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Der Tod macht den letzten Schnitt

Der Tod macht den letzten Schnitt

Titel: Der Tod macht den letzten Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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wieder gut!» flüsterte sie.
    Bernhard und Robert hatten
demonstriert, wie sie sich die getürkte Szene im Zweibettzimmer vorstellten:
eine Statistin würde an Margarites Stelle unter der Decke versteckt.
    «Das machen wir ganz am Schluß,
Mittwoch, Jacy», hatte Bernhard versprochen, «und wenn du nicht gebraucht
wirst, mach ein paar Tage frei. Wir brauchen dich zur Leseprobe morgen nicht
unbedingt.»
    Sie war dankbar für seine
Rücksichtnahme — auch ihr Durchstehvermögen hatte Grenzen, und die hatte sie
fast erreicht.
    Ein Klopfen an der Tür ließ sie
zusammenfahren. Sie schoß vom Sofa auf den Stuhl vor dem Spiegel und tat, als
ordnete sie ihr Haar. Ihre Haut war trocken, unter den Augen lagen dunkle
Schatten. Wie alt ich aussehe! dachte sie. «Herein.»
    Ian Walsh trat ein und wollte hinter
sich die Tür schließen. «Bitte, laß sie offen, Ian — weit offen.»
    «Ich wollte nur...» aber er brachte es
nicht über sich zu sagen, was er sagen wollte, vor den Leuten, die im
Vorbeigehen neugierig hereinschauten.
    «Du hast nicht nachgedacht, oder?» Ihre
Nervosität füllte förmlich den Raum. «Die Polizei weiß über alles, was hier
vorgeht, Bescheid. Wie lange, glaubst du, dauert es, bis jemand ihr flüstert,
daß du mich privat hast sehen wollen?»
    «Verzeih, du hast ja recht — daran habe
ich nicht gedacht... daß jemand auch nur vermuten könnte...» Er kam näher und
senkte seine Stimme. «Ich mußte dich sehen, Jacy.» Er stellte sich hinter ihren
Stuhl, als sie weiter in den Spiegel starrte. «Ich wollte nur sicher sein, daß
du o. k. bist.»
    «Faß mich nicht an.» Ihr Körper sehnte
sich nach seiner tröstenden Umarmung, aber mit einer bisher unbekannten
kritischen Distanz überlegte sie, ob sie sich bei Ian Walsh je wieder geborgen
fühlen könnte. «Wenn du mit mir reden willst, setz dich da hin. Komm mir nicht
zu nahe.»
    Die Studiohilfe rannte vorbei, und
Jacinta rief überflüssigerweise: «Bin ich dran?»
    «Noch nicht. In etwa zehn Minuten.»
    «Alles klar. Also, was willst du?»
    «Ich habe gestern abend meine Aussage
gemacht», antwortete Ian. «Ich habe ihnen erklärt, daß ich es nicht getan
habe.» Jacinta schwieg. «Dummerweise ist es mir gelungen, diesen Sergeant
Mullin auf die Palme zu bringen.»
    «Nicht sehr klug.»
    «Aber unvermeidbar. Er ist unerträglich
dumm.»
    «Wenn du dich da nicht irrst! Keiner
von denen ist dumm. Sie sitzen auf der Lauer und passen auf, was wir tun.»
Diesmal drehte sie sich im Stuhl um und sah ihn an. «Wenn du das noch nicht
gemerkt hast, mußt du selber dumm sein.»
    Ian errötete, als sei er geschlagen
worden. «Ich wollte nur, daß du weißt... ich habe ihnen gesagt, ich sei
überzeugt, daß du es nicht getan hast.»
    Jacinta lächelte schief. «Unter den
gegebenen Umständen ist Edelmut das letzte, was ich brauche. Vielleicht hast du
damit ihren Argwohn noch geschürt.»
    «Ich kann es dir nicht recht machen,
Jacy, nicht wahr? Du hast eine fertige Meinung zu allem, was mich betrifft.»
    Sie hätte weinen mögen, aber das wäre
ein Zeichen von Schwäche gewesen — und Zeitverschwendung. «Verschwinde aus
meinem Leben, Ian, mehr will ich gar nicht von dir.» Sie sah ihre Garderobiere
im Türrahmen. «Komm ruhig rein.»
    Walsh erhob sich.
    «Danke, daß du hergekommen bist, um es
mir zu sagen», sagte Jacinta sehr förmlich.
    Er nickte kurz. «Viel Glück.»
    Und das, dachte sie freudlos, während
sie ihm nachsah, ist wohl das Ende der Geschichte.
     
     
    Auf dem Weg zum Haus von Miss Pelouse
     
    Mullin fuhr die Park Lane hinunter und
fädelte sich in Richtung Knightsbridge ein. Er unterbrach Newtons brütendes
Schweigen. «Mir ist gar nicht aufgefallen, daß es nur einen Anästhesiekittel
gegeben hat.»
    Newton lächelte in sich hinein. «Es
waren zwei, wenn wir den von Walsh mitzählen, aber nur einer auf der Stange im
Fundus. Als feststand, daß der Mörder den Kittel von Walsh genommen hatte,
vermutete ich schon, daß Henry sich für den zweiten etwas hatte einfallen
lassen.»
    «Hätte ich ihm nie zugetraut.»
    «Er ist Garderobier», erinnerte Newton
Mullin freundlich. «Sein ganzes Leben hat er mit überspannten Schauspielern zu
tun gehabt, und das heißt unter anderem, sie mit Kostümen zu versorgen, wie und
wann erforderlich.»
    Sie parkten in der Nähe des
Remisenhauses von Miss Pelouse, und Newtons Hirn speicherte alles, was es zu
sehen gab: Verschwenderischer Reichtum — von Luxuskarossen, deren Motoren viel
zuviel Kraft für die

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