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Der Tod traegt Turnschuhe

Der Tod traegt Turnschuhe

Titel: Der Tod traegt Turnschuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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den Zeitsprung und manchmal der weiße.
    Aber dafür bekommt derjenige, der als Letzter springt, das klarere Bild der Zielperson. Damit ist es wieder ausgeglichen, würde ich sagen.«
    Ich nickte. Das klang einleuchtend. Je weniger Zeit zwischen dem Zeitsprung und dem betreffenden Ereignis lag, desto klarer war die Wahrnehmung des Zeitwächters. Mit einer besorgten Grimasse sah ich auf die Uhr. Es wurde langsam spät, und selbst im Flug würde es eine Weile dauern, bis ich zu Hause war. »Ich muss zurück in die Schule«, sagte ich nervös. »Mich bei meinem Dad melden. Und mir meine Hausaufgaben von Josh holen.«
    »Ich bleibe hier«, sagte Barnabas sofort und Nakita ging natürlich direkt wieder in die Luft.
    »Wieso denn du?«, fragte sie streitlustig und baute sich herausfordernd vor ihm auf.
    Ich fing Barnabas' Blick auf und signalisierte ihm wortlos, dass ich mich darum kümmern würde. Auf ihn war sie ja schon wütend genug. »Weil Barnabas nicht gleich losrennt und Shoe tötet, sobald Ron jemanden schickt, der uns beobachten soll.«
    Nakita fing wieder an zu protestieren. Langsam wurde ich sauer. »Pass auf«, sagte ich und gab mir nicht mehr ganz so viel Mühe, meine Frustration zu verbergen. »Es sind keine Schwarzflügel in Sicht. Ich hab noch keinen Zeitsprung gemacht und Ron auch nicht. Barnabas, kannst du über so eine große Entfernung hinweg auch noch meine Gedanken berühren?«
    »Nicht, wenn du abgeschirmt bist«, erwiderte er düster. »Kein Problem«, sagte ich und strich mir über den Hinterkopf, um mein Haar zu glätten. »Wenn ich zu Hause bin, muss das ja nicht sein. Ron weiß, wo ich wohne, und wenn er sieht, dass ich dort bin, beobachtet er mich vielleicht gar nicht mehr. Das heißt, du kannst uns Bescheid geben, wenn in der Zwischenzeit irgendwas passiert.«
    Es war ein guter Plan, soweit ich das beurteilen konnte. Barnabas aber wirkte genauso wenig begeistert wie Nakita. »Ja, wenn was passiert, sag ich Bescheid«, stimmte er zu. Er sah niedergeschlagen aus und mir wurde klar, dass er immer noch daran zu knabbern hatte, dass seine Resonanz offiziell im Spektrum nach unten gewandert war. Er zählte nun nicht mehr zu den weißen Engeln, egal, woran er glaubte. Seine Begegnung mit mir hatte ihn genauso ramponiert zurückgelassen wie Nakita.
    »Okay«, sagte ich kleinlaut. Ich konnte es kaum ertragen, ihn so geknickt zu sehen. Er war so lange ein weißer Todesengel gewesen. Selbst wenn sein Amulett irgendwann so schwarz wäre wie meins, würde er nie ein schwarzer Engel werden. Er würde ein Außenseiter bleiben, ganz allein, für den Rest seines Lebens.
    Ich trat zu Nakita. Einen Moment lang sah es aus, als wollte sie gegen Barnabas' Plan protestieren, aber als sie sein unglückliches Gesicht sah, stellte sie die Flügel auf, bis sich die Spitzen über ihrem Kopf trafen. Sie waren so schön, auch wenn sie nicht zu ihrer bunten Kleidung und den Sandalen passten. Ich sah flüchtig zu Barnabas hinüber und hatte ein ungutes Gefühl, ihn in dieser Stimmung hier zurückzulassen.
    »Du kannst mich doch mitnehmen, oder?«, fragte ich Nakita und ihr Blick flog ebenfalls kurz zu Barnabas. »In ein paar Sekunden wissen wir's«, sagte sie und ich war mal wieder ziemlich froh, dass ich schon tot war. Wir machten uns zum Abflug bereit und Barnabas rang sich ein Lächeln ab. »Fliegt ruhig«, sagte er. »Ich gehe irgendwohin, von wo aus ich Shoe beobachten kann, ohne dass es jemand merkt. Ich schätze, wir haben mindestens bis Mitternacht Zeit, bevor Ron Shoes Resonanz aus dem Zeitgewebe gefriemelt hat.«
    Er wirkte so unsicher, dass ich nicht wusste, ob ich ihm glauben sollte. Seufzend trat ich einen Schritt zurück zu Nakita, die mir zögernd ihren Arm um die Taille legte. Ich strauchelte, als sie ihre Flügel ausbreitete. Wir stiegen ein paar Zentimeter in die Luft und kippten dann wieder runter. Mein Herz raste und Nakita verlagerte ihr Gewicht.
    »Tut mir leid, dass du jetzt anders bist«, sagte sie zu Barnabas. Sie sprach leise, aber sein wuscheliger Lockenkopf bewegte sich ganz leicht und ich wusste, dass er sie gehört hatte. »Sie verändert uns alle«, fuhr sie fort, als würde ich nicht direkt neben ihr stehen. »Vielleicht ist das ihre Bestimmung.«
    »Ja, vielleicht«, stimmte Barnabas zu und duckte sich dann, als Nakita mit den Flügeln schlug.
    Die Maisstängel um uns herum bogen sich und plötzlich waren wir in der Luft. Die unvermittelte Veränderung des Luftdrucks machte mir ein bisschen

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