Der Tod steht ins Haus
mich
enthusiastisch auf die Wange. »Ich wußte, daß Sie mich nicht im Stich lassen
würden, Mavis. Sie sind ganz bezaubernd.«
»Dies ist eine rein
geschäftliche Vereinbarung, vergessen Sie das nicht«, warnte ich ihn.
»Daran brauchen Sie mich nicht
noch extra zu erinnern«, sagte er klagend. »Haben Sie denn gar kein Herz?«
»Vermutlich liegt das an den
heutigen Werbemethoden«, philosophierte ich achselzuckend, »niemand fragt mehr
nach dem Inhalt, die Verpackung bedeutet alles.«
Sam goß Whisky in sein Glas,
wobei allerdings der größte Teil auf der Bartheke landete. »Ich werde Sie hier
so gegen Mitternacht abholen, Kindchen.«
»Wenn Sie in dem Tempo
weitertrinken, liegen Sie um Mitternacht unter dem Tisch«, erwiderte ich kühl.
»Und falls Bubbles und Eddie bis dahin zurück sind, dürften sie sich wundern,
wo wir so spät noch hinwollen.«
»Sie sind ein kluges Kind,
Mavis«, sagte Sam bewundernd, »ich verzichte auf diesen Whisky. Sie sehen,
welche Macht Sie über mich haben — Sie verändern mich bereits.«
»Es wurde aber auch Zeit«,
erwiderte ich. »Am besten setzen wir uns draußen in Ihren Wagen, bis die beiden
zurückkommen. Dann wissen wir, daß die Luft rein ist.«
»Genial«, sagte Sam. »Okay.
Worauf warten wir noch?«
»Wissen Sie überhaupt, wo der
Laden liegt?«
»Ja, in Venice.«
Ich blinzelte verdutzt. »Ach ja«,
sagte ich dann, »davon habe ich schon gelesen, das soll so ein Treffpunkt der
Beatniks sein.«
»Stimmt«, sagte er.
»Warum mag Mr. Romayne sein
Geschäft ausgerechnet in dieser Gegend haben?«
»Vielleicht war er besonders
gerissen«, erwiderte Sam. »Die Leute glauben vermutlich, dort eher einen
Gelegenheitskauf tätigen zu können als in Beverly Hills.«
»Das wird’s wohl sein«, sagte
ich. »Wollen wir jetzt gehen?«
»Ja«, nickte er. »Ich werde den
Wagen bis zur nächsten Ecke fahren, damit sie uns nicht bemerken.«
»Ich habe eine Idee«, sagte
ich. »Vielleicht sollten wir uns als Beatniks verkleiden, damit wir in Venice
nicht auffallen.«
»Bis mir ein Vollbart wächst,
dauert es zu lange«, brummte er.
Ich musterte Sam kritisch. Er
trug ein ausgebeultes Sportjackett und zerknautschte, blankgescheuerte
Baumwollhosen, und zudem sah er aus, als hätte er sich den ganzen Tag nicht
rasiert.
»Sie können bleiben, wie Sie
sind«, verkündete ich. »Bei mir dauert es nur fünf Minuten.«
»Na schön, aber nicht länger.«
Ich flitzte in mein
Schlafzimmer, wischte mir alle Schminke aus dem Gesicht, zerzauste nur das
Haar, bis es wie ein Vogelnest aussah, und zog ein Paar schwarze
Nylonstrumpfhosen unter den Minirock.
Bevor ich das Zimmer verließ,
stopfte ich die Kopfkissen unter die Decke und drückte sie ein bißchen zurecht,
damit Bubbles, falls sie noch in mein Zimmer gucken sollte, annahm, ich
schliefe schon. Dann eilte ich in das Wohnzimmer zurück.
»Du meine Güte!« Sam erbleichte
bei meinem Anblick. »Sie sehen wirklich ungeheuer aus!«
»Gute Idee, nicht wahr?« sagte
ich stolz. »Nicht jedes Mädchen könnte sich in fünf Minuten so herrichten.«
»Da haben Sie recht«, stimmte
er mir zu. »Dazu würden die meisten etliche durchsumpfte Nächte brauchen.«
»Worauf warten wir also noch?«
sagte ich ungeduldig. »Gehen wir los.«
7
Gegen halb elf sahen wir den
Wagen in die Auffahrt zu Romaynes Haus einbiegen. Sam wartete noch fünf
Minuten, bevor wir uns in Bewegung setzten. Ich kannte Venice noch nicht und
muß gestehen, daß ich einigermaßen enttäuscht war, weil es sich nicht
sonderlich von den Ortschaften an der Strecke nach Tijuana unterschied, die
wenig zum Anhalten einladen. Aber wenigstens lag es direkt an der Küste, und
der Anblick des Pazifischen Ozeans versetzt mich immer wieder in Entzücken.
Sam ließ den Wagen langsam
durch die Straßen rollen, bis er schließlich vor einem Espresso anhielt und auf
ein schäbiges, fast verwahrlostes Geschäft auf der anderen Straßenseite
deutete, das die verblichene Aufschrift R. Romayne — Antiquitäten trug.
»Ist es das?« fragte ich
ungläubig.
»Was hatten Sie erwartet,
Marmorsäulen?« grunzte er.
»Warum nicht?« erwiderte ich.
»Dieses Haus in Beverly Hills muß ihn ein Vermögen gekostet haben. Da hätte er
sich doch hier wenigstens mal einen neuen Farbanstrich spendieren können, oder
nicht?«
»Ihnen fehlt das Verständnis
für die Verkaufspsychologie beim Handel mit Antiquitäten, Mavis«, sagte Sam mit
gönnerhaftem Grinsen.
»Da könnten Sie
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