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Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Titel: Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Faber
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denn?»
    Gregor Assmann dürfte seit ungefähr zehn Jahren Pfarrer in Schotten sein. Persönlich kenne ich ihn nicht, doch ich habe schon einiges über ihn gelesen oder gehört. Gregor Assmann hat sich durch sein starkes, politisch eher links gerichtetes Engagement in Schotten nicht nur Freunde gemacht. Er war Initiator vieler Bürgeraktionen, hat sich zum Beispiel stark gegen Atomkraft eingesetzt und viel für die Integration ausländischer Mitbürger getan.
    «Der Pfarrer Assmann …», sinniere ich.
    Stefanie verdreht die Augen.
    «Als ich damals zum ersten Mal hörte, dass der neue Pfarrer in Schotten Assmann heißt, habe ich mich kaputtgelacht …»
    Stefanie rührt unbeteiligt in ihrer Tasse.
    «Meine Oma hatte nämlich früher immer gesagt: ‹Das kannste machen wie der Pfarrer Assmann.› Ich hab dann gefragt: ‹Hmm, wieso, wie macht der das denn?› Dann sie: ‹Na, wie der Pfarrer Nolte … und der, der machte es so, wie er’s wollte› …»
    Ich grinse blöd vor mich und füge noch hinzu: «Ist doch lustig. Kennste den nicht, den Spruch mit dem Pfarrer Assmann?»
    Stefanie gähnt. «Nö», antwortet sie.
    «Echt? Noch nie gehört?»
    «Och, ich weiß nicht», sagt Stefanie und verzieht dabei keine Miene, «höchstens ungefähr zweitausendmal in den letzten zehn Jahren.»
    Wir quatschen weiter, und das Gespräch geht zu Privatem über. Sie erzählt von ihrem Sohn Lasse, der in Melinas Parallelklasse geht und inzwischen wohl auch mit den Unwegsamkeiten der Pubertät zu kämpfen habe. Sie erzählt ein wenig von ihrem Job, bei dem sie permanent das Gefühl habe, bei allem Einsatz nie genug tun zu können. Da sie für alle Schulen im Vogelsbergkreis zuständig sei, seien ihre Möglichkeiten schon rein zeitlich begrenzt. Das nerve sie. Ich erzähle ein wenig von Laurin, der in diesem Sommer nun endlich eingeschult werden soll, nachdem es im letzten Jahr nicht geklappt hatte. Wir hatten ihn schon in seinem Kindergarten, der integrativen und elternverwalteten Kindergruppe «Schlumpfloch», abgemeldet und hatten fest vor, ihn zur Schule zu gehen zu lassen. Doch dann bekam Laurin es mit der Angst zu tun. Er regredierte plötzlich zu einem Dreijährigen, weinte häufig, pinkelte wieder ins Bett und klagte über Bauchschmerzen. Also entschieden Franziska und ich, ihm noch ein Jahr Zeit zu geben. Ob es die richtige Entscheidung für ihn war, wissen wir nicht.
    Stefanie Assmann hört mir aufmerksam zu, geht mir aber nicht in die Falle, sich auf ein getarntes Beratungsgespräch einzulassen.
    «Sorry, dass ich dir das alles erzähle. Du kannst so ’nen Mist bestimmt nicht mehr hören.»
    Sie lächelt milde, und ich gucke mich ein wenig an ihren charmanten Lachfältchen fest.
    «Ach weißt du, ich bin es gewohnt, dass mir ständig alle Leute von ihren Problemen mit den Kindern erzählen.»
    Ihr leicht arroganter Unterton stört mich, ebenso das in mir aufsteigende Gefühl einer gewissen Unterlegenheit. So blicken wir beide recht bald auf unsere Uhren und stellen fest, dass der nächste Termin auf uns wartet.

[zur Inhaltsübersicht]
    11. Kapitel
    K rankenhaus ist wie Flugzeug. Ist man erst mal drin, legt man, ohne zu zögern, sein Schicksal in die Hände von fremden Menschen. Man gibt jegliche Kontrolle ab. Stümpert der Arzt, stirbt man oder verliert man ein Bein oder beides, stümpert der Pilot, geht es ähnlich unschön aus. Ich mag das nicht. Ich kenne sie ja noch nicht einmal. Den Piloten bekomme ich noch nicht einmal zu Gesicht, ich weiß nicht, ob er Alkoholiker ist oder seine Frau ihn letzte Nacht verlassen hat. Mit dem Arzt fahre ich vor einem etwaigen Eingriff auch nicht drei Wochen in den Urlaub, um Vertrauen in seine Fertigkeiten aufzubauen. Vermutlich habe ich einfach zu viel Misstrauen Autoritäten gegenüber. Wenn ich mit dem Flugzeug fliege, schaue ich während der gesamten Flugdauer in die Gesichter der Stewardessen und versuche bei jedem kleinen Luftloch ihre Mienen zu deuten. Wenn meine Ärztin mir den Blutdruck misst, entgeht mir nicht die kleinste Gesichtszuckung. In ihrem Gesicht lese ich dann Dinge wie: «Oh, noch schlimmer, als ich befürchtet habe! Am besten sage ich ihm das jetzt gar nicht, lohnt sich ja ohnehin nicht mehr.»
    Als ich zwölf war, lag ich einmal mit einer Blinddarmentzündung im Krankenhaus. Ich habe mich vermutlich nie in meinem Leben so allein gefühlt wie in dieser einen Woche. Meine Eltern besuchten mich zwar jeden Tag, blieben auch immer mehrere Stunden, doch jedes

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