Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod kommt wie gerufen

Der Tod kommt wie gerufen

Titel: Der Tod kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
Vom Netzwerk:
Einatmen, dann eine Art Knurren.
    »Ich hoffe, das war ein Gähnen.«
    »Ich hab gestern Nacht kein Auge zugemacht. Werd mich jetzt für ein paar Stunden aufs Ohr hauen. Sind Sie später im Labor?«
    »Tyrell hat mich gefeuert.«
    »Ist nicht wahr.«
    Ich erzählte ihm von Allison Stallings’ Anruf.
    »Das sollte die Wogen glätten.«
    »Vielleicht. Tyrell ist auch sauer wegen meines Streits mit Lingo vor laufenden Kameras. Im Augenblick halte ich mich besser bedeckt. «
    »Ich wusste, dass diese opportunistische Schlampe Schwierigkeiten machen würde. Wie auch immer, gute Arbeit, Doc.«
    Ich schaltete ab und, richtig geraten, ging wieder auf und ab. Ich war frustriert wegen der Ermittlung, hatte ein schlechtes Gewissen wegen Finneys Tod und war wegen der Anwesenheit meines unerwarteten Hausgastes völlig aus der Fassung.
    Ich kontrollierte eben Behältnisse im Kühlschrank nach ungewollten Lebensformen, als dieser Hausgast in Laufschuhen, Shorts und dem T-Shirt mit der grünen Eidechse auftauchte.
    »Gehst du joggen?«
    Idiot. Natürlich ging er joggen.
    »Freut mich, dass du deine Sportsachen gefunden hast.«
    »Freut mich, dass ich sie hiergelassen habe.«
    Ein Augenblick verlegenen Schweigens entstand.
    »Wann fliegst du nach Montreal zurück?«
    »So wie’s aussieht am Sonntag.«
    »Gehst du wieder ins Sheraton?«
    »Könnte ich.« Trauriges Gesicht.
    Ich zögerte. Warum eigentlich nicht? Für einen alten Freund.
    »Du kannst gerne hierbleiben.«
    Ein großes Ryan-Lächeln. »Ich kann kochen.«
    Ich lächelte auch. »Ich mag das an einem« – ich wollte schon Mann sagen – »Freund.«

    Ryan fragte, ob ich mit ihm joggen gehen wollte. Ich lehnte ab.
    Durchs Küchenfenster sah ich ihn in einen lockeren, entspannten Trott fallen, die sehnigen Beine schienen sich kaum anstrengen zu müssen.
    Ich dachte daran, wie diese Beine mit meinen verschlungen waren.
    In meinem Bauch kribbelte es.
    O Mann.
    Ich musste etwas tun. Aber was? Ich wollte Tyrell nicht noch mehr verärgern, indem ich ins MCME ging. Und Slidell schlief.
    Ich probierte es mit den Laborübungen meiner Forensikklasse an der Uni.
    Konnte mich nicht konzentrieren.
    Ich versuchte, meine nächste Vorlesung zu entwerfen.
    Funktionierte auch nicht.
    Katy anrufen?
    Das war ein Anruf, den ich schon seit Längerem vor mir herschob.
    Ich wählte. Anrufbeantworter. Hatte sie ihr Handy nicht ins Buncombe County mitgenommen? Funktionierte es in den Bergen vielleicht nicht? War sie immer noch sauer?
    Ich suchte mir eben Stücke für die Handwäsche zusammen, als ich Ryan die Einfahrt hochkommen sah, das T-Shirt an die Brust geklebt, das Gesicht gerötet vor Anstrengung. Er telefonierte mit seinem Handy. Ich sah, dass er aufgeregt war.
    Ryan bog um die Ecke des Annex, so dass ich ihn nicht mehr sehen konnte.
    Ohne Nachzudenken, ging ich zur Hintertür.
    »Ich weiß, Liebling.«
    Ryan sprach Englisch, nicht Französisch. Lutetia?
    In meiner Brust wuchs Eis.
    »So muss es auch sein.«
    Mit angehaltenem Atem drückte ich das Ohr an die Tür.

    Pause.
    »Nein.«
    Noch eine längere Pause. Dann drehte sich der Knauf.
    Ich sprang zurück und nahm die Wäsche in die Arme.
    Ryan kam durch die Tür. Schaute mich an. Wedelte verärgert mit der freien Hand.
    »Auf gar keinen Fall«, sagte er ins Telefon.
    »Lily«, formte er, an mich gerichtet, mit den Lippen.
    »Wir reden später.«
    Ryan klappte das Handy zu und klemmte es sich wieder an den Bund seiner Shorts.
    »Probleme?«, fragte ich so beiläufig, wie’s ging.
    »Lily will nach Banff. Nach den Bewährungsauflagen darf sie Quebec nicht verlassen.«
    »Tut mir leid.«
    »Kannst du ja nichts dafür.« Er lächelte, als er die BHs und Slips in meinen Armen sah. »Flohmarkt?«
    »Hab ich noch nicht nötig.«
    »Aber nicht den Leopardenslip. Der war mir immer der liebste.«
    Ich wurde rot.
    »Was dagegen, wenn ich dein Bad benutze?«
    »Bitte. Brauchst du was?«
    Ryan zog seine lasziven Brauen hoch.
    Kribbeln im Bauch.
    Ich schaute auf die Uhr. Halb drei. O Gott. Was sollten wir den ganzen Nachmittag tun?
    Mein Streit mit Katy fiel mir wieder ein, und ich hatte eine Idee. Es würde nur wenig Konzentration erfordern und meine rastlose Energie vielleicht ein wenig in geordnete Bahnen lenken. Außerdem wäre es neutrales Fahrwasser für mich und meinen Hausgast.
    Ich deutete auf Ryans T-Shirt. »Weißt du inzwischen, wer die Dead Milkmen sind?«

    Ryan schüttelte den Kopf.
    »Meine Tochter wirft mir abgrundtiefe Ignoranz vor,

Weitere Kostenlose Bücher