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Der Tod meiner Schwester

Der Tod meiner Schwester

Titel: Der Tod meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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näher rückte und meine Eltern davon sprachen, dass er mit an die Küste kommen solle, wurde ich immer nervöser. Dass Ross und ich während der Sommer ein Paar waren, war für uns ein ungeschriebenes Gesetz gewesen, und ich hatte Angst vor seiner Reaktion, wenn ich mit Charles auftauchte. Ich hoffte, dass ihm klar sein würde, dass ich unsere verbotene Beziehung beenden musste, und ich betete darum, dass er nichts unternahm, was Charles’ Argwohn weckte. Eine große Überraschung sollte mich erwarten.
    Auf der Fahrt an die Küste folgten Charles und ich dem Wagen meiner Eltern. Als wir in der Auffahrt des Bungalows hielten, sah ich, dass vor dem Haus der Chapmans schon zwei Autos standen. Mein Herz schlug bis zum Hals, als wir ausluden und unser muffig riechendes Haus betraten. Als ich die Tür zur Veranda mit ihrem Panoramablick auf den Kanal öffnete, schnappte Charles nach Luft.
    “Das ist wunderschön!”, schwärmte er, ging auf die Veranda und öffnete die Fliegengittertür, um in den Garten zu gelangen.
    Im Garten der Chapmans sah ich Menschen, konnte allerdings nicht erkennen, um wen es sich handelte. Ich fühlte mich nicht bereit, mit Charles in den Garten zu gehen, wenn Ross dort war. Ich wollte eine Gelegenheit abpassen, um erst mit Ross allein zu sprechen. Doch Charles ging schon hinaus, und mir blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
    “Wann holt dein Vater das Boot?” Charles deutete zum Dock, während wir in Richtung Kanal schlenderten. Die hölzerne Spundwand gab es damals schon, doch es sollte noch Jahre dauern, bis ein Maschendrahtzaun unseren Blick beeinträchtigte.
    “Er wird es vermutlich morgen abholen”, sagte ich, die Augen auf den Garten der Chapmans gerichtet. Zwei Personen standen in der entgegengesetzten Ecke: Ross und eine Frau. Ich hätte froh sein sollen, dass auch er eine Begleitung hatte, doch stattdessen raubte mir die Eifersucht fast den Atem.
    “Sieht so aus, als ob ihr euch den Garten teilt.” Charles nickte zu den beiden hinüber.
    Ross hatte den Arm um die Frau gelegt, doch als er sich umdrehte und uns erblickte, verschwand seine Hand rasch von ihrer Schulter.
Er fühlt sich ebenso unbehaglich wie ich
, dachte ich.
    “Hallo, Maria!”, rief er. Er nahm die Frau am Ellenbogen und bedeutete ihr, sich umzudrehen. In der anderen Hand hielt er eine Zigarre.
    “Hallo, Ross”, gab ich den Gruß zurück.
    Er sagte etwas zu der Frau, das ich nicht hören konnte, und beide kamen auf uns zu. Ich spürte Charles’ Hand in meinem Rücken, die mich leicht nach vorn schob, bis wir vier uns in der Mitte des Gartens trafen.
    Ross sah großartig aus, ein bisschen geschniegelter als im Jahr zuvor.
    Es fiel mir schwer, seinem Blick zu begegnen. Der köstlich holzige Duft seiner Zigarre umgab uns.
    “Das hier ist Joan Rockefeller”, stellte er seine Begleiterin vor. “Joan, dies ist meine Nachbarin Maria Foley. Und das ist …?” Er hob die Brauen und blickte Charles an.
    “Charles Bauer”, sagte ich. “Und dies hier ist Ross Chapman.”
    Die beiden Männer gaben sich die Hand, während ich Joan musterte. Sie war eine blonde Schönheit. Große blaue Augen, sorgfältig frisiertes Haar, ein Kleid, das ihre gertenschlanke Figur betonte.
    “Irgendwelche Beziehungen zu den New Yorker Rockefellers?” Charles stellte genau die Frage, die mir auch auf der Zunge lag. Wie viel war dieses Mädchen wert?
    “Ich bin die ungefähr einundfünfzigste Cousine in dritter Linie.” Joan lachte und wandte sich dann mir zu. “Ross sagte, dass deine und seine Familie seit euren Kinderzeiten im Sommer Nachbarn sind.” Ihre hohe Stimme klang fast wie die eines Kindes.
    “Das ist richtig”, bejahte ich.
    “Maria hat mir das Tanzen beigebracht”, wechselte Ross das Thema.
    “Oh, da hast du gute Arbeit geleistet.” Joan nickte mir lächelnd zu.
    “Und Ross hat mir beigebracht, wie man Tennis spielt”, erzählte ich.
    Ich dachte an all die anderen Dinge, die Ross mir beigebracht hatte und die nichts mit Tennis zu tun hatten, und fühlte, wie ich errötete. Ich bekam meine Gefühle einfach nicht in den Griff. Ich liebte Charles, dessen war ich mir sicher. Umso lächerlicher, dass es mich schmerzte, Ross mit einer anderen Frau zu sehen. Sie war die Sorte Mädchen, die sich seine Eltern für ihn wünschten. Eine Rockefeller, und nicht weniger. Ich fragte mich, ob er Eifersucht verspürte, weil er mich mit Charles sah. Das schien nicht der Fall zu sein. Er lächelte unbefangen und

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