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Der Tod kommt wie gerufen

Der Tod kommt wie gerufen

Titel: Der Tod kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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ist der lebende Beweis dafür, dass wir von dem geformt werden, was wir tun. Dürr wie ein Knochengestell, die Augen schwarz umrandet, die Brauen buschig und die schwarz gefärbten Haare nach hinten pomadisiert: der Prototyp eines Todesermittlers in einem B-Movie.
    Mit ernster Miene ging Hawkins zum Tisch und deutete mit dem Finger auf ein aufgeschlagenes Exemplar des Charlotte Observer vom Dienstag.
    »Die Zeitung von gestern.«
    Larabee und ich beugten uns darüber und lasen.
    Lokalteil. Seite fünf. Kurzer Artikel. Ein Foto.
     
     
    Teufelszeug oder Rumpelkammer?
    Die Polizei staunte am Montag nicht schlecht, als ein 911-Anruf sie zu einem Haus an der Greenleaf führte. Bei Renovierungsarbeiten war ein Klempner auf mehr gestoßen als nur verrostete Rohre. In stundenlanger Arbeit wurden Schädel, Kessel und eine Reihe merkwürdiger Gegenstände in dem Haus sichergestellt und ins MCME-Leichenschauhaus und das CMPD-Forensikinstitut gebracht.
    Die Bergung wurde von der forensischen Anthropologin Dr. Temperance Brennan und einem Detective des Morddezernats, Erskine Slidell, geleitet. Auf Anfrage verweigerte die Polizei jeden Kommentar darüber, ob es sich bei den Knochenüberresten um menschliche handelt.
    Der Klempner, Arlo Welton, berichtete, er habe eine Wand aufgeschlagen und sei dabei auf einen mysteriösen unterirdischen Keller gestoßen. Welton beschrieb einen Altar und satanistische Utensilien, die seiner Meinung nach eindeutig auf ein dämonisches Ritual hindeuteten.
    Teufelsanbetung? Oder eine unterirdische Rumpelkammer? Es wird ermittelt.

    Das Foto war grobkörnig, aufgenommen aus zu großer Entfernung mit zu wenig Licht. Es zeigte Slidell und mich neben der schiefen Verandaschaukel. Aus meinem gelockerten Haarknoten auf dem Kopf fielen mir wirre Strähnen ins Gesicht. Slidell hatte den Finger im Ohr. Wir sahen beide nicht aus wie fürs Hochglanz-Titelblatt gemacht. Das Copyright für das Foto hatte eine gewisse Allison Stallings.
    »Spitze«, sagte Larabee.
    »Scheiße«, sagte ich.
    »Klasse Frisur.«
    Mein Finger bedeutete Larabee, was ich von seinem Humor hielt.
    Wie aufs Stichwort klingelte das Telefon. Während Hawkins abhob, las ich den Artikel noch einmal und spürte die gewohnte Verärgerung. Ich bin zwar ein eifriger Nachrichtenkonsument, sowohl was Zeitungen wie elektronische Medien angeht, aber ich hasse es, Journalisten in meinem Labor oder bei einer Bergung vor Ort zu haben. Meiner Ansicht nach sind Leichen nichts für Kameras und Mikrofone. Ihrer Meinung nach gehören weder das Labor noch der Tatort mir, und die Öffentlichkeit hat das Recht auf Information. Wir koexistieren in einem Zustand erzwungener Anpassung, und jeder gibt nur heraus, was unbedingt nötig ist.
    Allison Stallings. Ich kannte den Namen nicht. Vielleicht eine Neue bei der Zeitung? Ich dachte, ich würde jeden Polizeireporter in der Stadt kennen.
    »Mrs. Flowers wird mit Anfragen von der Presse überschwemmt.« Hawkins drückte sich den Hörer an die Brust. »Bis jetzt hat sie nur ›Kein Kommentar‹ gesagt. Aber da Sie jetzt hier sind, will sie wissen, wie sie weiter vorgehen soll.«
    »Sie soll ihnen sagen, dass sie tot umfallen sollen«, sagte ich.
    »›Kein Kommentar‹ ist gut«, verbesserte mich Larabee.
    Hawkins gab das weiter. Hörte zu. Und drückte sich den Hörer wieder ans Hemd.
    »Sie sagt, sie geben aber keine Ruhe.«

    »Mysteriös? Satanistisch?« Meine Stimme triefte vor Verachtung. »Die hoffen wahrscheinlich auf ein gekochtes Baby für die Fünf-Uhr-Nachrichten.«
    »Kein Kommentar«, wiederholte Larabee.
     
    Den Rest des Tages verbrachte ich mit dem Greenleaf-Material.
    Nachdem ich den Schädel fotografiert hatte, machte ich mich an eine detaillierte Untersuchung und fing mit den Zähnen an.
    Leider waren nur noch zehn der ursprünglich sechzehn oberen vorhanden. Das muss nichts Böses bedeuten. Die Vorderzähne haben nur eine Wurzel. Wenn das Zahnfleisch sich verabschiedet, lassen Scheide- und Eckzähne nicht lange auf sich warten.
    Die Beißerchen kommen nicht schon fix und fertig auf die Welt. Das ist keine Sensation. Jeder weiß, dass die Zähne von Säugern in zwei Varianten auftreten, als Milch- und als Erwachsenenzähne. Und dass jede Variante als Spezialtruppe auftritt. Schneidezähne, vordere Backenzähne, Eckzähne, hintere Backenzähne. Aber die Zahnentwicklung ist mehr als nur ein Stück in zwei Akten. Und ein Großteil der Handlung spielt hinter den Kulissen.
    Hier das Manuskript. Zuerst

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