Der Tod kommt in schwarz-lila
hängt sich daran und lässt sich durch das Wasser ziehen. Das Ding bringt es auf eine enorme Geschwindigkeit.«
Tina überlegte. »Dann ist er wohl auf diese Art auf die Helge gekommen«, folgerte sie nachdenklich.
»Oder damit verschwunden. Wann ist das Ding gestohlen worden?«
»Am 17. April auf Norderney aus dem Lagerschuppen eines Bootsverleihs.«
»Hast du die Adresse?«
»Sie steht in der Fahndungsnotiz.«
»Bootsverleih Kriegisch«, las Till laut vor. Er blickte auf die Uhr. Zehn Minuten nach zehn. »Ich mache mich sofort auf den Weg.«
»Soll ich dich begleiten?«
»Wenn du gerade nichts Besseres vorhast«, antwortete Till Schreier und grinste.
*
Das Bild war schlecht. Seine Augen standen zu dicht zusammen und seine Frisur war auch nicht richtig getroffen. Dennoch hieß es von nun an vorsichtig zu sein.
Er faltete die Zeitung auseinander und begann zu lesen.
Das Ungeheuer vom Wangerland, hieß es in der Schlagzeile. Der irre Mörder noch immer frei, stand im Untertitel. Es ärgerte ihn maßlos. Was wusste dieser Schmierfink schon von ihm. Er las weiter. Worte wie »kaltblütig«, »hinterlistig« und »gnadenlos«, standen in dem Bericht. Wut keimte in ihm auf. Grenzenlose Wut. Das Blut schoss ihm in den Kopf. Ärgerlich zerriss er die Zeitung und warf sie auf den Boden.
»Vater, wenn er jetzt hier wäre, dann würde ich ihn in der Luft zerreißen«, fluchte er laut. Seine Hände begannen unkontrolliert zu zittern. Er erhob sich. Wie ein Tiger im Käfig lief er auf und ab.
Er, ein Mörder? Er hatte niemandem etwas zuleide getan. Er würde niemanden aus purer Lust am Töten umbringen. Niemals. Er hatte eine Aufgabe und befand sich auf einer heiligen Mission. Das war etwas vollkommen anderes. Ja, der alte Mann auf der Insel mochte wohl ein Fehler gewesen sein. Doch dieser Fehler war nicht mehr korrigierbar. Aber hatte es der Alte selbst nicht herausgefordert? Warum hatte er ihn in seiner Trauer gestört? Vielleicht würde die Zeit kommen, in der er seine Taten den anderen erklären konnte. Vielleicht würden sie ihn auch verstehen. Er wusste, dass es für Außenstehende schwer war, sein Tun zu begreifen. Er selbst hatte eine lange Zeit gebraucht, bis er zur richtigen Sicht der Dinge gekommen war. Er musste handeln. Nichts anderes blieb ihm übrig. Die Weichen dazu waren vor sieben Jahren gestellt worden. Nun war er eins geworden mit der Welt der Schatten. Er verstand ihre Sprache und ihre Gesten.
Warum maßte sich ein kleiner Provinzreporter an, ihn zu verurteilen? Was wusste der schon von der Welt hinter der Welt. Von der Welt der Verlorenen. Nichts, nicht das Geringste.
Sie hatten ihn gesucht und seine Hilfe erfleht. Zuerst hatte er sich gewehrt. Doch dem blauen Gesicht konnte er nicht widerstehen. Er hatte richtig gehandelt. Das blaue Gesicht lächelte inzwischen, es lächelte ihm zu. Bald würden auch die anderen stummen Masken ihren starren Ausdruck verlieren. Er würde ihnen das verlorene Lachen wiederbringen. Sie würden es dem alten Mann auf Wangerooge erklären. Und er war sich sicher, der würde es verstehen.
*
Seit einer halben Stunde schien Sillenstede wie ausgestorben. Niemand schlenderte über den gepflasterten Gehweg. Kein Wagen fuhr durch die engen Straßen. Die Gegend war abgeriegelt. Sie waren sicher, dass sie unbemerkt geblieben waren. Bislang war alles gut gegangen, doch der schwierigste Teil der Aufgabe lag noch vor ihnen. Sie wussten nicht, was sie erwartete.
Das alte Haus lag etwa vierhundert Meter außerhalb von Sillenstede am Verbindungsweg nach Waddewarden. Das Gelände war für einen Einsatz denkbar ungünstig. Keine Deckung weit und breit. Kein Hügel, kein Baum, nichts, hinter dem sich das Aufgebot hätte verstecken können.
Neben dem Haus lag ein alter Schuppen. Rechts davon standen vier Birken. Ein weiterer Baum befand sich direkt vor dem Haus.
Trevisan schaute durch das Fernglas. Riederberg stand neben ihm und legte die schusssichere Weste an.
»Das wird nicht leicht«, sagte Trevisan. »Vielleicht wäre es besser, wir würden versuchen, mit ihm zu reden.«
»Wir werden frontal angreifen. Einen anderen Weg sehe ich nicht«, erwiderte Riederberg trocken.
Beck und Kriminalrat Ganter näherten sich.
»Und, Riederberg? Haben Sie sich schon eine Strategie überlegt?«, fragte Beck mit verbissenem Gesichtsausdruck. Auch ihm gefiel die Lage nicht.
»Sobald wir vorrücken, befinden wir uns auf dem Präsentierteller«, erklärter der SEK-Beamte. »Er hat freies
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