Der Tod macht den letzten Schnitt
ein
Nervenbündel. Wir merken das sofort, du spürst die Spannung förmlich unter der
Haut. Ich ließ Kaffee kommen. Danach lockerte sie sich.»
«Merkwürdig — nach soviel Erfahrung...»
«Es war kein Lampenfieber» — Jo
schüttelte energisch den Kopf -, «das äußert sich ganz anders. Ich glaube,
Margarite hatte vor irgend etwas Angst.»
Pr. Pringle machte ein ernstes Gesicht.
«Das müssen Sie der Polizei sagen. Es könnte wichtig sein.»
«Zwei in zwei Tagen! Richtig
beängstigend.» Jo fror plötzlich.
Er versuchte sie aufzumuntern. «Die
Polizei scheint sicher zu sein, daß der Fahrer des Wagens bald gefunden wird.»
«Und Sie würden ihn identifizieren
können?»
«Da bin ich nicht so sicher.»
«Wissen Sie, was geredet wird? Es
könnte derselbe Mann gewesen sein, der sich gestern hier einschlich und
Margarite getötet hat.»
«Ist das nicht eher unwahrscheinlich?
Wo könnte es da einen Zusammenhang geben?»
«Aber die meisten von uns glauben
nicht, daß Jacy es war.»
«Für mich steht fest, daß Miss Pelouse
den Täter gekannt hat, sonst hätte sie doch um Hilfe gerufen. Ich kann auch den
Fahrer nicht mit Sicherheit identifizieren. Ich habe sein Gesicht nicht
gesehen, nur den Hinterkopf — und die Buchstaben des polizeilichen
Kennzeichens.»
Jos Glaube an ihn blieb ungebrochen.
«Ich habe mal gelesen, daß es unmöglich ist, den Hinterkopf eines Menschen zu
verändern, was immer man mit dem Gesicht macht. Und das stimmt. Ich muß es
wissen.»
«Ich wünschte, ich könnte...»
Plötzlicher Schrecken lähmte seine Zunge und breitete sich über sein Gesicht.
Jo schaute ihn an und ahnte den Grund.
«Haben Sie etwa Angst, ihn wiederzuerkennen?»
Er antwortete nicht. Ihm war gerade
klargeworden, daß, obwohl er den flüchtigen Fahrer nicht wiedererkennen konnte,
dieser sehr wohl ihn wiedererkennen würde — er hatte lange genug auf dem
Bürgersteig herumgestanden.
«Was ist?» fragte Jo.
Mr. Pringle fuhr sich mit der Zunge
über die Lippen. «Fallowfields Sinnspruch... aller guten und schlechten Dinge
sind drei.»
Garderobe der Statistinnen
Die vier Statistinnen packten verschämt
ihr Lunchpaket aus. Finanzielle Engpässe wurden, so gut es ging, kaschiert, und
man achtete streng auf ein gewisses gesellschaftliches Niveau.
«Zu Außenaufnahmen nehme ich immer
Teller und Glas mit, wenn wir von einer dieser Fast-food-Küchen abgefüttert
werden. , sage ich denen immer.
Die sind manchmal direkt unverschämt. Einer
deutete mal an, das wäre wegen Aids.»
«Ein hübsches Dekor. Ist es
Spode-China?» Es war nicht Spode, deshalb wechselte die Besitzerin rasch das
Thema.
«Bertie hatte seinen eigenen kleinen
Becher, golden, erinnert ihr euch? Gehörte zu seiner Reiseflasche. Er hat immer
gesagt, sie stamme aus Aspreys.»
«Was auch gestimmt hat. Wenn er sich
nur nicht so über den Mord aufgeregt hätte! Dann wäre er heute morgen bestimmt
nicht so geistesabwesend gewesen.» Die Ranghöchste, Iris, äußerte sich aus dem
einzigen bequemen Sessel. Statt einer Papierserviette hatte sie eine
dünngewaschene Damastserviette auf den Knien. «Ich kann nur hoffen, daß die Stage seine frühere Karriere erwähnt.»
«Glaubt ihr, daß er überhaupt einen
Nachruf bekommt?» Die Statistin, die das gefragt hatte, schrumpfte unter Iris’
Funkeln. «Ich meine, Statisten bekommen normalerweise so was doch nicht, oder?»
«Er war aber mal ein richtiger
Künstler», beharrte Iris heftig, im Vorgriff auf ihre eigene Unsterblichkeit.
«Das ist doch ewig her.» Das vierte
Mädchen kaute unbeteiligt vor sich hin. Der Glanz, im Fernsehen zu arbeiten,
fing an, matt zu werden, und sie erwog, zur Erleichterung ihrer Mutter,
ernsthaft einen Wechsel in die Datenverarbeitung. «Die halbe Zeit hat er doch
vergessen, was er zu spielen hatte. Gestern mußte ich ihn in die erste Szene
reinschieben, weil er sein Stichwort verpaßt hatte.»
Iris eilte ihrem Kollegen zu Hilfe.
«Mr. Bowman war ein Profi, er hat nie jemanden im Stich gelassen! Ich für
meinen Teil werde ihn in Ehren halten.» Sie kramte in ihrer Tasche, zog ein Gläschen,
eine Miniflasche Gin, eine halbleere Flasche Tonic und eine leicht
verschrumpelte Zitrone hervor, die sie trotzig halbierte.
«War er denn in Frinton?» fragte das
vierte Mädchen. «Habt ihr euch da kennengelernt?»
Iris geruhte nicht mal aufzublicken.
«Wenn du es unbedingt wissen willst — Mr. Bowman war
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