Der Tod trägt dein Gesicht
Hause zu meiner Frau und meinem Sohn. Wir sehen uns …”
“Bis dann”, rief Danny ihm nuschelnd nach. Kaum, dass Dennis die Stufen hinuntergeeilt war, konzentrierte sich der junge Mann wieder voll auf Casey.
“Tut mir leid, Danny, aber wenn du Keith suchst, kann ich dir leider auch nicht helfen. Ich habe keine Ahnung, wo er sein könnte.”
“Ich weiß, wo er ist. Er ist unten im Keller, im Lager”, gab Danny stolz bekannt. “Soll ich ihn für Sie holen?”
“Nein. Nein, das ist schon okay.”
“Er sagte, ich solle schon mal hochgehen und Ihnen Hallo sagen, während er einige Sachen verstaut. Aber ich solle Sie nicht stören, wenn Sie arbeiten müssen.”
“Nun, das ist aber schön.” Casey strich dem jungen Mann über den Arm. “Ich freue mich immer, wenn wir uns sehen. Ich muss noch einen Bericht schreiben, aber wir können uns unterhalten, während ich das tue. Wie wäre es damit?”
“Das wäre sehr schön.”
Es würde schneller gehen, wenn Danny nicht da wäre, aber Casey brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass er störte.
Viele Männer beneideten Keith um sein Aussehen. Andere wiederum waren von seiner Großspurigkeit irritiert, wie Dennis. Aber alle waren sich darin einig, dass er toll mit seinem geistig behinderten kleinen Bruder umging und sich rührend um ihn kümmerte.
Bevor ihr Ehemann getötet worden war, waren Keith und Tim Partner gewesen. Tim hatte seinen Partner gemocht und Casey oft von ihm erzählt. So hatte sie von Keiths kleinem Bruder Danny erfahren, der nur einen Intelligenzquotienten von siebzig Punkten hatte. Er war leicht behindert. Er konnte wie ein Sechstklässler lesen und schreiben, Auto fahren und sich um seine Körperhygiene kümmern.
“Danny würde prima in einem Haus mit betreutem Wohnen klarkommen”, hatte ihr Tim einmal erzählt. “Aber Keith will davon nichts wissen. Für ihn wäre das wahrscheinlich dasselbe, wie Danny auszusetzen. Keith hat geschworen, dass, solange er lebt, Danny bei ihm wohnen soll. Ich sag dir, Sweety, Keith hat sicher seine Schwächen, aber so etwas muss man schon bewundern.”
Man musste Keith zugutehalten, dass er Danny darin bestärkte, seine eigene Individualität zu entwickeln. Vor vier Jahren, als Danny achtzehn Jahre alt geworden war, hatte Keith Danny bei einer kleinen Firma untergebracht, die Aquarien reinigte. Diese Tätigkeit konnte Danny problemlos erledigen. Auch wenn sie langweilig war und kaum Abwechslung bot, gab sie ihm ein Gefühl von Unabhängigkeit und einen Grund, auf sich stolz zu sein.
Für Casey war Keiths Liebe zu seinem Bruder stärker als all die negativen Eigenschaften, die ihm die Kollegen zuschreiben mochten. Und darüber hinaus hatte sie nie vergessen, dass Keith das Schwein erschossen hatte, das für den Tod ihres Mannes verantwortlich gewesen war.
Keith hatte sich kurz nach Tims Tod versetzen lassen und arbeitete jetzt ebenfalls für Lieutenant Bradshaw, daher sah Casey ihn und seinen Bruder öfter. Beide lebten zusammen in einem Haus, das vom Revier aus zu Fuß zu erreichen war. Daher kam Danny fast jeden Tag vorbei.
Man munkelte, Keith habe Tim vor seinem Tod versprochen, sich um Casey zu kümmern. Obwohl sie den Gedanken als wohltuend empfand, ließ sie keine Gelegenheit aus, Keith zu erklären, dass sie keinen Beschützer brauchte. Ihr Protest verhallte ungehört.
Keith war immer in ihrer Nähe. Er schaute an ihren Tatorten oder ihrem Schreibtisch vorbei und hatte es einmal tatsächlich geschafft zu protestieren, als ihr Chef sie zu einem riskanten Auftrag schicken wollte.
Casey hatte Keith unmissverständlich gesagt, was sie davon hielt. Er hatte sich bei ihr entschuldigt und sich zurückgezogen. Aber dennoch hielt er sich die ganze Zeit in ihrer Nähe auf.
Casey sah kurz auf und bemerkte, dass sie Danny erwartungsvoll anstrahlte. Gleichgültig, wie schwierig ihr Verhältnis zu Keith war, sie konnte Danny einfach nicht enttäuschen. Aus irgendeinem Grund war er ganz hin und weg von ihr.
Es war ein harmloses Verknalltsein, und er war schon in der Lage wahrzunehmen, dass sie zu verschieden waren und dass der Altersunterschied zu groß war, als dass etwas daraus werden würde. Aber wenn er mit ihr zusammen war, war er glücklich, also gab sie sich Mühe, zu ihm besonders nett zu sein. Er war ein lieber Junge.
“Hattest du einen schönen Tag?”, fragte Casey und setzte sich an ihren Schreibtisch. Sie rief ein Formular auf ihrem Monitor auf und tippte die Einzelheiten des
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