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Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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aber ich stimme Mr. Darcy in seiner Beurteilung zu. Meine Einschätzung basierte eher auf Instinkt als auf unmittelbarer detaillierter Betrachtung der Indizien. Ich weiß den Instinkt zu schätzen, er hat mir schon mehrfach das Leben gerettet und gründet sich auf die Wahrnehmung aller wichtigen Tatsachen, was nicht notwendig falsch sein muss, nur weil man sich dessen nicht bewusst ist.«
    »Zogen Sie es nie in Erwägung, Captain Dennys Leiche liegen zu lassen und seinen Mörder zu suchen? In diesem Fall hätten doch sicherlich Sie als hoher Militär die Führung übernommen.«
    »Ich habe es nicht in Erwägung gezogen, Sir. Ich dringe nicht in ungenügender Mannschaftsstärke in feindliches und unbekanntes Gebiet vor und mache mich im Rücken angreifbar!«
    Da es keine weiteren Fragen gab, war die Einvernahme der Zeugen durch die Anklage damit abgeschlossen. Alveston flüsterte: »Mickledore war brillant. Der Colonel hat Ihre Einlassung bestätigt und dafür gesorgt, dass die Glaubwürdigkeit von Pratts Aussage in Zweifel gezogen wird. Ich beginne Hoffnung zu schöpfen; allerdings müssen wir Wickhams Verteidigungsrede und die Anweisungen abwarten, die der Richter den Geschworenen für die Urteilsfindung erteilen wird.«

8
    W ie das ein oder andere Schnarchgeräusch deutlich machte, hatte die Hitze im Gerichtssaal eine gewisse Schläfrigkeit aufkommen lassen. Doch als sich jetzt Wickham von der Anklagebank erhob, um als Letzter zu sprechen, erwachte neues Interesse. Der Sitznachbar wurde angestupst, und ein allgemeines Getuschel ertönte. Wickham sprach mit klarer, fester Stimme, die jedoch keinerlei Gefühle verriet. Es klang fast, als würde er die Worte, die ihm das Leben retten konnten, nicht sprechen, sondern vorlesen, dachte Darcy.
    »Ich bin des Mordes an Captain Martin Denny angeklagt und habe mich nicht schuldig bekannt. Denn ich trage nicht die geringste Schuld an diesem Mord und habe mein Los in die Hände meines Landes gelegt. Vor über sechs Jahren diente ich mit Captain Denny in der Miliz, wo er mir ein guter Freund und Kamerad wurde. Diese Freundschaft blieb bestehen, und sein Leben war mir so teuer wie mein eigenes. Ich hätte, selbst um den Preis meines Lebens, jeden Angriff auf ihn abgewehrt und hätte es auch getan, wäre ich bei ihm gewesen, als der feige Angriff erfolgte, der ihm den Tod brachte. In den Zeugenaussagen war die Rede von einem Streit zwischen uns, damals in dem Gasthof, ehe wir zu jener verhängnisvollen Fahrt aufbrachen. Das war nichts weiter als eine Meinungsverschiedenheit zwischen Freunden, doch sie entstand durch meine Schuld. Captain Denny, der ein Ehrenmann und zu tiefem menschlichem Mitgefühl fähig war, empfand es als falsch, dass ich meinen Abschied genommen hatte, ohne über einen ordentlichen Beruf und ein Zuhause für meine Frau zu verfügen. Obendrein hielt er mein Vorhaben, Mrs. Wickham in Pemberley abzusetzen, damit sie dort übernachtete und am nächsten Tag den Ball besuchte, für rücksichtlos und glaubte, dass dies Mrs. Darcy unangenehm sein werde. Seine Ungeduld angesichts meines Verhaltens wuchs, und schließlich muss ihm meine Gesellschaft unerträglich geworden sein. Und deshalb, glaube ich, ließ er die Kutsche anhalten und lief in den Wald. Ich rannte ihm nach, um ihn zur Umkehr zu bewegen. Es war eine stürmische Nacht, und der Wald ist an manchen Stellen undurchdringlich und kann gefährlich werden. Ich leugne nicht, die hier zitierten Worte gesprochen zu haben, doch sie sollten ausdrücken, dass ich mich für den Tod meines Freundes verantwortlich fühlte, da er unserer Meinungsverschiedenheit wegen in den Wald gelaufen war. Ich hatte übermäßig getrunken und kann mich an vieles nicht mehr erinnern; doch eines hat sich mir ins Gedächtnis eingebrannt: das Entsetzen, als ich ihn fand und sein blutverschmiertes Gesicht erblickte. Seine Augen sagten mir, was ich bereits wusste – er war tot. Der Schreck, das Entsetzen, die Trauer darüber raubten mir fast alle Kraft, doch mit dem letzten Rest davon tat ich, was ich konnte, um seinen Mörder zu ergreifen. Ich nahm die Pistole des Captains und feuerte mehrmals auf eine fliehende Gestalt, die ich zu sehen glaubte; dann verfolgte ich sie bis in die Tiefen des Waldes hinein. Kurz darauf tat der Alkohol seine Wirkung, und meine Erinnerung setzt erst wieder ein, als ich bei meinem geliebten Freund kniete und seinen Kopf in den Armen hielt. In diesem Augenblick tauchte der Rettungstrupp auf.
    Meine Herren

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