Der Tod macht den letzten Schnitt
Fahrkünste der Besitzer hatten, bis hin zu kunstvoll
hergerichteten ältlichen Damen, die ihre traurigen Gestelle mit teuerster Mode
behängt hatten. Hier also hatte Margarite Pelouse seit ihrer Ehe mit Willie
Henderson gelebt.
«Ein richtiges Puppenhaus», sagte
Mullin und traf damit ins Schwarze. Ein Häuschen im Vergleich zu seinen
Nachbarn, mit steilem Dach und Wetterhahn.
Newton gewahrte einen Schatten im
oberen Stockwerk, der sogleich wieder verschwand. «Jemand zu Hause?»
«Wahrscheinlich die Haushälterin. Sie
bleibt im Haus, bis Henderson entschieden hat, was er mit dem Haus machen
will.»
Newton lehnte sich auf die Klingel.
«Mir sah das eher nach einem Mann aus. Wenn es Cornish ist, hat er verdammt
Nerven, aber mir spart er Zeit. Ich muß noch mal mit ihm reden.»
Jason erschien in der Tür und machte
einen halbherzigen Versuch, ihnen den Einlaß zu verwehren. «Ich bin gerade dabei,
meine Sachen zu packen», teilte er mit. Newton sah Pappkartons neben
Reisegepäck in der Halle.
«Ein Jammer, daß wir Sie stören müssen,
Mr. Cornish. Aber wo wir nun mal hier sind, wollen wir sichergehen, daß auch
alles Ihnen gehört. Bitte, geben Sie dem Sergeant den Hausschlüssel.»
«Ich... ich...» Aber als alterndes
männliches Modell war er kein Partner für Mullin. «Warten Sie hier, ich hole
sie.»
«Und gleich die Wagenschlüssel der
Toten», schnarrte Mullin. «Der Rover gehört mit zur Erbmasse und alles, was Sie
sonst noch versehentlich eingepackt haben.»
«Ist die Haushälterin nicht hier?»
fragte Newton.
«Nein.»
«Und warum nicht?»
In die Enge getrieben, blickte Jason
von einem zum anderen, während Mullin den Inhalt seiner Lederjacke auf den
Tisch in der Halle legte.
«Ich habe ihr heute freigegeben... he,
das gehört alles mir. Margarite hat es mir geschenkt.»
Mullin schob ihm die Gegenstände, die
mit J. C. gezeichnet waren, hin — Feuerzeug, Brieftasche und goldener
Schreibstift. «Geschenke, sagten Sie?» Er legte Verachtung in jedes Wort.
Jason war gekränkt, aber auch Newton
nahm darauf keine Rücksicht. «Der Sergeant kann hier weitermachen, Sie zeigen
mir das Haus.»
Jason blieb nichts anderes übrig, als
die Treppe bis in den zweiten Stock hochzusteigen. «Der Wohnraum ist im ersten
Stock... Eßzimmer und Küche im Parterre. Schlafzimmer und Bad hier...» Er wurde
nervös, als er merkte, daß Newton gar nicht hinhörte.
Höchst neugierig auf das Haus, in dem
die Pelouse gelebt hatte, war Newton jetzt enttäuscht. Er hatte Eleganz
erwartet, aber was er vorfand, war eingesperrte Zeit, die Zeit ihrer großen Bühnenerfolge.
Möbel, Lampen, Vorhänge — in den fünfziger Jahren mochte alles neu gewesen
sein, jetzt war es verschlissene Pracht. Es gab keines der Erinnerungsstücke,
die er erwartet hatte, noch gab es Pflanzen oder Blumen. Ich habe offenbar
falsche Vorstellungen von einer Schauspielerin, dachte Newton, und was frische
Rosen betrifft: männliche Betthasen sind wohl nicht so großzügig.
Der Wohnraum hatte die Breite der Hausfront.
Newton wanderte von einem Erker zum anderen und dachte nach. Eine
Viertelmillion Pfund — obwohl das Holz der Fensterrahmen faulte. Vor einem
Schreibsekretär mit gerahmten Fotografien blieb er stehen.
«Sie hatte keine Kinder, oder?» Er
kannte die Antwort, aber seine Frage unterbrach Jasons besorgtes Gebrabbel.
«Wissen Sie, wer sie sind?»
«Ehemänner. Frühere Liebhaber. Das da
ist Willie Henderson.»
Newton erkannte sogleich den
berufsmäßigen Engländer. Henderson hat eine Nische gefunden, als er für sich
die Nebenrolle an der Seite eines meist amerikanischen Hauptdarstellers
gesichert hatte. Wo war er eigentlich geblieben? Als habe er Newtons Gedanken
erraten, sagte Jason verächtlich: «Willies jüngstes Stück war ein Reinfall.»
«Oh.»
«Sie testeten es in Liverpool, ehe sie
nach York gingen. Eine Wiederbelebung von John Van Druten. Die Kritiker
zerrissen es. Margarite war entzückt, als sie das las. Willie, der Versager — sie
hoffte, damit ginge seine Ehe kaputt und er käme reumütig hier angekrochen. Nur
kam er nicht, natürlich nicht.» Jason warf einen Blick auf das Foto. «Was sie
an ihm fesselte? Willie war so britisch!» Er nahm ein anderes Bild in die Hand.
«Ihr erster Mann. Typ wie Sie.» Ein Schwarzweißfoto.
«War er Schauspieler?»
«Ich glaube ja. Margarite suchte sich
immer den gleichen Typ. Bis auf Barker. Er war so hart im Nehmen wie im Geben,
was vielleicht erklärt, daß sie völlig
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