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Der Tod kommt wie gerufen

Der Tod kommt wie gerufen

Titel: Der Tod kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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das für Groucho-Marx-witzig.
    Wir krümmten uns vor Lachen bei der Erinnerung an unsere Modemonstrositäten. Cordsamt-Jacken. Häkelmützen mit Bier-Logos. Macramé-Umhängetaschen. Pumps in Bonbonfarben.
    Der Skylark wurde nicht erwähnt.
    Nachdem Koteletts und Gemüse gegrillt waren, gingen wir wieder ins Esszimmer hinunter. Wir wurden unbefangener, und das Gespräch wandte sich ernsteren Themen zu.

    Charlie erzählte von einem Teenager, den er verteidigte. Obwohl geistig behindert, war der Junge des Mordes an seinen Großeltern angeklagt.
    Ich berichtete von den Knochen im Kessel, Anson Tyler und Boyce Lingos jüngsten Fernsehauftritten. Warum auch nicht. Miteinander hatten Lingo und Stallings so gut wie alles an die Öffentlichkeit gezerrt.
    »Lingo will darauf hinaus, dass es zwischen den Fällen eine Verbindung gibt?«
    »Er deutet es an. Aber er irrt sich. Erstens wurde Anson Tyler nicht enthauptet. Und ich gebe zwar zu, dass die verstümmelte Leiche am Lake Wylie an Satanismus denken lässt, aber im Greenleaf-Keller gibt es keinen Hinweis auf Teufelsanbetung. Die Nutztiere, die Statue der heiligen Barbara, die Schnitzfigur von Eleggua, die Kessel. Das alles riecht nach Santería.«
    »Ignorier ihn einfach. Lingo will sich um einen Sitz im Staatssenat bewerben und braucht Publicity.«
    »Wer wählt denn diesen Trottel?«
    Charlie betrachtete meine Frage als rhetorisch. »Dessert?«
    »Gern.«
    Er verschwand und kehrte kurz darauf mit Tortenstücken von der Größe von Schlachtschiffen zurück.
    »Bitte sag mir, dass die nicht auch noch selbst gemacht ist.«
    »Bananencreme von Edible Art. Ich bin zwar unschlagbar, doch leider haben sogar meine Fähigkeiten Grenzen.« Charlie setzte sich.
    »Gott sei Dank.«
    Zwei Bissen, und ich war schon wieder bei Lingo. Diesmal zog ich wirklich vom Leder.
    »Lingos hysterische Tiraden über Satanismus und Kindsmorde jagen den Leuten nur Angst ein. Aber was noch schlimmer ist: Er könnte die Spinner vom rechten Rand dazu bringen, wieder Kreuze auf den Rasen von Aschkenasim und Athabascans zu verbrennen. Ich habe das alles schon gesehen. Irgendein scheinheiliger
Hirnamputierter bramarbasiert in Fernsehen und Radio, und schon schießen die Bürgerwehren wie Pilze aus dem Boden. « Ich stieß mit der Gabel in die Luft, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Statuen? Perlen? Kokosnussschalen? Vergiss es. Mit Satan hat dieser Keller absolut nichts zu tun.«
    Charlie streckte mir die geöffneten Handflächen entgegen. »Leg deine Waffe nieder, und wir gehen in Frieden auseinander.«
    Ich legte die Gabel auf den Teller. Überlegte es mir dann anders, nahm sie wieder zur Hand und stach sie in die Torte. Später würde ich mich dafür hassen. Was soll’s.
    »Lingo hat dich wirklich sauer gemacht«, sagte Charlie.
    »Ist eine seiner Spezialitäten.« Mit einem Mund voller Tortenboden und Bananencreme.
    »Hast du jetzt genug Dampf abgelassen?«
    Ich wollte protestierten. Ließ es dann aber peinlich berührt sein.
    Wir aßen beide schweigend. Dann: »Athabascans?«
    Ich hob den Kopf. Charlie lächelte.
    »Aschkenasim?«
    »Du weißt, was ich meine. Minderheiten, die nicht verstanden werden.«
    »Aleuten?«, schlug Charlie vor.
    »Gutes Beispiel.«
    Wir lachten beide. Charlie streckte die Hand aus und hielt dann inne, als hätte ihn die Bewegung selbst überrascht. Etwas verlegen deutete er mit dem Zeigefinger.
    »Du hast Schlagsahne auf der Lippe.«
    Ich wischte sie mit der Serviette weg.
    »So«, sagte ich.
    »So«, sagte er.
    »Das war schön«, sagte ich.
    »Das war es wirklich.« Charlies Gesicht hatte einen Ausdruck, den ich nicht deuten konnte.
    Kurze Verlegenheit.

    Ich stand auf und fing an, das Geschirr einzusammeln.
    »Keine Chance.« Charlie sprang auf und nahm mir die Teller aus der Hand. »Mein Haus. Meine Regeln.«
    »Diktator«, sagte ich.
    »Ja«, entgegnete er.
     
    Eine Stunde später lag ich in meinem Bett. Allein. Vielleicht war es die Sache mit dem Slip. Was auch immer. Birdie blieb auf jeden Fall auf Distanz.
    Es war sehr still im Zimmer. Mondlichtsplitter fielen auf den Schrank.
    Bei der Stille im Zimmer und den Anstrengungen des Tages hätte ich eigentlich schnell einschlafen sollen. Stattdessen drehten sich meine Gedanken wie ein Karussell.
    Ich hatte Charlies Gesellschaft genossen. Die Unterhaltung war entspannt gewesen, nicht verkrampft, wie ich erwartet hatte.
    Eine plötzliche Erkenntnis. Geredet hatte fast ausschließlich ich. War das gut? War

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