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Der Tod meiner Schwester

Der Tod meiner Schwester

Titel: Der Tod meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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sie immer so klein und perfekt, eine sanfte, blasse Sichel aus Sand. Dann vernahm ich Gelächter von der Plattform im tiefen Wasser. Zwei Menschen standen dort. Ich starrte angestrengt hin und ruderte ein wenig näher. Ich sah das lange dunkle Haar eines Mädchens, den breiten Rücken eines Jungen und hielt mir unwillkürlich die Hand vor den Mund.
    Das können doch nicht Ned und Isabel sein, dachte ich. Ich erinnerte mich, dass ich Isabel auf der Veranda hatte schlafen sehen. Doch dann fiel mir ein, wie ich mein Bettzeug unter die Decke gestopft hatte, um Lucy zu täuschen. Offensichtlich hatte Isabel den gleichen Kniff angewendet, denn jetzt stand sie mit Ned Chapman auf der Plattform. Mir stockte fast der Atem, als ich sie beobachtete. Meine Schwester hatte einen ihrer Bikinis an. Aus der Entfernung konnte ich nicht erkennen, welche Farbe er hatte. Ich beobachtete, wie die beiden Gestalten miteinander verschmolzen. Ich war nicht sicher, doch ich vermutete, dass sie sich küssten. Als Ned einen Schritt zurücktrat, hatte er ihr Bikini-Oberteil in der Hand, und ich sah Isabels nackte Brüste im Mondlicht schimmern.
    Oh mein Gott
. Meine Hände zitterten, als ich mich vorbeugte, um den Motor zu starten. Ich musste drei Mal an der Schnur ziehen, weil mir meine Finger nicht gehorchen wollten. Schließlich sprang der Motor mit einem metallischen Röhren an. Ich stellte mir vor, wie Ned und Isabel überrascht hinaus aufs Wasser starrten. Vielleicht würde sich meine Schwester sogar rasch hinhocken, um sich zu verbergen. Ich fuhr in die Nacht hinein und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie nicht bemerkt hatten, dass ausgerechnet ich sie beobachtete.
    Ich fuhr einen großen Bogen durch die Bucht und zurück in den Kanal. Ich drosselte den Motor zu einem leisen Tuckern, als ich das Boot in unser Dock steuerte. Schließlich machte ich ihn ganz aus, warf die halb verglühte Moskito-Spirale ins Wasser, kletterte hinaus und vertäute das Boot.
    Ich zitterte noch immer, als ich die Tür des Verandagitters öffnete. Sowohl Isabels Täuschung als auch meine Ankunft schienen niemanden aufgeweckt zu haben. Ich legte die Taschenlampe zurück in die Küchenschublade und stieg die wackligen Stufen zum Dachboden empor. Lucy atmete tief und regelmäßig. Auf Zehenspitzen schlich ich mich an ihrem Bett vorbei und in meine kleine Kabine. Ich ließ keinen Gedanken an das Gesehene zu, bis ich im Bett lag.
    Ein Gedanke hallte die ganze Zeit in meinem Kopf wider: Gingen Isabel und Ned bis zum Äußersten? Den Ausdruck “Liebe machen” kannte ich noch nicht. Ich wusste zwar, was Geschlechtsverkehr war, doch ich wusste nicht, was genau dabei passierte. Ich dachte zurück an die Plattform und stellte mir vor, ich sei an Isabels Stelle. Meine Brüste, irgendwie größer und voller, waren ebenso bloß wie ihre. Neds Hände berührten sie. Er zog mir den Rest des Bikinis aus, legte mich dann auf das feuchte Holz der Plattform und küsste mich zärtlich. Er zog seine Badehose aus, und ich spreizte die Beine als Einladung, und irgendwie schaffte er es, seinen Penis in mich zu schieben und die Mauer zu durchstoßen. Das schien mir zwar unmöglich, doch das taten die Menschen irgendwie, und Ned würde wissen, wie. Er würde Sperma in mich hineinschießen und mir sagen, dass er mich liebte. Mein Körper sehnte sich danach, statt Isabel auf der Plattform zu liegen, mit dem Mondlicht auf meinen Brüsten, und mit meinem Liebhaber bis zum Äußersten zu gehen.
    In jenem Juli schlich ich mich noch mehrere Male mit dem Boot hinaus. Im August tat ich es nur ein Mal, und das sollte sich als Fehler erweisen.

12. KAPITEL
    L ucy
    Ich stand im Keller der Methodisten-Kirche in Westfield und bereitete mich mit meiner Band auf den Auftritt bei einem “Coffee with Conscience”-Konzert vor. Ich stand neben der Säule an der kleinen Bühne und sah zu, wie sich der Raum füllte. Es würde das letzte Konzert der ZydaChicks in dieser Saison sein, und wir beendeten das Jahr gern in unserer Gegend, um für unsere Fans in Westfield zu spielen. Die Erlöse des “Coffee with Conscience”-Konzerts würden für eine wohltätige Vereinigung gespendet werden, was uns sehr recht war. Unsere Musik gehörte zur Feel-good-Abteilung. Wir spielten eine nette Mischung aus Zydeco, Folk und Rhythm & Blues, und nur drei von uns waren tatsächlich “Chicks”, was mich im Lauf unserer Konzerte immer wieder zu einer langen Erklärung nötigte.
    Es duftete bereits stark nach

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