Der Tod macht den letzten Schnitt
Ihre Bitte zu gegebener Zeit denken.»
«Gut! Sobald Sie mir sagen, wer
verhaftet werden soll, stellen wir die Szenen um, o. k.? Wenn Sie mich jetzt
entschuldigen. Ich bin ziemlich in Eile.» Sie produzierte ein professionelles
Lächeln, aber ihr Hirn bastelte schon am nächsten Problem. Newton blickte der
Davonhastenden hinterher. «Muß sie es vorher wissen!» murmelte er.
«Ich glaube, die denken, was sie tun,
ist wichtig», bot Mullin als Erklärung an, «und dabei machen sie nichts weiter
als Fernsehen.»
Die gerichtliche Untersuchung über
Margarite Pelouses Tod erledigte sich innerhalb weniger Minuten und bekam
anderthalb Spalten auf Seite zwei im Evening Standard. Ihr Stern
verblaßte schon. Newton ging dem einsamen Fotografen vor dem Gerichtsgebäude
aus dem Weg und ließ in einem griechischen Restaurant einen Tisch servieren.
Dann fiel ihm noch ein, den Babysitter zu bestellen. Er hätte sich diese Woche
eigentlich keinen freien Abend leisten können, aber vielleicht könnte er die
Brücke zu Jean reparieren. Sie war zu lange zu Hause eingesperrt gewesen,
dachte er, und ein ausgedehntes frühes Abendessen tat vielleicht auch seinem
verkorksten Magen gut.
Arztpraxis am Rande von Hendon
Es war eine kleine, schäbige Arztpraxis
mit nur einem Allgemeinmediziner. Er tat sein Bestes, hatte aber in der
Abendsprechstunde schlicht keine Zeit zu verschwenden. Vor ihm lag die
Karteikarte seines Patienten, aber er versuchte vergeblich, sich an irgend
etwas über den Mann zu erinnern, der die Praxis zum letztenmal 1984 aufgesucht
hatte.
«Und welche Beschwerden haben Sie?»
«Ich kann nicht schlafen.» Der Mann
sprach so leise, daß der Arzt Mühe hatte, ihn zu verstehen.
«Das ist ein Symptom, keine Krankheit,
Mr. Goodman. Wann haben Sie sich zuletzt gründlich durchchecken lassen?»
«Hill», sagte der Mann fast demütig.
Der Arzt studierte die Karte.
«Goodhill, natürlich. Ich glaube, ich brauche eine neue Brille.» Das war als
Witz gedacht, und es kränkte ihn, daß kaum jemand darüber lachen wollte. «Also,
wann waren Sie das letzte Mal bei mir?»
«Ich war noch nie bei Ihnen, Doktor.
Ich war vor vier Jahren hier — nach dem... nach dem Unfall meiner Tochter.»
Der Arzt überflog das Krankenblatt.
«Vor meiner Zeit», sagte er zerstreut.
Dem stimmte der Mann zu — schweigend.
«Ihnen wurden Schlaftabletten
verschrieben», fuhr der Arzt mißbilligend fort. «Ich würde vorschlagen, daß Sie
sich einen Termin zu einem gründlichen Check-up in der Klinik geben lassen.
Sprechen Sie mit meiner Sekretärin. Ich kontrolliere nur noch Ihren Blutdruck.
Ziehen Sie das Jackett aus, und rollen Sie den Hemdsärmel hoch. Stress am
Arbeitsplatz?»
«Ich möchte nur ein paar Tabletten, um
schlafen zu können», bat der Mann flehentlich, «eine Nacht durchschlafen zu können,
wäre vielleicht der Anfang der Besserung.» In den Tagen nach Annes Tod hatte er
mit Hilfe von Medikamenten ins Vergessen abtauchen können. Man konnte ihm doch
vier Jahre später nicht einen Bruchteil dessen, was ihn erlöst hatte,
verweigern.
Der Arzt gab sich leutselig. «Sehen wir
erst mal, ob wir Ihren allgemeinen Gesundheitszustand verbessern können, aus
Ihnen einen neuen Menschen machen können, einverstanden?»
Rainbow Television. Empfang
In diesen letzten Minuten vor
Aufnahmeschluß, um acht Uhr abends, herrschte gewöhnlich Stille. Mochte hinter
den schalldichten Türen von Studio A Bernhard sich seinem ersten Herzanfall
nähern, hier am Empfang dachte der Mann von der Sicherheit friedlich über die
Arsenal Kickers nach.
Detective Sergeant Mullin wartete auf
einer Bank ungeduldig auf das Erscheinen von Walsh. Er hatte sich etwas
einfallen lassen, weil er fand, daß abends die Büroatmosphäre auf dem Revier
seiner Meinung nach einer entspannten Unterhaltung nicht förderlich war. Wenn
die Kollegen heimgegangen und die Computer abgeschaltet waren, wirkte die
eingetretene Stille auf die Zeugen oft niederdrückend. Ein lärmiges Pub mochte,
theoretisch, ergiebigere Ergebnisse bringen.
lan Walsh war einer unter den ersten,
die aus dem Studio kamen. Als er Mullin entdeckte, sagte er abweisend: «Ich
habe es nicht vergessen. Ich bin praktisch schon auf dem Weg zum Polizeirevier.»
«Und ich überlege gerade, ob Sie einen
Bissen essen wollen, während wir reden, Mr. Walsh. Oder ein Bier trinken. Ich
für meinen Teil kann das gebrauchen. Lunch war heute bei mir nicht drin.»
«Bei mir auch nicht. Jemand
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