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Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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war er ein vertrauter Anblick. Das jahrelange Reiten bei jeder Witterung hatte seine Haut gegerbt; als gutaussehend galt er nicht, aber sein Gesicht war offen und klug und vereinte Autorität und Güte so vollkommen, dass er für den Beruf des Landarztes wie geschaffen schien. Seine medizinische Philosophie beruhte auf der Überzeugung, der menschliche Körper heile sich von Natur aus selbst, solange Arzt und Patient es unterließen, sich gegen seine wohltuenden Kräfte zu verschwören; da er aber wusste, dass die menschliche Natur nach Tabletten und Säften verlangte, setzte er auf solche, die er selbst herstellte und an die seine Patienten bedingungslos glaubten. Früh hatte er gelernt, dass die Angehörigen eines Patienten weniger Mühe machten, wenn man sie für die Belange ihres Verwandten einspannte, weshalb er sich Gebräue ausgedacht hatte, deren Wirksamkeit in direktem Verhältnis zu der Zeit stand, die man für ihre Herstellung benötigte. Seine Patientin war ihm bereits bestens bekannt, da Mrs. Bingley ihn immer sofort gerufen hatte, sobald ihr Mann, ein Kind, ein Gast oder ein Dienstbote auch nur das kleinste Anzeichen von Unwohlsein zeigte – ja, er war zum Freund der Familie geworden. Alle waren erleichtert, als er zu Lydia hinaufgeführt wurde, die ihn mit erneut hervorbrechenden Schuldzuweisungen und Verzweiflungsschreien begrüßte, sich aber beruhigte, als er auf ihr Bett zuschritt.
    Elizabeth und Jane konnten nun ihre Nachtwache im Musikzimmer antreten, dessen Fenster einen guten Ausblick auf die zum Wald führende Straße boten. Zunächst versuchten sie sich auf dem Sofa zu entspannen, hielten es dort aber bald nicht mehr aus und traten immer wieder ans Fenster oder gingen rastlos im Zimmer umher. Elizabeth wusste, dass ihre Schwester insgeheim dieselben Berechnungen anstellte wie sie, und Jane fasste diese Gedanken schließlich in Worte.
    »Liebe Elizabeth, sie werden so schnell nicht zurückkommen. Sagen wir, es dauert eine Viertelstunde, bis Pratt die Bäume wiedererkannt hat, zwischen denen hindurch Captain Denny und Mr. Wickham im Wald verschwunden sind. Wenn sich die beiden Herren tatsächlich verirrt haben, müssen sie mindestens fünfzehn Minuten nach ihnen suchen. Und für den Weg zurück zur Kutsche und für die Rückfahrt brauchen sie auch einige Zeit. Obendrein muss einer von ihnen zum Waldcottage gehen und nachsehen, ob Mrs. Bidwell und Louisa in Sicherheit sind. Es kann so viel dazwischenkommen. Wir müssen Geduld haben. Ich rechne nicht damit, dass wir die Kutsche vor Ablauf einer Stunde wiedersehen. Außerdem könnte es sein, dass Mr. Wickham und Captain Denny sich schließlich doch zur Straße durchgeschlagen und beschlossen haben, den Weg zum Gasthof zu Fuß zurückzulegen.«
    »Das glaube ich kaum«, entgegnete Elizabeth. »Es ist ein weiter Weg, und zu Pratt sagten sie, sie würden Lydia nach Pemberley bringen und dann zum King’s Arms in Lambton weiterfahren. Außerdem benötigen sie ihr Gepäck. Und Wickham würde sich bestimmt gern vergewissern, ob Lydia heil hier angekommen ist. Doch das alles werden wir erst erfahren, wenn die Kutsche zurückkehrt. Es besteht durchaus Hoffnung, dass man die beiden auf der Straße gefunden hat und wir die Kutsche bald sehen. Aber bis es so weit ist, sollten wir uns ausruhen.«
    Doch sie fanden keine Ruhe, sondern traten immer wieder ans Fenster. Und als nach einer halben Stunde die Hoffnung auf eine rasche Rückkehr des Rettungstrupps geschwunden war, blieben sie schweigend und von Ängsten gequält stehen. In Anbetracht der Schüsse bestand ihre größte Befürchtung darin, die Kutsche langsam wie einen Leichenwagen heranrollen zu sehen und dahinter zu Fuß Darcy und den Colonel mit der beladenen Trage. Wenn Wickham oder Denny darauf lag, dann im besten Falls nur leicht verletzt, aber in der rumpelnden Kutsche nicht transportierbar. Energisch versuchten sie, das Bild eines verhüllten Leichnams von sich zu schieben und nicht daran zu denken, wie grauenhaft es wäre, der völlig aufgelösten Lydia beibringen zu müssen, dass sich ihre schlimmsten Befürchtungen erfüllt hätten und ihr Ehemann tot sei.
    Eine Stunde und zwanzig Minuten hatten sie stehend gewartet und sich gerade erschöpft vom Fenster abgewandt, als Bingley mit Dr. McFee eintrat.
    »Mrs. Wickham war aufgrund ihrer Angst und des ausgiebigen Weinens entkräftet. Ich habe ihr ein Beruhigungsmittel verabreicht. Sie wird bald tief schlafen, und zwar mehrere Stunden lang,

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