Der Tod macht den letzten Schnitt
Verdächtigungen.»
«Jacy, ich kann nicht riskieren, daß
meine Frau dahinterkommt, jedenfalls jetzt noch nicht.»
«Das ist es also», sagte Jacinta
ernüchtert.
«Hör auf, falsche Schlüsse zu ziehen,
Jacy. Es ist einfach, daß die ganze Geschichte... ich meine, das ist so
plötzlich passiert... und garantiert gibt es eine ekelhafte Publicity... jeder,
der in irgendeiner Beziehung zu Margarite stand, wird...»
«Du willst aussteigen, das ist es doch,
oder? Was passiert ist, hat dir die perfekte Entschuldigung geliefert.»
«Nein... das ist es nicht...»
Jacinta begriff — es gab einen anderen
ungeheuerlichen Grund. «Du denkst, ich war es! Du glaubst nicht, daß ich
unschuldig bin!» Sie wartete nicht auf eine Antwort. Sie knallte den Hörer auf
die Gabel und starrte leeren Blicks die Wand an. Und plötzlich fror sie.
The Bricklayers Bar
Der Montagabend war der ruhigste der
ganzen Woche, der Abend, an dem Mavis Bignell als Teilzeitkraft hinter der
Theke am liebsten arbeitete. Heute wurde daraus noch einer der Abende, an denen
Mr. Pringle kurz vor Lokalschluß erschien, um sie nach Hause zu begleiten, ein
Grund mehr für sie, mit den Bummelanten kurzen Prozeß zu machen.
Es dauerte nur ein paar Minuten, bis
sie Kasse gemacht, das Geschirrtuch über die Bierhähne gehängt und dem Besitzer
eine Gute Nacht zugerufen hatte. Unterdessen hatte Mr. Pringle ihren Mantel am
Kamin vorgewärmt und half ihr hinein.
«Danke, GDH. Kalt draußen?»
«Feucht.»
«Hast du heute morgen auch die langen
Unterhosen angezogen?» Da sie nicht beabsichtigte, damit sein Feuer zu kühlen,
sondern nur um sein Wohlbefinden besorgt war, bejahte er höflich. Erst als sie
draußen waren, wo die Wände keine Ohren hatten, musterte sie ihn aus nächster
Nähe. «Sag mal, stimmt eigentlich, was die in den Nachrichten gebracht haben?
Daß diese Schauspielerin umgebracht worden ist?»
«Ich fürchte, ja.»
«Dann tu mir bitte den Gefallen, und
geh erst wieder hin, wenn die rausgefunden haben, wer es war. Das kann
gefährlich werden.»
«Aber Mavis, ich kann Mr. Fallowfield
nicht hängenlassen, seine Steuerunterlagen sind eine Katastrophe. Und um meine
Sicherheit mußt du dir keine Sorgen machen. Alle wissen, wer es getan hat, und
es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis auch die Polizei dahinterkommt.»
«Hmm.» Mrs. Bignell war nicht
überzeugt, ging aber eine Zeitlang schweigend neben Mr. Pringle her.
Mit den Jahren hatten sie beide ihr
Leben so eingerichtet, daß die Freude an der Gesellschaft des anderen höchst
zufriedenstellend mit dem Wunsch nach Selbständigkeit gekoppelt worden war. Von
Mrs. Bignell hatte man gleich zu Beginn sagen hören, daß sie ganz aus dem
Häuschen wäre, mit dem Zusatz, daß es nichts Vergleichbares gäbe.
Was Mr. Pringle betraf, so hatte er
sich sehr verlassen gefühlt, als sie einander das erste Mal begegneten. Seine
Trauer um Renée hatte sich in die schmerzende Erkenntnis aufgelöst, daß es nun
niemanden mehr gab, mit dem er den Rest seines Lebens würde teilen können. Der
Ruhestand dehnte sich in grenzenlose Leere, bis er Mavis begegnete, nackt, in
ihrer Eigenschaft als Modell für den Volkshochschulkurs «Malerei in Öltechnik».
Mr. Pringle, ein schüchterner Mann, war
überwältigt von ihrem üppigen Körper und dem tizianroten Haar. Eine dämonische
Gestaltungskraft hatte ihm die Eland geführt, als er wie ein Besessener — der
er tatsächlich gewesen war — Ölfarbe förmlich auf die Leinwand warf, und zum
fertigen Bild hatte Mavis gemeint, aus den verschwenderisch gebrauchten
Ölfarben sei ein «Meisterwerk» entstanden.
Er hatte daraufhin seine Pinsel
weggepackt, die Staffelei verkauft — der Kursus hatte seinen Zweck mehr als
erfüllt. An jenem Abend nämlich noch war das Modell von seinem Podest
herabgestiegen und hatte die Leere seines Lebens zur beiderseitigen
Zufriedenheit ausgefüllt.
Es bürgerte sich ein, daß an manchen
Tagen Mrs. Bignell Mr. Pringle besuchte und daß er an anderen Tagen bei ihr
blieb. Er hatte mehrere Male eine Heirat angeboten, aber Mavis war unwandelbar
entschlossen, die Romantik in ihrer Beziehung zu bewahren.
Heute abend hielt sie seinen Arm ganz
fest und beharrte: «Ich finde immer noch, du solltest Mr. Fallowfield sagen,
daß du dich seiner Steuer erst erbarmst, wenn alles vorbei ist.»
«Wenn Fallowfield recht behält, ist die
ganze Sache schon morgen vorbei.»
In Mrs. Bignells gemütlicher, wohlig
warmer Küche besprachen sie
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