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Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Titel: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Niedlich
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das Gefühl nicht los, dass Anja versuchte, schwanger zu werden, um mich dann mit einem Kind zu überraschen. Zumindest musste ich das glauben, als mir im Badezimmer zufällig ihre Pillenpackung in die Hände fiel. Offenbar hatte sie seit einiger Zeit keine mehr genommen.
    Als ich sie darauf ansprach, wich sie meinen Fragen aus. Es dauerte eine Weile, bis sie es endlich zugab. Wir stritten uns ziemlich heftig und brachten schließlich auch Tobias zum Weinen. Abends im Bett wollte Anja Versöhnungssex mit mir, aber nachdem sie mich derart angelogen hatte, konnte ich ihr nicht mehr vertrauen und stieß sie fort. Unser Liebesleben war danach praktisch nicht mehr vorhanden, was zu weiteren Unstimmigkeiten in unserer Beziehung führte.
    Beruflich hatte ich mit nicht weniger Spannungen zu tun. Zwar lernte und assistierte ich weiterhin, aber ein Großteil meiner Arbeitszeit ging mittlerweile für organisatorische Aufgaben drauf. Berichte zu schreiben war dabei noch die dankbarste Aufgabe, Aktenberge kopieren und sortieren dagegen offenbar eine Tätigkeit, für die man sechs Jahre Medizin studiert haben musste. Immerhin hatte ich wenigstens manchmal das Gefühl, dass zum Auffinden von Röntgenaufnahmen mein kriminalistischer Spürsinn gefragt war.
    Mein Berufs- und Familienleben kollidierten auf fatale Weise miteinander, als ich auf einer Fortbildungsveranstaltung in Bochum war. Während ich den Vorträgen lauschte, hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Sobald ich mich ein wenig umsah, entdeckte ich ein paar Reihen von mir entfernt Simone, die mich unverwandt anstarrte. Als sie bemerkte, dass ich sie ebenfalls gesehen hatte, winkte sie mir zu.
    Nachdem der Vortrag beendet war, machte ich den Fehler, nicht schnell genug zu verschwinden. Sie kam auf mich zu und verwickelte mich in ein Gespräch. Es wurden die üblichen Floskeln ausgetauscht. Wir fragten uns, wie es dem jeweils anderen ging. Sie sagte mir, dass ich gut aussehen würde, ich sagte dasselbe über sie. Das stimmte tatsächlich. Sie hatte zwar die mittleren 40er überschritten, hatte sich aber gut gehalten. Zu allem Überfluss stellten wir dann noch fest, dass unsere Hotels nur ein paar Meter auseinanderlagen. Als sie mich auf einen Drink einlud, blieb mir fast nichts anderes übrig, als ja zu sagen.
    Noch immer war ich kein großer Trinker, aber Simone gelang es, mir an der Bar zumindest zwei Kurze aufzuschwatzen. Sie selbst kippte sich ein paar mehr hinter die Binde und schien relativ schnell einen sitzen zu haben. Im Nachhinein war mir natürlich klar, dass sie nur simuliert hatte, aber zu dem Zeitpunkt war ich derselben Meinung wie der Barmann, nämlich dass sie besser ins Bett gehörte.
    Als ich sie durchs Foyer zum Aufzug brachte, wurde sie ziemlich anzüglich. Der Concierge und einige Gäste wurden Zeuge, wie sie mir am Ohr knabberte und mir in den Schritt fasste. Im Aufzug, in dem wir nicht allein waren, rieb sie sich an mir, bevor ich sie wieder einigermaßen gerade hinstellen konnte und nervös die anderen Gäste anblickte. Noch immer war ich der Meinung, dass es lediglich ein Freundschaftsdienst war, wenn ich sie auf ihr Zimmer bringen würde.
    Kaum hatte sie die Tür aufgesperrt, warf sie mich hinein und auf ihr Bett. Sie riss mir buchstäblich die Hosen des Anzugs auf, so dass der Knopf quer durch den Raum flog. Während sie weiter an meiner Hose herumnestelte, küsste sie meinen Hals und versuchte mein Hemd zu öffnen. Ich wand mich aus ihren Armen und ließ sie auf dem Bett liegen.
    „Was?“, fragte sie.
    „Ich kann das nicht.“
    „Kriegst du plötzlich keinen mehr hoch?“, sagte sie, und sie klang dabei nicht so angetrunken wie die Minuten zuvor.
    „Meine Ehe ist im Moment vielleicht nicht sehr glücklich, aber ich werde bestimmt nicht meine Frau betrügen.“
    Sie pustete sich ein paar Haare aus dem Gesicht. „Okay.“
    Sie lag einfach nur auf dem Bett und schaute mich an. Kein weiteres Wort folgte. Im Grunde war ich nur froh, dass es noch so glimpflich ausgegangen war, denn ehrlich gesagt wusste sie immer noch sehr genau, wie sie mich anzupacken hatte, und mein Körper wäre nur allzu gern auf ihr Angebot eingegangen. Stattdessen zog ich mir die Hose zurecht und verabschiedete mich in mein Hotel.
    Am nächsten Tag gab es bis mittags noch einige Veranstaltungen, dann nahm ich den Zug zurück nach Berlin. Im Grunde war die Bahnkarte unnütze Geldverschwendung meinerseits, da ich einfach nach Hause hätte springen können. Aber erstens

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