Der Tod steht ins Haus
Wohnzimmer. Es war inzwischen halb sieben Uhr morgens, und ich
hatte nicht eine Minute geschlafen. Sam Barry mußte ähnliche Empfindungen
haben, denn er erkundigte sich bei dem Leutnant, wie lange denn die Fragerei
noch dauern würde und ob wir uns nicht Mittagessen ins Haus schicken lassen
sollten.
»Wirklich sehr witzig«, knurrte
Gerassi. »Entschuldigen Sie, wenn ich nicht lache!«
»Er hat ganz recht, Leutnant«,
sagte Abigail verdrießlich. »Wir haben hier schließlich die ganze Nacht
herumgesessen. Ich bin erschöpft.«
»Schon gut«, sagte Gerassi.
»Fangen wir also noch einmal von vorn an, ja? Und Sie bemühen sich alle, sich
ganz genau zu erinnern, ob Sie auch wirklich nichts ausgelassen haben — nicht
die geringste Kleinigkeit.«
»Das einzige, das Sie noch
nicht von mir wissen, ist meine Schuhgröße, Leutnant«, sagte Eddie boshaft.
»Ist die auch von Bedeutung?«
»Romayne bekommt also per Post
dieses Blatt aus der Fernsehzeitschrift ins Haus«, begann Gerassi, indem er
Eddie vollkommen ignorierte, »mit der angestrichenen Vorankündigung der
Barry-Show und dem handschriftlichen Zusatz, er möge sich die Show ansehen, es
ginge für ihn um Leben und Tod. Die Sache beunruhigte ihn also, und er will
einen Privatdetektiv mit der Untersuchung beauftragen, trifft Rio nicht mehr an
und engagiert statt dessen Miss Seidlitz. Miss Seidlitz wendet sich an Sam
Barry, und er nimmt sie gemeinsam mit Miss Pinchett und Ihnen in sein
Programm.« Er blickte finster zu Dolores hin. »Und Sie sagen seinen Mord voraus
— ganz genau, wie sich erwiesen hat.«
»Ich habe es Ihnen doch schon
erklärt, Leutnant«, sagte Dolores gepreßt. »Ich war wütend auf Romayne, weil er
eine Freundin von mir in Schwierigkeiten gebracht und dann sitzenlassen hat.
Ich wollte etwas unternehmen, das ihn wirklich trifft, um ihm heimzuzahlen, was
er ihr angetan hat. Ich weiß, was ich getan habe, war verrückt, aber ich wollte
ihm doch nur Angst einjagen und ihn ein bißchen schwitzen lassen.«
»Das ist eine gemeine Lüge«,
sagte Bubbles wütend. »Ray hat niemals eine andere Frau auch nur angesehen.«
»Ja?« lächelte Dolores
höhnisch. »Und was ist mit ihr?« Dabei wies sie auf mich.
»Ich habe Mr. Romayne überhaupt
nicht gekannt, als er vor zwei Tagen in mein Büro kam«, protestierte ich hitzig.
»Das behaupten Sie«, sagte
Dolores verächtlich. »Glauben Sie wirklich, Leutnant, daß jemand bei klarem
Verstand ein doofes Blondchen wie die als Privatdetektivin engagieren würde?«
»Halten wir uns an die
Tatsachen«, sagte Gerassi. »Sie haben also diese Prophezeiung nur getan, um
Romayne zu erschrecken. Dann rannten Sie, als die Sendung unterbrochen wurde,
aus dem Studio. Was weiter?«
»Ich fuhr in meine Wohnung«,
erwiderte sie, »und wartete bis vier Uhr. Dann rief ich ihn an, um ihm zu
sagen, warum ich diesen Gag abgezogen hätte und daß ich hoffte, er sei ihm ein
wenig an die Nieren gegangen. Während wir sprachen, unterbrach er sich
plötzlich, ich hörte ihn stöhnen, und dann war überhaupt nichts mehr. Da bekam
ich es selber mit der Angst, daß etwas Ernsthaftes passiert sein könnte, und
bin sofort hierhergefahren.«
»Sie haben dazu nicht lange
gebraucht«, sagte der Leutnant. »Soviel ich gehört habe, nicht mehr als zehn
Minuten.«
»Meine Wohnung ist am Wilshire
Boulevard«, erwiderte Dolores, »nur zehn Minuten von hier.«
»Wie erklären Sie sich, daß
Ihre Prophezeiung sich bewahrheitet hat — genau zu der Stunde und an dem Ort,
den Sie vorausgesagt haben?« fragte Gerassi.
»Das ist doch offenkundig«,
erwiderte sie. »Jemand hat sich die Situation zunutze gemacht, um Romayne zu
töten — jemand, der sich zum Zeitpunkt des Mordes hier im Raum befand.«
»Alle sind hier Detektive außer
mir«, seufzte Gerassi. »Nun gut, während Sie also mit Romayne telefonieren,
geht das Licht aus, und als es wieder angeht, hat er ein Messer in der Brust.
In der Dunkelheit hatte jeder der Anwesenden die gleiche Möglichkeit, den Mord
zu begehen.«
»Mir hat man über den Kopf
geschlagen, falls Sie sich erinnern sollten«, sagte Bubbles indigniert. »Weil
ich, nachdem das Licht ausgegangen war, zu Ray hinüberlaufen wollte, hat mich
der Mörder niedergeschlagen. Wenn Sie mich fragen, Leutnant, kann es nur Mike
English gewesen sein.«
»Sie sind ja übergeschnappt!«
sagte Mike schroff. »Ray war mein bester Freund, was hätte ich für einen Grund
haben sollen, ihn umzubringen?«
»Das weiß ich nicht«,
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