Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
schon schlimmer ausgehen können.»
«Was würdest du denn tun?», frage ich sie. «Würdest du die Schule schließen? Siehst du eine Gefahr, dass es Anschläge auf Schüler geben könnte?»
«Frag mich was Leichteres», antwortet sie und versinkt in Gedanken.
Beide schweigen wir eine Weile und der Kaffee-Vollautomat, der mit spürbarer Verspätung inzwischen auch im Vogelsberg Einzug gehalten hat, summt eine nachdenkliche Melodie dazu.
Nicht erst heute ist mir bewusst geworden, dass ich mich in der Gesellschaft von Stefanie Assmann sehr wohlfühle. Ich empfinde so etwas wie Vertrauen, was dem Umstand geschuldet sein mag, dass sie Psychologin ist. Natürlich ist sie auch nicht unbedingt unattraktiv, denke ich, während ich den Ehering an ihrer rechten Hand betrachte, und «nicht unattraktiv» ist ziemlich untertrieben.
Zurück zum eigentlichen Thema.
«Tja, es sieht wohl so aus, als ob wir nun auch einmal intensiv unter den Schülern ermitteln müssten», sage ich.
Stefanie Assmann nickt.
«Weißt du wirklich von keinem Vorfall, bei dem Ellen Murnau früher mal in irgendeiner Weise bedroht wurde?», frage ich sie.
Diesmal schüttelt sie den Kopf. «Ich sage dir jetzt was, was du aber offiziell nicht von mir erfahren hast, o.k.?»
«O.k.», antworte ich.
«Es gibt einen Lehrer im Kollegium, mit dem sie irrsinnige Schwierigkeiten hat. So etwas hat sie mir immer wieder mal angedeutet. Es ist ihr Kollege Dohmknecht. Den Vornamen weiß ich nicht.»
Ich tippe den Namen in das «Notizen»-App meines Smartphones. Das mache ich jetzt immer so, und ich finde es inzwischen auch nicht mehr albern. Einen Notizblock braucht man dann nicht mehr. Ich habe mich sogar schon dabei ertappt, dass ich während ausgedehnter Berlusconi-Spaziergänge erinnerungswürdige Gedanken, Vorhaben und Ideen auf mein Diktiergerät-App geplaudert habe. Ich höre sie zwar später niemals mehr ab, fühle mich dabei aber so was von einem Mann dieser Zeit, dass mir nahezu schwindelig wird.
Stefanie Assmann wartet geduldig, bis ich den Namen «Dohmknecht» nach viermaligem Vertippen endlich korrekt eingegeben habe.
«Der Dohmknecht ist Oberstufenleiter und so etwas wie ihr Stellvertreter», fährt sie fort. «Er legt ihr ständig Steine in den Weg und sperrt sich gegen jegliche Formen von Veränderungen, die Ellen Murnau angeht. Aber es ist dann noch viel schlimmer geworden, er hat ihr Affären mit Kollegen angedichtet und die Schüler gegen sie aufgehetzt.»
Ein albernes «Oha» rutscht mir heraus. «Und warum?»
«Er ist wohl nie damit zurechtgekommen, dass damals Ellen Schulleiterin wurde und nicht er.»
«Was hatte er sonst gegen sie?»
Stefanie Assmann zuckt mit den Schultern.
«Das konnte sie sich auch nicht wirklich erklären. Das muss so ein Typ sein, der sich nichts von Frauen sagen lassen will. Soll es ja geben.»
«Und du denkst, er könnte was damit zu tun haben?», hake ich nach.
«Noch mal», Stefanie Assmann fixiert mich nun mit ernstem Blick, «offiziell denke ich hier gar nichts. Aber inoffiziell traue ich dem schon zu, dass er Jugendliche anstiften könnte, so etwas zu tun. Laut Ellen hat er inzwischen auch im Lehrerkollegium Jünger um sich geschart.»
Stefanie nippt zum dritten Mal an ihrer leeren Tasse, dann winkt sie der Bedienung und bestellt noch einen Kaffee.
«Ich danke dir für diesen Tipp und das Vertrauen», sage ich und meine es auch so.
Ein älteres Ehepaar erhebt sich vom Nachbartisch und steuert zielstrebig auf uns zu. «Guten Tach, Frau Pfarrer», sagt die Dame zu Stefanie, «wisse Sie, ob Mittwoch wieder Singstund ist? Net, dass mir widder umsonst herkomme …» Mit vorwurfsvoller Miene fixiert sie Stefanie.
Ihr Mann, der scheu hinter ihr stehen geblieben ist, bestätigt die Worte seiner Frau mit eifrigem Nicken.
«Das kann ich Ihnen leider nicht sagen», entgegnet Stefanie Assmann souverän mit warmer dunkler Stimme. «Da rufen Sie am besten im Gemeindebüro an.»
Die ältere Dame, die eine viel zu enge und grelle Bluse trägt, sagt noch einmal in klagendem Oberhessisch «Net, dass mir widder umsonst komme …» und verlässt mit ihrem Mann im Schlepptau das Café des Zuckerbäckers.
«Frau Pfarrer?» , frage ich sofort.
«Na, ich bin keine Pfarrerin», antwortet sie. «Das ist nur angeheiratet.»
«Ach …» Kurz denke ich nach. «Ach, du bist die Frau vom Pfarrer Assmann?»
«Ja, stell dir vor», entgegnet Stefanie leicht genervt. «Ich dachte, das wüsstest du.»
«Nö, woher
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