Der Tod kommt in schwarz-lila
schaute sie erstaunt an. »Hören Sie, ich mag Ihnen wohl etwas alt und zerstreut erscheinen, aber ich bin seit über dreißig Jahren in diesem Geschäft. Ich weiß genau, was ich sage«, antwortete er etwas verschnupft.
»Verzeihen Sie, ich wollte Sie nicht kränken«, entgegnete Monika verlegen.
Seit zehn Tagen jagten sie ein Phantom. Niemand wusste, wer der grausame Mörder war, niemand wusste, wie er aussah oder was ihn zu seinen Taten trieb. Niemand, außer vielleicht diesem alten Mann, der in Aurich einen Tauchsportladen betrieb und nun direkt vor ihr stand. Wenn Monika Sanders Annahme richtig war, dann hatte er ihn gesehen. Ein junger, blasser Mann hatte vor fünf Wochen kurz vor der Mittagspause den Laden betreten und sich in verdächtiger Weise umgeschaut. An diesem Tage hatte die zweite Angestellte frei gehabt. Hinrich, der Ladeninhaber, hatte sich zunächst mit einem weiteren Kunden unterhalten, dann hatte er den jungen Mann mit dem bleichen Gesicht und den kurz geschorenen Haaren angesprochen. Doch der hatte geantwortet, dass er sich nur umsehen wollte. Nachdem Hinrich einen zweiten Kunden bedient hatte, war der junge Mann verschwunden. Spurlos.
Als es zwölf Uhr wurde, hatte Hinrich den Laden abgeschlossen und war in die Mittagspause gegangen. Seine Wohnung lag direkt über dem Geschäft. Nach dem Essen hatte er einen kleinen Mittagsschlaf gehalten. Als ihn der Wecker um viertel vor zwei weckte und er wieder hinunter in das Geschäft ging, fiel sein Blick auf die geöffnete Ladenkasse, dann entdeckte er die offene Ladentür. Der Schlüssel steckte von innen. Er wusste genau, dass er die Tür verschlossen hatte. So wie er es immer tat. Der Dieb musste sich also schon im Laden befunden haben. Es konnte nur dieser junge und bleiche Kerl gewesen sein. Vielleicht hatte er sich in einer der beiden Umkleidekabinen versteckt.
Hinrich hatte die Polizei gerufen. Anschließend stellte er fest, dass die Tageseinnahmen und aus der Ladenvitrine auch noch eine Harpune fehlten. Dennoch hatte er Glück gehabt. Ein Kunde hatte an diesem Tage einen teuren Atemregler samt Zubehör gekauft und mit einem Euroscheck bezahlt. Den Scheck hatte der Dieb nicht angerührt. Aus der Kasse fehlte lediglich ein geringer Bargeldbetrag.
»Diese Harpune – haben Sie noch so ein Exemplar auf Lager?«, fragte Tina Harloff.
Hinrich nickte und verschwand zwischen den Regalen. Kurz darauf tauchte er mit einem langen Paket in der Hand wieder auf.
»Die Gordon ist ein Spitzenmodell. Sie hat einen nahezu unzerbrechlichen Glasfaserpfeil mit einer Haifischspitze und eine hundertprozentige Trefferquote auf fünf Meter. Sie wird über einen zuverlässigen Gummizug abgefeuert und entwickelt eine enorme Abschussenergie. Die Spitze ist aus gehärtetem Stahl und durchschneidet sogar Knochen. Sie ist leicht und gut zu transportieren«, erklärte Hinrich und präsentierte stolz die Waffe.
Die Spitze des Pfeils wirkte Furcht erregend.
»Haben Sie viele Kunden, die sich für Harpunen interessieren?«, fragte Monika.
»Ach, wissen Sie, hier braucht man so etwas nur selten«, antwortete er. »Die meisten Kunden sind Taucher, die in der Karibik oder in Amerika auf Tauchurlaub gehen. Viele Bestellungen erfolgen über unseren Versandkatalog. Wir inserieren regelmäßig im Divemaster. Das ist eine Tauchsportzeitschrift, die in ganz Deutschland erhältlich ist.«
»Haben Sie dieses Jahr schon welche verkauft?«
»Zwei Stück. Bestellungen über das Internet. – Mein Sohn hat das angefangen«, erklärte Hinrich stolz. »Er ist mittlerweile der Inhaber des Geschäftes. Aber zur Zeit ist er Tauchlehrer. Er hat eine Tauchschule auf Juist.«
Monika Sander bat Hinrich festzustellen, an wen die beiden Harpunen verkauft worden waren. Es dauerte nicht lange, dann kehrte Hinrich mit einem Zettel zurück. Demnach stammte eine Bestellung aus Mannheim, der andere Auftrag war nach Deventer in Holland gegangen.
»Gut, Herr Hinrich, wir holen Sie dann morgen gegen neun Uhr ab«, sagte Monika, ehe sie sich zur Tür wandte.
»Wie lange dauert so etwas?«, fragte Hinrich.
»Das kommt darauf an, wie gut Sie mit dem Zeichner zusammenarbeiten und an wie viele Details Sie sich erinnern. Ich glaube aber, dass Sie bis zum Nachmittag wieder hier sind«, versicherte Tina Harloff.
»Ich frage nur, weil ich um sechs Uhr das Geschäft abschließen muss. Meine Angestellte ist da immer etwas nachlässig, wissen Sie«, sagte Hinrich wichtig.
»Ich hoffe, dass er morgen recht
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