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Der Tod kommt wie gerufen

Der Tod kommt wie gerufen

Titel: Der Tod kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Trinken.«
    Scham brannte mir heiß auf der Haut.
    »Tut mir leid«, sagte Tyrell.
    Und zum zweiten Mal in wenigen Minuten lauschte ich einer toten Leitung.
    »Tyrell ist sauer?«, vermutete Ryan.
    »Ich bin gefeuert«, blaffte ich.
    »Der beruhigt sich schon wieder.«
    »Andrew Ryan, die Stimme der Vernunft.« Ich sah schwarze Schlieren über die Oberfläche meines inzwischen lauwarmen Kaffees treiben. »Woher willst du denn wissen, was Tyrell tun wird?«
    »Ich kenne dich.«
    »Tust du das? Tust du das wirklich?« Unvermittelt brach ich innerlich zusammen. »Monate gehen vorüber, und kein Ton. Und plötzlich schneist du wie aus dem Nichts mit deiner traurigen Geschichte hier rein. Ich armer Kerl, war nichts mit Lutetia. Jetzt bin ich ganz allein. Soll ich’s noch mal bei der Alten versuchen?«
    Ich wusste, dass ich faselte, aber ich konnte nicht anders. Finney war tot. Slidell wich mir aus. Tyrell hatte mich eben gefeuert. Ryan konnte nichts dafür. Aber er war da und bekam deshalb meine ganze Frustration ab.
    »Und schau dich nur an.« Ich schlug ihm erregt auf die Brust. »Du bist fast fünfzig. Wer zum Teufel sind die Dead Milkmen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Du trägst das T-Shirt einer Gruppe, die du nicht mal kennst?«
    »Ich dachte, den Erlös bekommen die Witwen und Waisen verstorbener Molkereiarbeiter.« Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
    Das gab den Ausschlag.
    Ich lachte.
    »Tut mir leid.« Ich legte Ryan die Hand auf den Arm. »Das hast
du nicht verdient. Ich bin in letzter Zeit ein bisschen unzurechnungsfähig. «
    »Aber süß«, sagte er.
    »Fang erst gar nicht an, Junge.«
    Frustriert stand ich auf und goss meinen Kaffee ins Spülbecken. Bei meinem Zustand war Koffein wahrscheinlich keine gute Idee.
    Minuten später klingelte das Telefon schon wieder. Ich griff sofort danach.
    Slidells Laune hatte sich gebessert. Marginal.
    »Der Jetta ist zugelassen auf einen Mark Harvey Sharp im Onslow County. Kein polizeilicher Eintrag. Wir lassen eben dort anrufen. Sollten bald mehr wissen.«
    In meinem Unterbewusstsein öffneten einige Zellen schläfrige Augen.
    Was?
    Keine Antwort von dort unten.
    Genau wie auf dem Friedhof.
    Ich ignorierte die undeutlichen Signale und sagte Slidell, ich wollte dabei sein, wenn er den Fahrer verhörte.
    »Warum?«
    »Weil ich es eben will.«
    Tote Leitung.
    Wieder marschierte ich auf und ab. Sinnloser Aktivismus. Das Geschirr. Katzenstreu.
    Ich war mir ziemlich sicher, dass ich von Detective Mistkerl nichts mehr hören würde. Ich irrte mich. Slidell rief wieder an. Die Hintergrundgeräusche deuteten darauf hin, dass er jetzt in seinem Auto saß.
    »Wir haben einen Verdächtigen. Sie werden mir nicht glauben, wer diesen Jetta gefahren hat.«

32
    Zwanzig Minuten später stiegen Ryan und ich im ersten Stock des Law Enforcement Building aus dem Aufzug. Slidell hatte meine Bitte zuerst abgelehnt, dann aber nachgegeben. Wir durften das Verhör des Verhafteten beobachten, aber nicht mehr.
    Slidell saß an seinem Schreibtisch. Ryan drückte sein Mitgefühl für den Verlust seines Partners aus. Slidell dankte ihm, dass er extra nach Charlotte gekommen war, um an der Beerdigung teilzunehmen.
    »Das war für mich doch selbstverständlich. Ich habe den Mann bewundert. Und ihn gemocht.«
    »Solche wie Eddie gibt’s nicht mehr.«
    »Nein, wirklich nicht. Wäre es andersherum gewesen, hätte Rinaldi an meinem Grab gestanden.«
    Slidell hob eine fest geballte Faust. »Brüder in Uniform.«
    Ryan berührte Slidells Faust mit der seinen.
    Einige Augenblicke lang erinnerten sie sich an die erste Begegnung der drei Detectives.
    Dann kamen wir zur Sache.
    Slidell rief an, um zu hören, ob der Verhörraum schon fertig war. Mit Slidell an der Spitze gingen wir drei den Gang hinunter.
    Dasselbe Spionglasfenster. Derselbe zerkratzte Tisch. Derselbe Stuhl, auf dem zuerst Kenneth Roseboro und später Asa Finney gesessen hatten.
    Der Stuhl war nun besetzt von dem Mann, der verdächtigt wurde, Finney umgebracht zu haben.
    Der Verdächtige war etwa vierzig mit feuersteingrauen Augen und kurzen, braunen, seitlich schon ergrauten Haaren. Er war klein, aber fit und muskulös. Die Tätowierung auf seinem rechten Unterarm zeigte das Logo des Marine Corps und die Losung Semper Fi.

    Ich hatte noch immer Mühe zu begreifen, wer dieser Mann tatsächlich war.
    James Edward Klapec. Senior.
    Jimmy Klapecs Vater war zwanzig Meilen südlich von Charlotte in dem Volkswagen Jetta angehalten worden, den einer von

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