Der Tod traegt Turnschuhe
dieser Schuft von Zeitwächter so einem wie Shoe einen Schutzengel gibt!«
»Ron ist kein Schuft!«, schrie Barnabas, der offensichtlich noch ein Fünkchen seiner alten Loyalität in sich bewahrt hatte.
»Ist er wohl!«, gab Nakita wütend zurück.
Ich seufzte und ließ mich mitten auf die warme Straße plumpsen, wo ich den beiden den Rücken zukehrte und darauf wartete, dass sie aufhörten, einander anzubrüllen. Wenigstens war Ron verschwunden, bevor er auch noch herausfinden konnte, dass wir das Zielobjekt schon kannten.
»Du wirst Shoe nicht töten!«, sagte Barnabas. »Das lasse ich nicht zu!«
»Vorsicht, Barnabas«, erwiderte Nakita bissig. »Deine Finsterengelfratze scheint durch.«
Oh Mann, das war gemein. Ich drehte mich um und sah, wie Nakita, eine Hand auf der Hüfte, direkt vor Barnabas stand. Sein Gesicht verdüsterte sich, als ihm ihre ganze Verachtung, die in diesem einen Wort mitschwang, entgegenschlug. Barnabas war kein Finsterengel.
Okay, er hatte sich von Ron abgewendet, aber er gehörte nicht zu diesen blutrünstigen Engeln, denen es Vergnügen bereitete, zu töten.
»Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie Shoe einen Schutzengel bekommt«, sagte Nakita und machte eine unbestimmte Geste in Richtung Stadt. »Von dem Moment an, in dem er sich dazu entschließt zu töten, wird er der Welt nur noch Unheil bringen. Ein solches Leben dürfen wir nicht verschonen!«
»Interessant, dass gerade du das sagst - tust du nicht genau das Gleiche? Menschen töten?«, schlug Barnabas zurück.
Nakita stieß vor Wut einen gedämpften Schrei aus. »Mach dein Singloch zu«, fauchte sie Barnabas an. »Diese ganzen Streitereien bringen Madison nur in Schwierigkeiten. Die Seraphim beobachten uns.«
»Dann halt du doch den Mund«, schnaubte Barnabas, aber ich spürte, wie sich eine neue Sorge unter meine alten mischte. Das hatte ich ja ganz vergessen. Die Seraphim beobachteten uns, und wenn ich es nicht schaffte, diese beiden Engel zur Zusammenarbeit zu bewegen, konnten wir sowieso einpacken.
»Barnabas«, unterbrach ich sie, ohne den Blick von dem Maisfeld zu wenden. »Macht die Tatsache, dass Ron weiß, was wir vorhaben, das Ganze unmöglich oder einfach nur schwieriger?«
Endlich hörten sie auf zu streiten. Lautlos schritt Barnabas in seinen ausgeblichenen Sneakers auf mich zu und blieb vor mir stehen. Seine Flügel waren verschwunden und er wirkte abgekämpft. Die Begegnung mit Ron hatte ihm ganz schön zugesetzt. »Solange Ron nicht herausfindet, wer das Zielobjekt ist, dürfte sich eigentlich nichts geändert haben«, antwortete er und Nakita schnaubte. »Wir müssen extrem wachsam sein, damit er uns nicht folgt. Einer von uns muss immer bei dir bleiben und die Resonanz deines Amuletts verbergen.« Sein Blick wanderte hinter mich zu Nakita. »Es wäre alles sehr viel einfacher, wenn du nicht darauf bestehen würdest, Shoe zu töten.«
»Noch habe ich ja wohl nichts gemacht!«, verteidigte sie sich. »Aber das werde ich, bevor Chronos oder einer seiner Laufburschen ihm einen Schutzengel gibt, der den Typen vor seinem Schicksal bewahrt. Ein Schutzengel bleibt für immer, und wenn der Kerl erst mal unter dem hirnlosen Schutz des Himmelreichs steht, kann er unglaublichen Schaden anrichten.«
Ich fragte mich kurz, wie viele Diktatoren der jüngeren Geschichte es gar nicht erst gegeben hätte, wenn Ron nicht einen weißen Engel geschickt hätte, um das Recht einer Seele auf freien Willen zu wahren. Seufzend stand ich auf. »Das ist echt verrückt«, sagte ich und klopfte mir den Staub von der schwarzen Strumpfhose. »Ich mag euch beide, auch wenn ich absolut nicht weiß, warum.«
Nakita blinzelte und wandte sich von Barnabas zu mir um. »Na, weil du die schwarze Zeitwächterin bist«, entgegnete sie, als wäre das vollkommen logisch.
Ich seufzte abermals und spähte die Straße hinauf und hinab. Ich wollte irgendwo anders sein. Überall anders, nur nicht hier. »Was, glaubst du, wird er jetzt machen?«, fragte ich Barnabas. »Ron, meine ich. Du kennst ihn am besten.«
Barnabas sah auf die Stelle im Asphalt, wo Ron zuletzt gestanden hatte. »Wahrscheinlich sucht er die Zeitlinien ab, um herauszufinden, wo wir gewesen sind. Und dann wird er versuchen, die Leute zu identifizieren, mit denen wir zu tun hatten. Aber solange er keinen Zeitsprung macht und die Zukunft sieht, kann er gar nichts unternehmen. Dann würde er als Erstes einen weißen Engel aussenden. Manchmal macht der schwarze Zeitwächter zuerst
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