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Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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seinen Platz zurückgefunden hatte. Als er wieder auf seinem Stuhl saß, überkam ihn eine verzweifelte Wut auf sich selbst. Er schalt sich einen unfähigen Dummkopf. Alveston hatte ihm doch ganz genau gesagt, wie er sich beim Verhör verhalten sollte! »Denken Sie nach, ehe Sie antworten, allerdings nicht so lange, als dass man Ihnen Berechnung unterstellen könnte. Beantworten Sie die Fragen genau und mit einfachen Worten. Sagen Sie nur, wonach man Sie gefragt hat, und schmücken Sie nichts aus. Wenn Cartwright mehr hören will, soll er danach fragen. Im Zeugenstand kommt es meist dann zur Katastrophe, wenn zu viel oder zu wenig gesagt wird.« Er hatte fatalerweise zu viel gesagt. Der Colonel würde zweifellos klüger vorgehen, doch der Schaden war angerichtet.
    Er fühlte Alvestons Hand auf seiner Schulter und sagte kläglich: »Ich habe der Verteidigung geschadet, nicht wahr?«
    »Keineswegs. Sie, ein Zeuge der Anklage, haben eine überaus wirkungsvolle Rede zugunsten des Angeklagten gehalten, was Mickledore selbst nicht tun darf. Die Jury hat Ihre Worte gehört – das ist das Wichtigste. Und Cartwright kann sie den Geschworenen nicht wieder aus dem Kopf reißen.«
    Nacheinander wurden weitere Zeugen der Anklage vernommen. Dr. Belcher sagte über die Todesursache aus, und die Wachtmeister beschrieben reichlich detailliert, wie sie vergeblich versucht hatten, die tatsächliche Mordwaffe zu ermitteln, obwohl sie unter dem Laub im Wald Steinplatten gefunden hatten. Auch eine gründliche Suche und umfassende Befragungen hätten keinen Beweis dafür zutage gebracht, dass sich zur fraglichen Zeit ein Deserteur oder eine andere Person im Wald aufhielt.
    Als Colonel the Viscount Hartlep in den Zeugenstand gerufen wurde, trat augenblicklich Stille ein, und Darcy fragte sich, warum Simon Cartwright diesen wichtigen Zeugen der Anklage als Letzten aufgerufen hatte. Hoffte er, die abschließende Aussage, die die Geschworenen zu hören bekämen, würde einen dauerhafteren und tieferen Eindruck auf sie machen? Der Colonel war in Uniform erschienen, und Darcy fiel ein, dass sein Cousin nach dem Prozess zu einer Besprechung im Kriegsministerium erwartet wurde. Er schritt so zwanglos zum Zeugenstand, als mache er einen Morgenspaziergang, verbeugte sich kurz vor dem Richter, sprach den Eid und wartete stehend auf Cartwrights erste Frage. Dabei trug er, wie Darcy fand, die leicht unduldsame Miene eines Berufssoldaten zur Schau, der einen Krieg zu gewinnen hatte und einerseits gewillt war, dem Gericht den gebührenden Respekt zu zollen, sich gleichzeitig jedoch von der im Grunde als Zumutung empfundenen Veranstaltung distanzierte. Würdevoll stand er da in seiner Uniform, ein Offizier, der als einer der bestaussehenden und tapfersten der ganzen britischen Armee galt. Ein Flüstern ging durch den Raum, legte sich jedoch rasch wieder, und Darcy sah, dass sich die modisch gekleideten Damen erwartungsvoll vorgebeugt hatten und wie mit Schleifen geschmückte Schoßhündchen aussahen, die beim Duft eines Leckerbissens erschaudern.
    Der Colonel wurde nach allen Einzelheiten des Geschehens befragt – vom Zeitpunkt seiner Rückkehr vom abendlichen Ausritt und seiner Teilnahme an der Rettungsexpedition bis hin zu Sir Seldwyn Hardcastles Eintreffen und Übernahme der Ermittlungen. Er sei zum Gasthof King’s Arms in Lambton geritten, wo er in der Zeit von Captain Dennys Ermordung eine private Unterredung geführt habe. Cartwright fragte nach den dreißig Pfund, die man bei Wickham gefunden hatte, und der Colonel erklärte ruhig, er habe dem Angeklagten das Geld gegeben, dieser habe eine Ehrenschuld damit begleichen wollen. Einzig die Unerlässlichkeit seiner Aussage vor Gericht habe ihn dazu gebracht, das feierliche Schweigeversprechen zwischen Mr. Wickham und ihm zu brechen. Den Namen des Begünstigten werde er nicht preisgeben, es handle sich jedoch nicht um Captain Denny, und das Geld habe auch nichts mit dessen Tod zu tun.
    An dieser Stelle erhob sich Mr. Mickledore. »Können Sie dem Gericht versichern, dass dieses Darlehen oder Geschenk nicht für Captain Denny bestimmt war oder irgendetwas mit dem Mord zu tun hat, Colonel?«
    »Ja.«
    Cartwright kam wieder auf die Bedeutung der Worte zu sprechen, die Wickham über der Leiche seines Freundes von sich gegeben hatte, und wollte wissen, wie der Zeuge sie verstanden habe.
    Nach einigen Sekunden begann der Colonel zu sprechen. »Ich kann nicht die Gedanken anderer Menschen lesen, Sir,

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