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Der Tod macht den letzten Schnitt

Der Tod macht den letzten Schnitt

Titel: Der Tod macht den letzten Schnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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Sensationsstory zu feilschen.
    Selbsterhaltung war die Triebfeder
seines ganzen Lebens gewesen. Er hatte sich locker und problemlos durch
Bermondseys Internat geschummelt, weil er früh erkannt hatte, daß ein
ansprechendes Äußere ein hübscher kleiner Geldverdiener sein kann. Die
Entwicklungsjahre hatte er als Hauptdarsteller für Werbespots der
Lebensmittelbranche verbracht, deren Produkte zu verzehren, er für sich jedoch
ablehnte, da er sich Pickel schlicht nicht leisten konnte.
    Als sein Einkommen als Dressman für
internationale Strickmode stieg, stieg auch sein Appetit auf ein bequemes
Leben. Er aß zuviel und trank zuviel und vernachlässigte sein Äußeres, sein
Kapital, und bekam eines Tages die Quittung dafür: Seine Agentur teilte ihm
mit, daß weder die Italiener noch die Franzosen die kommende Saison an ihm
interessiert seien. Jason Cornishs Karriere als Dressman war zu Ende.
    Er ertränkte gerade seinen Kummer an
einer Bar, als Margarite in sein Leben trat. Erst wollte er sie zum Teufel
schicken, aber als er, sich entschuldigend, kurz für «Herren» ging, änderte er
seine Meinung. Das brutale Neonlicht zeigte ungeschönt sein schütteres Haar,
die schlaffe Haut, die Falten, die Extrapfunde um die einst schmalen Hüften.
Sein Bankkonto war leer, die Miete stand aus — die Zeit für eine
Lebensversicherung war gekommen. Jason gürtete sich und kehrte an die Bar
zurück.
     

     
    Es entwickelte sich alles weit
schlimmer, als er befürchtet hatte. Es brauchte oft diplomatisches Geschick, um
Freunde und Fremde nach Margantes häßlichsten Ausfällen zu besänftigen. Im
Gegenzug stellte er seine Forderungen, sobald sie Reue zeigte. Und so hatte er
sich in einem halben Jahr ein hübsches kleines Sümmchen beiseite legen können.
Aber wie lange würde das reichen? Jedenfalls würde es ihn über die nächsten
Runden bringen, Urlaub sogar eingeschlossen. Und dann? Kein Problem. Er müßte
sich nur in den richtigen Kreisen bewegen. Es gab genügend einsame Frauen mit
Geld, mit viel Geld. Nur würde er das nächste Mal nichts überstürzen. Er würde
erst den Charakter seines Opfers überprüfen.
    Wieder ruhig geworden, tat er den
ersten Schritt in die richtige Richtung, indem er Margarites Vuittonkoffer und
deren Tasche durchsuchte, weil dort irgendwo ein sehr brauchbarer Scheck
versteckt sein mußte, den Margarite, seiner festen Überzeugung nach, nicht mehr
dem rechtmäßigen Empfänger hatte übergeben können.
    Und plötzlich standen zwei
Polizeibeamte im Zimmer und musterten ihn kalt und argwöhnisch.
    «Verzeihen Sie die Störung, Mr.
Cornish», sagte Mullin ätzend, «ist es richtig, daß Sie mit der Presse
telefoniert haben?» Die unterschwellige Drohung ließ Jason plötzlich an den
Jungen denken, der ihm einmal eine zerbrochene Flasche dicht unter die Nase
gehalten hatte. Der zweite Beamte bewegte sich federnd vorwärts und ließ Jason
zusammenfahren.
    «Ihr Koffer?» Die goldgeprägten
Initialen MEP funkelten spottend. Der Beamte streckte eine Hand vor. «Darum
kümmern wir uns auch.»
    Wortlos händigte Jason die Brieftasche
aus. Er wußte, daß sie mindestens hundert Pfund in bar enthielt und
möglicherweise den gesuchten Scheck. Er überlegte noch, ob er einen Anspruch
anmelden könnte, als Sergeant Mullin mit der nächsten Frage solche Überlegungen
hinfällig machte.
    «Wieso wußten Sie vor allen andern, daß
Miss Pelouse getötet worden ist, Mister Cornish?»
    «Ich wußte es nicht! Ich... ich hörte,
wie einer der Kameramänner darüber redete, das ist alles.»
    «Wirklich, Sir? Ich hoffe, Sie können
ihn für uns identifizieren. Nach unserer Kenntnis wußte es nur der Mann an
Kamera Vier, und er ist beim Aufnahmeleiter geblieben.» Das war gelogen, die
Technik war noch nicht vernommen worden, aber in seiner Panik hörte Jason nicht
auf, sich zu erklären.
    «Sie glauben doch nicht, daß ich etwas
damit zu tun habe?»
    Mullin bedachte ihn mit einem
langsamen, harten Lächeln. «Mr. Cornish, betrachten Sie es doch einmal von
unserem Standpunkt: Sie waren ein enger Freund der Getöteten. Sie wußten genau,
wann sie allein sein würde, und als man sie brutal erstochen auffindet, was tun
Sie, Sir? Sind Sie so erschüttert, daß Sie nicht sprechen können? Nein, das
sind Sie nicht. Sie hängen sich ans Telefon und plaudern mit der Presse. Und
als wir hier erscheinen, haben Sie eine Brieftasche in der Hand, die Ihnen
nicht gehört. Was ich also jetzt von Ihnen erwarte: Sie unterrichten

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