Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod traegt Turnschuhe

Der Tod traegt Turnschuhe

Titel: Der Tod traegt Turnschuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
Vom Netzwerk:
zu schaffen - ganz zu schweigen von Nakitas schwankendem Aufstieg - und ich sah zu Barnabas hinunter, gerade als er zu uns hochblickte. Er stand in der Mitte der verlassenen Straße und durch den Luftschwall von Nakitas Flügeln bildete sich um ihn herum etwas, was beinahe wie ein Kornkreis aussah. Mein Magen rutschte eine Etage tiefer und ich klammerte mich an Nakitas Arm fest, mit dem sie mich hielt. Sie trug mein Gewicht nicht ganz so mühelos wie Barnabas, aber es klappte. Ich entspannte mich ein wenig, als ich sie erleichtert seufzen hörte. Während Nakita uns zurück nach Three Rivers flog, ging mir nicht aus dem Kopf, dass sie Mitleid mit Barnabas gehabt hatte, für den sie vorher nichts als Verachtung empfunden hatte. Also hatte ich sie tatsächlich verändert.
    Sein Leben dem Menschen zu verschreiben, der mal aus Versehen ein paar Schwarzflügel auf einen losgelassen hatte, die einem die Erinnerungen wegfraßen und die Angst vor dem Tod beibrachten - das musste verdammt hart sein.

5
    Die Spaghettisoße duftete würzig, genau wie ich sie mochte. Oder gemocht hatte. Ich drehte einen dicken Klumpen Nudeln auf meine Gabel, den ich Josh auf den Teller schieben würde, sobald mein Dad mal kurz wegsah. Tot sein war echt so was von saudoof. Mir war nie bewusst gewesen, wie gerne ich gegessen hatte, bis ich es nicht mehr konnte. Mir gegenüber in der Küche saß Nakita und schob genau wie ich ihr Essen auf dem Teller hin und her. Ihr half Josh nicht, ihre Spaghetti loszuwerden, und mein Dad fing schon an, besorgte Blicke auf ihren vollen Teller zu werfen.
    »Zu viel Oregano?«, fragte er und schob sich die Brille auf der Nase zurecht.
    »Nein, schmeckt super, Mr Avery«, nuschelte Josh fröhlich mit vollem Mund.
    Dad sah mich an. Breit lächelnd zwang ich mich dazu, mir eine Gabel voll in den Mund zu schieben und zu kauen. Es war einfach nicht das Gleiche. Die Illusion meines Körpers bezog alles, was sie brauchte, aus dem Amulett. Zusätzliche Energie von außen war nicht nötig, darum hatte ich einfach nicht mehr das Bedürfnis zu essen. Ich konnte essen, aber es war etwa so spannend, wie auf trockenen Reiscrackern rumzukauen.
    »Bestnote, Dad«, bestätigte ich, aber sein skeptisches »Mmmm« machte deutlich, dass er mir nicht glaubte. »Ich hab nur auf dem Rückweg von der Schule schon eine Kleinigkeit gegessen«, sagte ich und fügte im Geiste hinzu, letztes Jahr irgendwann, damit es sich in meinem Kopf nicht ganz so sehr wie eine Lüge anhörte.
    »Tja, dann lass das morgen bleiben, in Ordnung?«, erwiderte er und wischte sich den Mund an seiner Serviette ab, bevor er einen Schluck Wasser trank. »Ich hab nämlich keine Lust mehr, ständig was zu kochen, was du dann doch nur liegen lässt.«
    Mein Dad stand auf, ging zum Fenster über der Spüle und öffnete es. Grillengezirpe und das Rauschen eines vorbeifahrenden Autos drangen herein, zusammen mit dem goldenen Licht der tief stehenden Sonne. Blitzschnell tauschte ich mit Josh die Gabeln und Nakita zog eine neidische Grimasse. Sie würde ihr Essen irgendwie anders loswerden müssen. Josh gab sich zwar alle Mühe, aber selbst das Fassungsvermögen seines Magens hatte Grenzen.
    Nakita und ich waren gegen halb vier bei mir zu Hause angekommen, wo Josh schon auf der Treppe saß. Er sah gut aus, wie er da mit einem Stapel neuer Schulbücher auf mich wartete. Ich war ihm echt was schuldig, und zwar mehr als ein Abendessen bei mir zu Hause. Meinen Dad hatte ich von unserem Festnetztelefon aus auf der Arbeit angerufen. Dann hatten wir uns erst mal in den Garten gesetzt und Josh die ganze Geschichte erzählt, während er Kartoffelchips knabberte. Josh hatte gespannt zugehört, sichtlich enttäuscht, dass er nicht dabei gewesen war.
    Inzwischen war es fast sieben Uhr und ich machte mir langsam Sorgen wegen Shoe. Irgendwas musste Ron mittlerweile rausgefunden haben, aber Barnabas hatte noch nichts von sich hören lassen. Das bedeutete wohl, dass noch alles beim Alten war. Seufzend wickelte ich eine weitere Portion Spaghetti auf und reichte sie Josh, der mir bereitwillig seinen Teller rüberschob. Sein Kopf wippte auf und ab, während er noch hastig die vorherige Portion zu Ende kaute. Dads Schuhe quietschten auf dem Linoleum, als er sich umdrehte. Als er sich wieder zu uns an den Tisch setzte, nahm ich einen leichten Geruch von Öl und Tinte wahr, der noch von der Arbeit an ihm haftete. Ich sah ihm an, dass seine Gedanken sich mit ziemlicher Sicherheit nicht ums

Weitere Kostenlose Bücher