Der Tod meiner Schwester
macht”, gestand Isabel, die verzweifelt versuchte, sich auf ihren riesigen Reifen zu ziehen. Mom und ich hatten schon unsere Position auf den Schwimmreifen gefunden: Hintern, Unterarme und Füße befanden sich im kühlen Wasser.
“Tschüs!” Mom hob den Arm, um Grandpop, Grandma und Lucy zuzuwinken, die in unserem Garten standen und uns gute Wünsche für die Fahrt zuriefen. Die Strömung war flink, und unsere Reise kostete keinerlei Anstrengung. Wir benutzten die Hände als Paddel, um nahe an der Spundwand zu bleiben und nicht überfahren zu werden. Einige der farbigen Fischer auf der anderen Kanalseite winkten uns ebenso zu wie die Leute in den Booten, die uns überholten. Wir wurden von Wellen der Yachten und Motorboote emporgehoben und fielen wieder hinunter. Es war himmlisch.
Als wir die Bucht erreichten, rollten wir uns auf den Bauch und fingen ernsthaft an zu paddeln, um uns der Küstenlinie entlang zum kleinen Strand zu manövrieren. Ich sah Grandpop und Lucy, die auf dem Pier auf uns warteten, wobei sich Lucy an die Hand meines Großvaters klammerte. Ich war beeindruckt, dass er sie überhaupt dazu gebracht hatte, so weit mit hinauszugehen. Ich wünschte mir, dass mein Vater auch an der Küste wäre und sich mit uns auf den Reifen hätte treiben lassen. Vielleicht, dachte ich, können wir das an einem Wochenende wiederholen, wenn er bei uns ist. Doch wir taten es nie.
Als ich in jener Nacht im Bett lag, hatte ich das Gefühl, noch immer auf dem Wasser zu schweben. Wie wunderbar es doch gewesen war, sich von der Strömung treiben zu lassen! Mir kam eine Idee. Wenn die Strömung an diesem Morgen Richtung Bucht führte, würde das heute Nacht genauso sein. Was, wenn ich das Boot geräuschlos aus dem Dock steuerte und es bis zur Bucht treiben ließ? Niemand würde davon erfahren, weil ich den Motor nicht starten müsste und keiner aufwachte. Wenn ich erst einmal in der Bucht war, konnte ich den Motor anlassen und eine Weile herumfahren. Zurückzukommen würde allerdings ein Problem sein, denn ich bezweifelte, dass ich so lange draußen bleiben konnte, bis die Strömung ihre Richtung wechselte. Doch laut war es nur, wenn man den Motor startete. Wenn ich zurückfuhr, würde das Boot nur leise tuckern, wenn ich ins Dock steuerte, und niemand würde es merken.
Ich konnte die Raffinesse meines Plans kaum fassen! Ich würde lebenslang Hausarrest bekommen, wenn ich erwischt wurde, doch das Abenteuer schien dieses Risiko wert zu sein. Als ich die knarrenden Stufen hinunterschlich, wusste ich, dass ich am Samstagabend noch etwas zu beichten haben würde, doch in diesem Moment war mir das egal.
Unser kleines Boot hatte keine Beleuchtung, weshalb ich die Taschenlampe aus der Schublade in der Küche holte und außerdem eine Moskito-Spirale und Streichhölzer. Dann schlich ich mich auf die Veranda. Als ich die Gittertür öffnen wollte, fiel mir plötzlich ein, dass Isabel an der Reihe war, auf der Veranda zu schlafen, und ich hielt den Atem an. Der halbe Mond war zwar nicht sehr hell, doch er warf genug Licht, dass sie mich sah, wenn sie wach war. Ich lugte zum anderen Ende der Veranda und sah sie dort unter der Decke liegen, den Rücken mir zugewandt. Ich war in Sicherheit.
Draußen machte ich das Boot los, kletterte die Leiter hinunter und hinein. Ich benutzte die Ruder, um aus dem Dock herauszusteuern, und erschrak jedes Mal, wenn das Wasser geräuschvoll gegen die Spundwand schwappte. Als ich auf dem Kanal war, brauchte ich die Ruder, um das Boot auf Kurs zu halten – die Strömung drückte es immer wieder zur Seite –, und ich geriet ein bisschen in Panik, dass ich es nicht kontrollieren könnte. Doch bald glitt ich ruhig mit der Strömung dahin und hatte innerhalb weniger Minuten die Bucht erreicht. Am Ufer sah ich Lichter, wenn auch nicht allzu viele. Schließlich war es bereits fast Mitternacht, und die meisten Häuser waren dunkel. Im Licht der Mondsichel wirkte das Wasser schemenhaft und verzerrt, und ich spürte, wie mich Freude und ein Gefühl des Friedens erfüllten. Eigentlich hatte ich den Motor starten wollen, sobald ich in der Bucht war, doch nun trieb ich gemütlich dahin und wollte die Stille nicht stören. Ich war neugierig, wohin die Strömung mich tragen würde.
Ich spürte einen Moskitostich auf meiner Schulter und erinnerte mich an die Spirale. Ich zündete sie an und legte sie neben mich in das Boot. Als ich den Kopf wieder hob, kam unsere kleine Siedlung in Sicht. Vom Wasser aus wirkte
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