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Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens

Titel: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Niedlich
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weg.
    „Das ist wirklich schade.“
    „Ja, finde ich auch. Tut mir leid.“
    „Kannst du nicht doch etwas länger bleiben? Wir haben noch gar nicht getanzt.“
    Ich druckste rum. „Du hast doch schon einen Tanzpartner.“
    „Der? Ach … ich würde lieber mit dir tanzen.“
    „Ich fürchte nur, dass ich kein großer Tänzer bin.“
    Das war die Untertreibung des Jahres. Tatsächlich hatten sich bei einer früheren Party die meisten Leute in Sicherheit bringen müssen, als ich zu tanzen versuchte.
    Conny schaute enttäuscht. Tatsächlich kam ich mir nun noch viel blöder vor.
    „Vielleicht kann ich das ja wiedergutmachen, und wir gehen mal zusammen ins Kino oder so“, sagte ich schnell. Ihre Augen begannen zu leuchten. Sie hatte schon ein paarmal Andeutungen gemacht, dass sie diesen oder jenen Film gerne sehen wollte, aber ich hatte immer geschickt vom Thema abgelenkt.
    „Das würde mir gefallen“, sagte sie.
    „Gut, dann … machen wir das bald.“
    Sie lächelte. „Da freue ich mich drauf. Ich mag dich nämlich sehr.“
    „Ich dich auch“, entgegnete ich.
    „Aber ich mag dich wirklich SEHR“, sagte sie.
    Ihre blauen Augen schauten hinauf in meine. Unwillkürlich musste ich an Anja denken. Im nächsten Moment nahm ich Conny in den Arm und küsste sie voll auf den Mund.
    Für meinen ersten richtigen Kuss war es vermutlich gar nicht so schlecht, auch wenn kein Hollywood-Orchester den Soundtrack dafür lieferte. Vielleicht lag es daran, dass dieser Kuss eher eine Reflexhandlung war und ich einen Moment lang sogar dachte, dass ich komplett verrückt geworden sein musste. Aber sie erwiderte den Kuss, und alle meine Bedenken verflüchtigten sich so schnell, wie sie gekommen waren.
    Nach einer Weile, die irgendwas zwischen drei Sekunden und drei Stunden gedauert hatte, lösten sich unsere Lippen voneinander. Sie lächelte.
    „Das mit dem Kino sollten wir möglichst bald machen, denke ich“, war das Erste, was ich von mir gab. Sie nickte nur und zog mich dann noch einmal an sich.
    Trotz des „Lippenvorfalls“ verabschiedete ich mich und ging zum Bus. Was war da gerade geschehen? In meinem Kopf ging es drunter und drüber. Auf jeden Fall war die Busfahrt bei weitem nicht ausreichend lang genug, um diesen Moment vor meinem geistigen Auge wieder und wieder ablaufen zu lassen. Auch als ich zu Bett ging, spielte die Szene immer und immer wieder in meinem Kopf.
    ***
    Bis ich das nächste Mal von Conny hörte, dauerte es ein paar Tage. Zu dieser Zeit, in denen Handys noch eine Seltenheit waren, telefonierte man eher über Festnetz. Da Conny das Wochenende über mit ihren Eltern beschäftigt und ich auf der Station beziehungsweise mit meinen Eltern auf dem Trödelmarkt war, hatte ich also zwei Tage lang Zeit, darüber nachzugrübeln, ob ich jetzt tatsächlich eine Freundin hatte oder nicht.
    Offenbar hatte ich sie. Conny rief mich am Sonntagabend daheim an, und wir redeten eine ganze Weile, bis mein Vater irgendwann in mein Zimmer kam und fragte, ob mir schon Blut aus dem Ohr tropfen würde. Ich fand das einigermaßen amüsant, da er selber dazu neigte, Marathonsitzungen am Telefon abzuhalten. Deshalb, und um nicht den Apparat meiner Eltern andauernd zu belegen, besorgte ich mir bald eine eigene Telefonleitung. Außerdem wollten meine Eltern nicht die Rechnung bezahlen, die ich womöglich verursachen würde.
    Während der Sommer dem Ende entgegenging, begann unsere Beziehung aufzublühen. Auf der Station sagten alle, sie hätten schon immer gewusst, dass wir irgendwann zusammenkämen. Wenn wir am Wochenende mehr als acht Leute waren, teilten Conny und ich uns eine Koje, allerdings spielte sich darin in sexueller Hinsicht nichts ab.
    Dies war genau der Punkt, der Conny nervte. Sie schien es wirklich unbedingt zu wollen. Manchmal rieb sie sich in der Koje derartig an mir, dass ich sie daran erinnern musste, dass wir nicht allein waren. Wenn wir im Kino waren, konnte sie die Finger gar nicht von mir lassen. Wir knutschten so heftig rum, dass ich bis heute nur die ersten und die letzten fünf Minuten von „Gefährliche Brandung“ gesehen habe. Und wir waren tatsächlich zweimal drin, weil zum einen ich den Film wirklich sehen wollte und zum anderen sie total auf Patrick Swayze abfuhr. Immerhin zwang sie mich niemals dazu, „Dirty Dancing“ mit ihr anzusehen.
    Tod hatte mich ein-, zweimal besucht, allerdings hatte ich ihn immer abgewimmelt, weil ich gerade mit Conny telefonierte oder ihren Anruf erwartete. Seine

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