Der Tod macht den letzten Schnitt
den Fall über ihrem Kakao. «Du bist bestimmt nicht
in Gefahr?»
«Fallowfield hat mir eine Ecke in
seinem Büro eingeräumt, das von einem Drachen von Sekretärin bewacht wird.»
Mavis war nicht zu überzeugen. «Nach
dem, was du mir gesagt hast, hat eine Frau den Mord begangen.»
«Vergiß um Gottes willen nicht, daß das
vertraulich war, Mavis. Obwohl Mr. Fallowfield sich so sicher war, scheint als
Beweis für Miss Charles’ Schuld einzig ihr Groll darüber zu sein, daß ihre
Verwandtschaft mit Miss Pelouse nicht anerkannt worden ist.»
«Versprich mir, daß du dich in nichts
reinziehen läßt.»
Mr. Pringle hatte blitzartig wieder den
dunklen, olivgrünen Sack vor Augen und umklammerte in plötzlichem Schauder
seinen Becher.
«Ich werde Vorsicht walten lassen.»
«Nimm noch einen Lebkuchen», sagte
Mavis zufriedengestellt. Sie tadelte ihn nicht, als er den Lebkuchen in den
Kakao tunkte, es gab Anlässe, wo man kleine Schnitzer übersah.
«Wann hast du denn genug Geld für dein
neues Dach verdient?» fragte sie.
«Ach ja, da habe ich eine richtige
Glückssträhne gehabt. Fallowfield hat zusätzlich Arbeit angeboten — ich soll
die Spesenunterlagen der Angestellten checken. Einige ihrer Belege sind für das
Finanzamt völlig unakzeptabel, und ich habe mich bereit erklärt, das den
Betroffenen zu erklären.»
Mavis sah düster drein. «Versprich mir,
daß du nicht die ganze Zeit mit dem Rücken zur Tür sitzt, wenn du dort
arbeitest.»
«Übermorgen sitzt sie doch schon hinter
Schloß und Riegel.»
«Sie habe ich damit gar nicht gemeint.»
4
Querschläger
Studio A. Maske. Dienstag morgen
Die Maske eines jeden Fernsehstudios
wird mit Umsicht eingerichtet: sie soll Wärme und Ruhe ausstrahlen, sie soll
entspannen und das Lampenfieber vertreiben. Rainbows Maske war da keine
Ausnahme, auch wenn zu verschwenderisch mit Pink gearbeitet worden war. Nur
konnte Jacinta Charles sich in ihrem bequemen Kosmetikstuhl trotzdem nicht
entspannen. Völlig verkrampft zündete sie sich die dritte Zigarette an, genau
beobachtet von dem jungen Mädchen, das Reinigungscreme auf ihrem Gesicht
verteilte.
«Ich dachte, du hättest aufgehört.»
«Habe ich auch.» Jacinta sah das junge
Mädchen an, das sich angelegentlich mit Watte und Gesichtslotion befaßte.
«Ich war es nicht’, Tracy», sagte
Jacinta leise, «ich habe Margarite nicht getötet.»
«Natürlich nicht.» Das klang nicht
überzeugend.
Jacinta drückte ihre Zigarette aus. Was
für ein Kraftakt war es heute morgen gewesen, aufzustehen und herzukommen,
anstatt fortzulaufen... Laut und trotzig sagte sie: «Wenn ich heute fertig bin,
gehe ich zur Polizei und sage ihr alles. Dann können sie mich auf der Liste
abhaken und nach dem suchen, der es wirklich getan hat. Und wenn ich
zurückkomme, Tracy, und du entschuldigst dich nicht, könnte ich dir tatsächlich
ein Messer in die Kehle rammen, um zu sehen, wie du reagierst.» Bürsten und Töpfe
fielen zu Boden, als das Mädchen aufschrie. Die Künstlerkollegen vor ihren
Spiegeln schossen hoch. Die Chefkosmetikerin eilte herbei.
«Stimmt was nicht?»
«Ja.» Jacinta blickte sie an. «Glaubst
du, ich hätte es getan, Jo?»
Es gab kein Zögern. «Unsinn, natürlich
nicht. Das ist die dümmste Vermutung, die mir je zu Ohren gekommen ist.»
«Schminkst du mich fertig?» Ihre
Fassade aus Gleichmut bekam Risse. Sie umklammerte die Stuhllehne. «Ich ertrage
einfach niemanden, der denkt...»
«Vergiß es und entspann dich, Jacy. Die
kleine Gans hier kann zur Abwechslung Puderquasten auswaschen.» Jo trag
Foundation Cream auf. «Was für Farben trägst du heute?»
«Unwichtig. Sieh nur zu, daß die
Schminke wasserfest ist.»
«O. k.» Sanfte Finger klopften und
glätteten wie Schmetterlingsflügel. «Was sagt denn Simon?»
«Er ist zu seiner Frau zurückgekehrt.»
«Oh!» Jo warf Jacinta einen beredten
Blick zu. «Wenigstens lernst du jetzt deine echten Freunde kennen, Jacy.»
Jacinta lächelte. «Habe ich schon,
glaube ich.»
Polizeirevier. Zentralbüro
Der Raum war nach funktionellen
Gesichtspunkten eingerichtet: Drei Wände, eine Fensterfront. Die Wände und
Decke schalldicht verkleidet und weiß getüncht, der Teppichboden, noch aus
alten Zeiten, abgewetzt und verfleckt, zwei Computer-Terminals Rücken an Rücken
auf einem Ecktisch, davor zwei Operators, die auf Informationen warteten, an
den drei Wänden Schreibtische und Aktenschränke, in der Mitte des Raumes
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