenntnissen im Tauchsportgeschäft erzählt. Nun war er gespannt darauf, was Monika Sander in Aurich in Erfahrung bringen konnte. Vielleicht gab es einen weiteren Ansatzpunkt in diesem Fall. Trevisan hoffte es inständig.
Als das Telefon klingelte, nahm Trevisan den Hörer ab. Es war ein Kollege vom 2. Polizeikommissariat. Dort hatte Trevisan am frühen Morgen nachgefragt, ob Hansen den Einbruch in seinem Haus angezeigt hatte. Es lag aber keine Anzeige vor. Trevisan bedankte sich und legte auf.
»Ich mache mich wieder an die Arbeit«, sagte Dietmar. »Heute werden die Leichen freigegeben. Willemsens Bruder kommt auf die Dienststelle. Vielleicht ergibt sich etwas.«
Noch bevor Dietmar an der Tür war, klopfte es. »Ja!« rief Trevisan. Till Schreier betrat das Büro. Sein Gesicht war aschfahl. Er war erst siebenunddreißig, doch es schien, als wäre er in den letzten Tagen um Jahre gealtert.
»Hallo, Till«, sagte Trevisan. »Du siehst schlecht aus.«
»Ich musste einfach raus von zu Hause. Ich falle sonst mit jedem Tag in ein tieferes Loch. Ich muss mal wieder auf andere Gedanken kommen. Ich hoffe, ich kann bleiben?«
Trevisan ahnte, was in Till Schreier vorging. Till war ein Arbeitstier. Bestimmt war es für ihn besser, hier im Büro mitzuarbeiten, als die Tage daheim in Untätigkeit und Trauer zubringen zu müssen. Trevisan musterte Till nachdenklich. »Setz dich, wir brauchen jetzt jeden Mann«, antwortete er.
*
»Und Sie sind sich absolut sicher?«, fragte Monika Sander nachdrücklich.
Der Ladeninhaber
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