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Der Tod kommt in schwarz-lila

Titel: Der Tod kommt in schwarz-lila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefne
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Kirchgang zum Pflichtprogramm gehörte, und an Ostern vor einem Jahr, als ihn Paula einfach mitgeschleift hatte. War damals nicht die Kirche mit lila Fahnen und Tüchern geschmückt gewesen? Er fühlte, dass Margot Martinson recht hatte. Seine Gedanken überschlugen sich.
    »Vorsicht, bremsen Sie doch!«, schrie Margot Martinson laut.
    Trevisan erschrak und machte eine Vollbremsung. Er kam gerade noch rechtzeitig zum Stehen. Er hatte den Wagen vor sich einfach übersehen. Er zitterte am ganzen Körper.
    »Na, Sie können vielleicht Auto fahren«, schimpfte seine Begleiterin.
    Trevisan konzentrierte sich wieder auf den Verkehr und wartete, bis der Wagen vor ihm abgebogen war. Dann steuerte er einen Parkplatz an.
    »Sie glauben also, dass der Mörder sich eine schwarzlila Kluft anlegt und sich aufmacht, um Menschen auszusuchen, die er in die Hölle schickt?«
    »Nicht wahllos, gezielt. Sie entsprechen einem ganz bestimmten Muster. Dieses Muster müssen wir noch herausfinden.«
    »Wir haben die Hintergründe der Mordopfer überprüft«, sagte Trevisan. »Es gibt keine Gemeinsamkeiten. Zumindest haben wir keine gefunden.«
    »Es können auch Äußerlichkeiten sein«, entgegnete Margot Martinson. »Verhaltensweisen, eine bestimmte Eigenart oder eine gemeinsame Vorgeschichte, die sie ins Visier des Täters rückt. Wir werden Gemeinsamkeiten im Leben der Opfer finden, da bin ich mir sicher, genauso wie sie auch im Tod Parallelen aufweisen. Sehen Sie, Ihnen ist doch sicher aufgefallen, dass nur bei Hansen und Grevenstedt das Fingerglied abgetrennt wurde. Diese Trophäe ist für den Mörder von essentieller Symbolik. Es ist der finale Akt. So wie der Pfarrer am Ende des Beerdingungsrituals Erde auf den Sarg schüttet. Bei dem Holländer und Willemsen finden wir diese rituelle Handlung nicht. Ihr Tod ist bloßes Beiwerk. Nur der Fall Gabler wirft in dieser Beziehung noch Fragen auf. Ihm fehlt zwar nicht das Fingerglied. Doch wir wissen, dass der Täter bei diesem Mord seine zeremonielle Kleidung getragen hat. Sie ist auf dem Foto des Ermordeten zu sehen.«
    Trevisan staunte nicht schlecht. »Welche Gemeinsamkeit könnte es da geben?«, murmelte er gedankenverloren.
    »Das ist unterschiedlich. Die Ursprünge solcher Gewalttaten sind für logisch denkende und rational bestimmte Menschen nicht immer gleich zu erkennen. Sehen Sie, ich hatte vor einem Jahr in Hamburg einen Fall, da ermordete ein geistesgestörter Mann zwei alte Frauen, die ein rotes Kopftuch getragen hatten. Das allein war Grund genug für ihn. Der Ursprung der Tat lag in der posttraumatisch nachwirkenden Kindheit. Seine Großmutter hatte stets ein rotes Kopftuch getragen. Sie hatte ihn Tag für Tag misshandelt und manchmal sogar mehrere Stunden in einen dunklen Keller gesperrt.«
    Trevisan gingen die Farben Schwarz-Lila nicht mehr aus dem Sinn. Er musste sich eingestehen, dass Margot Martinson mit ihren Gedanken neue Impulse in den Fall gebracht hatte. Und er spürte, dass er den Code des Opferschemas knacken musste, denn der Wangerland-Mörder hatte sich erst zwei Finger geholt.
    *
    Es war ein sonniger und klarer Sommertag. Der erste in diesem Jahr. Die Temperaturen stiegen auf über dreißig Grad. Bald würde es in dieser Gegend vor Menschen nur so wimmeln. Er hasste diese Zeit, denn je mehr Menschen sich hier aufhielten, umso unübersichtlicher wurde es. Er musste vorsichtig sein. Er war noch lange nicht am Ziel.
    Er griff nach der Schere und schnitt das Bild heraus. Es zeigte einen alten Mann und einen preisgekrönten Zwergdackel. Es war ein Schwarzweißfoto, doch es erfüllte seinen Zweck. Er war diesbezüglich nicht anspruchsvoll. Er blätterte weiter. Wieder einmal beschäftigte sich die Presse mit der Mordserie im Wangerland. Der Kommentator ließ kein gutes Haar an den ermittelnden Polizisten.
    Sie taten ihm fast leid. Sie konnten nichts dafür. Sie hatten keine Macht über ihn. Er stand unter einem besonderen Schutz. Er war im Auftrag einer höheren Instanz unterwegs. Was konnten weltliche Mächte schon am göttlichen Willen ändern. Diese Journalisten bildeten sich ein, ein Urteil sprechen zu können. Was wussten sie schon. Nichts!
    Auch über ihn hatten sie nur dummes Zeug berichtet.
    Irgendwann käme die Zeit, da würde er ihren dunklen Geist erleuchten. Doch so lange mussten sie noch in ihrer erbärmlichen Unwissenheit schmoren.
    Er legte die Zeitung aus der Hand und trug das ausgeschnittene Bild wie eine Monstranz vor sich her.
    Vorsichtig schob er

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