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Der Tod kommt in schwarz-lila

Titel: Der Tod kommt in schwarz-lila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefne
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Bremen zum Einkaufen fahren. Es wurde langsam Sommer, wenn auch wenig davon zu merken war. Paula brauchte neue Kleider und Schuhe und auch er wollte sich neu einkleiden. Paula hasste es, wenn er in den dunklen Hosen und einfarbigen Hemden herumlief.
    »Du siehst darin aus wie ein Versicherungsvertreter«, hatte sie ihm einmal gesagt.
    Vielleicht hatte sie recht damit, aber korrekte Kleidung war ihm nun mal wichtig. Mit einem Anzug fühlte er sich einfach immer passend gekleidet. Nur in der Freizeit trug er gerne Jeans und Baumwollhemden. Er war beileibe kein Modemuffel, aber er liebte eher die dunklen und ernsten Farben. Überhaupt war das mit der Mode so eine Sache. Er wollte sich dem Diktat der Mode schon allein deshalb nicht unterwerfen, weil sich die Trends und Strömungen alleine des Geldes wegen ständig änderten.
    Das Wasser hatte mittlerweile die richtige Temperatur. Er warf die Spaghetti in den Topf und widmete sich der Soße.
    Nach der Einkaufstour würde es vielleicht für ein gemeinsames Essen in dem kleinen netten Lokal in der Hafenbahnstraße reichen. Es sollte ein Versöhnungswochenende werden und Paula stand im Mittelpunkt.
    Im Radio spielten sie gerade sein Lieblingslied. Who wants to live forever.
    Er hatte sich vorgenommen, an diesem Wochenende nicht an seine Arbeit zu denken, doch der Kopf hielt sich nicht an die Abmachung. Kaum waren die ersten Takte des Songs angespielt, tauchten auch schon die ersten Bilder vor seinem inneren Auge auf. Wangerooge, die Dünen, Hansen, die Helge. Was hatte er nur übersehen? Welche Hinweise gab ihm der Mörder, warum der abgeschnittene Finger, was wollte er mit dem symbolischen Akt bei der Ermordung Hansens ausdrücken?
    Das Wasser auf dem Herd kochte über. Als er den Topf von der Herdplatte zog, verbrannte er sich die Finger. Er fluchte laut. Grit hatte schon damals gesagt, dass sie sich einen neuen Herd kaufen sollten. Einen modernen Herd mit einem Cerankochfeld. Doch Trevisan hatte nur den Kopf geschüttelt. Der Herd war noch nicht einmal fünf Jahre alt und funktionierte hervorragend. Warum sollte er ihn auswechseln? Überhaupt war er mit seiner Küche rundherum zufrieden. Er selbst hatte sie damals ausgesucht und sich gegen Grit durchgesetzt. Grit hatte schon immer eine andere Auffassung von Ästhetik und Design gehabt.
    Das Essen war fertig. Er probierte. Trevisan kochte gut. Er hatte es lernen müssen. Er schaute auf die Uhr. Seine Nervosität nahm zu. Die richtigen Worte zu finden, darauf kam es an. Paula das Gefühl geben, dass sie ihm wichtig war.
    Alles war in der Theorie immer leicht gesagt, aber in der Realität entwickelten sich die Dinge oft anders.
    *
    Das kleine, runde, blaue Gesicht war mitten in der Nacht zu ihm gekommen und hatte ihn behütet. Er hatte ruhig und entspannt geschlafen, bis zum frühen Morgen.
    In der Nähe des blauen Gesichtes empfand er keine Angst. Wenn auch jetzt fast an allen Ecken und Enden ein Plakat mit seinem Konterfei prangte und ihn mit leeren Augen anstarrte. Es kümmerte ihn nicht. Er hätte gerne die Sünden dieser Ungeheuer laut hinaus in die Welt geschrien, doch keiner hätte ihm zugehört. Schon damals hatte ihn niemand verstanden. Er erinnerte sich noch gut daran. In ihren teuren Anzügen mit ihren fetten Bäuchen hatten sie ihm gegenübergesessen und nur die Köpfe geschüttelt, als er ihnen von der Ungerechtigkeit berichtete, die ihm widerfahren war. Doch statt ihm zu helfen, hatten sie ihn mundtot gemacht, ihn weggeschlossen und mit Medikamenten zum Schweigen gebracht.
    Jetzt hatten sie keine andere Wahl. Sie mussten ihm zuhören. Es war bestimmt schmerzhaft, doch es gab keinen anderen Weg. Auch Vater hatte gelernt. Wenn er auch immer noch mit strengem Blick über ihn wachte und ihn ständig unter Druck setzte. Auch aus dieser Umklammerung würde er sich befreien. Es war nur eine Frage der Zeit.
    Der Kerl im weißen Kittel hatte gedacht, er könne ihm die Erinnerung nehmen. Doch darin hatte er sich getäuscht. Oh, er hatte gelernt. Er hatte viel gelernt. Er hatte sie alle getäuscht, hatte ihnen erzählt, was sie hören wollten. Hatte sich gefügig gezeigt und auf seine Stunde gewartet. Viele schlaflose Nächte waren vergangen. Er hatte oft genug dem Grauen mitten ins Gesicht geblickt. Doch er hatte es ertragen, geduldig und schweigend, weil er schon damals gewusst hatte, dass seine Stunde kommen würde. Jetzt war es so weit.
    Als er sich erhob und zum Tisch ging, hörte er die Worte des weißen Mannes ganz

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