Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod macht den letzten Schnitt

Der Tod macht den letzten Schnitt

Titel: Der Tod macht den letzten Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
Vom Netzwerk:
wollte mich
erpressen. Das hat mir den Appetit verdorben.»
    Mullin wartete, bis Walsh seinen
Schlüssel abgegeben hatte und neben ihm über das nasse Sohopflaster ging.
    «Wer hat Ihnen gedroht?»
    «Rita Phelps. Wie wär’s mit einer
Pizza? Nach einem anstrengenden Tag bin ich immer halb verhungert.»
    Mullin marschierte neben ihm her und
dachte über den «anstrengenden Tag» nach. Dieser Typ wußte wohl nicht, wovon er
redete. Und italienische Küche war auch nicht sein Fall, er war ein Freund von
Pastete und Bier.
    Der Fußboden war gefliest, die
Tischdecken rot, mit Kerzen in Chiantiflaschen, und die Kellner schienen echt
interessiert am Wohlbefinden ihrer Gäste. Ian Walsh bestellte, reichte die Karte
an Mullin weiter und entspannte sich zum erstenmal an diesem Tag. Mullin
überlegte, ob das Steak vielleicht in Knoblauch verpackt wäre, und fragte,
längst entmutigt, ob sie Bier vom Faß hätten.
    Als der Wein eingeschenkt war, kehrte
Walsh zum ursprünglichen Thema zurück. «Unsere verehrte Chefgarderobiere... ein
wahres Wunder, daß noch keiner sie umgebracht hat.»
    «Was Sie nicht sagen!» Mullin probierte
das essigähnliche Gesöff, das sich zu allem Überfluß in Körpergegenden
ausbreitete, in die Bier sich nie einmischte.
    «Sie hat meinen... nun ja, meinen
Streit mit Margarite belauscht und gedacht, sie könnte mich unter Druck
setzen.»
    «Und? Konnte sie?»
    «Nein. Aber deshalb werde ich Ihnen
genau sagen, was vorgefallen ist», erklärte Walsh gutgelaunt, «bis aufs Mordgeständnis.»
    Eben! dachte Mullin. «Und worüber haben
Sie gestritten?»
    «Margarite und ich hatten für kurze
Zeit eine Art Affäre.»
    Großer Gott, dachte Mullin, die hätte
seine Oma sein können. Er war dann noch empörter, als Walsh fortfuhr: «Keine
Bettgeschichte übrigens, dafür war sie zu alt. Trotzdem hatte sie mich
bezaubert. Sie finden das sicher sonderbar.»
    «Nicht im mindesten, Sir», entgegnete
Mullin gefaßt — für einen Laiendarsteller gab er eine ausgezeichnete
Vorstellung.
    «Wir waren auf Tournee, und ich war ihr
Partner. Auf der Bühne ging von ihr eine Faszination aus, die sich, nachdem der
Vorhang gefallen war, einfach fortsetzte. Margarite hatte es gezielt darauf
angelegt. Die Schwierigkeit war nur, daß ich zu der Zeit mit Jacinta Charles
zusammenlebte.»
    «Verstehe.»
    «Als die Tournee beendet war, habe ich
Margarite Briefe geschrieben... die sie behalten hat.»
    Mullin sah einen Lichtschimmer im
Dunkel. «Hatten Sie gehofft, daß Sie und Miss Charles schließlich doch
wieder...»
    «Zusammenkommen würden? Ja, etwas in
der Art. In jedem Fall war ich, was Margarite betraf, wieder bei Verstand.
Sofort als ich sie wiedersah, wurde mir klar, daß sie das absichtlich
eingefädelt hatte, nur um mich und Jacy auseinanderzubringen. Jacy hat sich mit
einem der Kameramänner getröstet, aber ich behaupte, ohne mir schmeicheln zu
wollen, daß das lediglich so etwas wie Vergeltung war. Ich glaube nicht, daß
sie sich wirklich etwas aus ihm macht — außerdem ist er verheiratet.»
    «Verstehe», sagte Mullin wieder. «Zu
diesen Briefen, Mr. Walsh.» Briefe waren für ihn Realität — Beweisstücke in
Tinte auf Papier. Nicht dieser klebrige, schlüpfrige Morast emotionaler
Turbulenzen.
    «Margarite drohte, sie Jacinta zu
schicken.»
    «Und das wollten Sie verhindern. Haben
Sie sie zurückverlangt?»
    «Das hatte ich vor. Was ich dann
wirklich sagte, war, daß sie eine böse alte Frau sei, die ihrem Ruf, das Leben
anderer zu zerstören, gerecht werde.»
    «Taktisch kein Meisterstück.»
    «Sie wollte sie nicht herausgeben, es
war sinnlos.» Walsh schüttelte den Kopf.
    «Verstehe.» Mullin betrachtete seine
Spaghetti alla carbonara und erinnerte sich, daß er keine Sahnesoße mochte. Er
nahm einen Mundvoll und spülte mit Wein nach. «Was machten Sie, als sie sich
weigerte, Sir?» Walsh hatte mit den gebackenen Sardinen die bessere Wahl
getroffen, stellte er heimlich fest.
    «Nichts. Das klingt sicher
schwachsinnig, aber ich ging geradewegs in die Umkleidekabine, um sie um die
Briefe zu bitten, als Jason Cornish endlich mal nicht da war. Nur hatte ich
vergessen, wie infam Margarite sein konnte. Sie genoß es richtig zuzusehen, wie
ich mich demütigte — daraus wurde dann der Streit, den Rita mitangehört hat.»
    «Fielen Drohungen, Sir?»
    Walsh nahm einen Schluck Wein. «Möglich.»
    «Oh, kommen Sie, Mr. Walsh.» Mullin sah
mit Bitternis, daß diesem Softie das Gesöff auch noch schmeckte. Er

Weitere Kostenlose Bücher