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Der Tod trägt dein Gesicht

Der Tod trägt dein Gesicht

Titel: Der Tod trägt dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ginna Gray
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zu jagen, muss sehr stark sein.”
    “Und er wird noch stärker werden.”
    Es war schon nach Feierabend, als sie auf die Wache zurückkehrten. Als sie das Büro betraten, war Casey überrascht, dass noch alle da waren, herumhingen und sich miteinander unterhielten. Als sie aber zu ihrem Schreibtisch ging, verstummten die Männer.
    “Was? Warum guckt ihr mich alle so an?”
    Keith deutete auf ihren Tisch. “Die sind hier etwa vor zehn Minuten angekommen.”
    Erst als sie sich umdrehte, bemerkte sie einen Strauß mit Frühlingsblumen, der auf ihrem Tisch stand. Die bunten Blüten wirkten in dem grauen Büro so fehl am Platz, dass sie zweimal hinschauen musste, bevor sie ihren Augen traute.
    Casey umrundete den Tisch und berührte eines der samtigen Blütenblätter. Nie zuvor hatte ihr jemand Blumen geschickt, und sie konnte sich auch nicht vorstellen, wer es jetzt tun sollte. Sie sah sich um und schaute in erwartungsvolle Gesichter. Diese neugierigen Gaffer wollten tatsächlich nur herausbekommen, von wem der Strauß war.
    “Da steckt eine Karte”, murmelte Murphy.
    Sie musterte ihn kühl. “Das sehe ich.”
    Casey nahm den kleinen Umschlag aus dem Bouquet und zog die Karte heraus.
    “Von wem sind die?”, konnte sich Keith nicht zurückhalten. “Hast du etwa einen Freund, den wir noch nicht kennen?”
    “Tut mir leid, euch enttäuschen zu müssen, Jungs, aber diese Blumen sind von den Mädels vom Softballteam, vor denen ich am Freitag einen kleinen Vortrag über die Karrierechancen in der Verbrechensbekämpfung gehalten habe. Lies selbst.”
    Keith nahm ihr die Karte aus der Hand und las laut vor: “‘Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, uns etwas über Ihren Beruf zu erzählen. Die Trailblazers.’“ Er kratzte sich am Kinn. “Sie sind wirklich von den Mädchen.”
    “Und dafür sind wir noch so lange hiergeblieben?”
    “Ich dachte auch, uns wird was geboten.”
    Als sich die Kollegen endlich verabschiedet und das Büro unter Murmeln verlassen hatten, nahm Casey die Karte zur Hand und starrte die Nachricht an. Sie hatte keinen Zweifel daran, dass Mark ihr die Blumen geschickt hatte. Schließlich konnte er es sich leisten, und diese höfliche Geste sah ihm ähnlich. Aber er hatte sich Mühe gegeben, den kleinen Brief so unpersönlich wie möglich zu halten. Er hatte sich noch nicht mal dem Dankeschön angeschlossen.
    Und das war alles, was es dazu zu sagen gab, beschloss Casey.
    Agent Moran hielt sich insgesamt zwei Wochen in Mears auf. Hauptsächlich arbeitete sie mit Dennis und Casey zusammen. Sie sah sich noch einmal jede einzelne Notiz und jedes einzelne Foto genau an und studierte zusätzlich die Unterlagen von Casey, Dennis und den anderen Mitgliedern des Sondereinsatzkommandos. Gemeinsam hatten sie noch einige Male die Tatorte inspiziert und die Fälle diskutiert.
    Casey war von Helens Herangehensweise und von den Einsichten, die die Agentin gewonnen hatte, fasziniert. Selbst das winzigste Detail ließ Rückschlüsse auf die Denkweise und die Motive des Mörders zu.
    “Es gibt zwei Arten von Serienmördern”, erklärte Helen in einer ihrer Sitzungen. “Es gibt den organisierten und den unorganisierten Mörder. Der organisierte Täter plant seine Taten, er beobachtet und verfolgt sein Opfer häufig über mehrere Wochen, um seinen Alltag kennenzulernen. Wenn er zuschlägt, weiß er genau, wann und wo und wie er die Tat durchführt. Er bereitet sich darauf vor und hat alles dabei, was er für den Mord braucht. Der unorganisierte Mörder ist ein impulsiver Mensch. Er plant nichts. Vielleicht hat er sogar gar nicht vor, jemanden zu töten, bis ihn etwas zu seiner Tat reizt und er dann von einem unwiderstehlichen Zwang getrieben wird. Er benutzt dann irgendeine Waffe, derer er habhaft werden kann, oder er tötet das Opfer mit bloßen Händen. Im Allgemeinen ist der unorganisierte Täter am leichtesten zu stellen. Dass er nichts plant, ist für uns von Vorteil, denn er hinterlässt Spuren.
    Der Mörder, der seine Tat plant, ist dagegen schwer zu stellen – gerade weil er seine Morde so detailliert anlegt, seine Opfer sorgfältig aussucht, obwohl es nicht danach aussieht. Meistens sind es Opfer, zu denen er keinen Kontakt hat, zumindest vor der Tat nicht. Und augenscheinlich ist das die Sorte Täter, hinter dem Sie her sind.”
    So lange Helen Moran in Mears war, aß Casey meistens mit ihr zu Abend. Casey fand es interessant, mit ihr Zeit zu verbringen und etwas von ihr zu lernen.

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