Der Tod kommt in schwarz-lila
Bereich der ostfriesischen Inseln und dem Wangerland gab es vierundsechzig Tauchschulen, dazu kamen noch neunundzwanzig Tauchclubs und Tauchsportvereine. Die privaten Tauchlehrer nicht mit eingerechnet. Außerdem konnte es durchaus sein, dass der Wangerland-Mörder das Tauchen sonst irgendwo auf der Welt, bei einer Feuerwehr, dem Technischen Hilfswerk, der Bundeswehr oder bei der Seenotrettung erlernt hatte. Dennoch gingen sie mit Eifer der vagen Spur nach. Sie vertrauten Trevisans Riecher, denn schon mehr als einmal war sein Plan aufgegangen.
Monika Sander war am frühen Morgen mit Alex Uhlenbruch aufgebrochen, um in das achtzig Kilometer entfernte Norden zu fahren und dort mit den Recherchen zu beginnen. Drei Tauchschulen und einen Tauchclub hatten sie schon vergeblich aufgesucht. Weder das Phantombild brachte sie weiter, noch erinnerte sich jemand an einen Mann, an dessen Hand ein Finger fehlte. Till Schreier und Tina Harloff versuchten ihr Glück in der Gegend von Wilhelmshaven. Doch ihnen erging es nicht besser.
Dietmar Petermann kümmerte sich nochmals um Kapitän Hansen, doch er hatte wenig Hoffnung auf etwas Neues zu stoßen. Das Buch Ole Hansen lag offen ausgebreitet vor ihnen. Ein neues Kapitel darin zu entdecken wäre eine Überraschung.
*
Trevisan hatte sich nach einer kurzen Einsatzbesprechung einen Dienstwagen besorgt. Er rief im Krankenhaus an und erkundigte sich nach dem Befinden von Frau Trewes. Der Arzt vertröstete ihn auf die nächste Woche. Der Anblick des Toten hatte sie schwer mitgenommen. Innerlich fluchte Trevisan. Als er das Büro verließ, begegnete ihm die Psychologin vom LKA, Margot Martinson, auf dem Gang. Sie trug dieselbe Kleidung wie gestern. Trevisan erwiderte mürrisch ihren Gruß.
»Mir scheint, ich komme gerade rechtzeitig«, sagte sie.
Trevisan schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, ich muss weg. Ermittlungen, Sie verstehen!«
Sie nickte und als er an ihr vorüberging, drehte sie sich um und lief neben ihm her.
»Es ist wohl das Beste, wenn ich Sie begleite. Dann können wir während der Fahrt über den Fall reden«, bemerkte sie und fuhr sich durch das Haar.
Trevisan blieb stehen. »Im Konferenzzimmer am Ende des Ganges habe ich die Akten für Sie auflegen lassen. Es erscheint mir sinnvoll, dass Sie die Einzelheiten über die Mordfälle erfahren.«
»Sie wollen mich wohl mit einem Berg Akten zuschütten und kaltstellen. Ich höre mir aber gerne erst einmal an, was der Sachbearbeiter selbst über den Fall denkt. Das erscheint mir sehr wichtig. Schließlich soll ich aus dem Gesamtbild, das Sie bislang zusammengetragen haben, ein Profil des Täters erstellen.«
Trevisan spürte, dass er sie so leicht nicht loswerden würde. »Sind Sie gestern Abend noch irgendwo untergekommen?«, fragte er, um die Unterhaltung in eine andere Bahn zu lenken.
»Ich wohne im Hotel Fürstenwerth «, antwortete sie. »Das ist gerade mal drei Straßen weiter.« Sie folgte ihm in den Aufzug. Nachdem sich die Türen geschlossen hatten, sagte sie: »Herr Trevisan, ich hatte schon gestern den Eindruck, dass Sie nicht gerade glücklich über mein Erscheinen sind. Aber ich bin nicht Ihre Gegnerin. Ich sehe mich eher in einer Beraterrolle.«
Trevisan hörte wortlos zu.
»Man muss nicht Psychologie studiert haben, um zu erkennen, dass Ihr Verhältnis zu Ihrer Chefin, gelinde gesagt, etwas angespannt ist«, fuhr Martinson fort. Der Blick ihrer Augen lag auf Trevisan, doch dessen Miene blieb unverändert. Als der Aufzug in der Tiefgarage ankam, folgte Margot Martinson Trevisan zum Wagen.
»Egal, welche Probleme Sie mit Frau Schulte-Westerbeck haben, es sind nicht meine Probleme. Ich möchte in Ihren Konflikt nicht hineingezogen werden, auch wenn ich für Sie wie eine Abgesandte Ihrer Vorgesetzte wirken muss.«
Sie stiegen in den blauen Dienstwagen. »Wohin fahren wir?«, fragte Martinson.
»Ich fahre zur Ehefrau eines der Ermordeten. Es erscheint mir wichtig, noch einmal mit der Frau zu reden«, erwiderte Trevisan.
Margot Martinson ignorierte die Anspielung.
Auf der Fahrt nach Altgarmssiel herrschte bedrückendes Schweigen. Margot Martinson gab ihre Bemühungen auf, mit Trevisan ins Gespräch zu kommen. Nach einer Dreiviertelstunde stoppte Trevisan den Wagen vor Grevenstedts Einfamilienhaus. Erst jetzt fiel ihm auf, wie viel Charme und Wärme das Häuschen ausstrahlte. Es war nicht groß, nicht besonders luxuriös, doch es vermittelte den Eindruck, dass hier glückliche Menschen lebten. Aber
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