Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
in allem als eine Art belebendes Tonikum gewirkt zu haben. John Sowden sollte ob seiner Unverwüstlichkeit voll des Lobes sein, statt eine Schnute zu ziehen. »Mal sehen, wie es Ihnen in ein paar Tagen geht«, sagte der Arzt ausweichend. »Ellie, schön, Sie wiedergesehen zu haben. Achten Sie darauf, dass er auch brav ist.« Er ging.
    »John sollte mal wieder seinen ärztlichen Charme etwas auffrischen, meinst du nicht auch?«, sagte Pascoe.
    »Wahrscheinlich befürchtet er, es könnte eine verzögerte emotionale Reaktion eintreten«, sagte Ellie vorsichtig.
    »Er hat mit dir gesprochen? Sag mir nicht, dass er dir mir dem abgedroschenen Gerede vom posttraumatischem Stress-Syndrom gekommen ist!« Pascoe stieß ein rauhes Lachen aus. »Hör zu, wenn ich jemals Selbstmitleid empfinden sollte, muss ich nur an Andy denken, der hier im Koma liegt.«
    Ellie drückte ihm die Hand.
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte sie. »Oft wünsche ich mir, die Erde würde sich auftun und den alten Dreckskerl einfach verschlingen, aber es ist fast unmöglich, sich eine Welt ohne Andy vorzustellen, nicht wahr?«
    »Nicht nur ›fast‹«, sagte Pascoe. »Du sagtest, du hättest Cap getroffen. Wie nimmt sie es auf?«
    »Schwer zu sagen. Sie hat mir mal erzählt, das Einzige, was sie auf St. Dot’s gelernt hätte, wäre, mit Krisen und Katastrophen zurechtzukommen, ohne es sich anmerken zu lassen. Während wir, der Plebs, herumschreien und kreischen und aufgescheucht hin und her laufen, wahren Leute aus Caps Schicht die Fassade und kümmern sich um die praktischen Dinge.«
    Pascoe musste über das »wir, der Plebs« lächeln. Trotz all ihrer Anstrengungen, sich permanent sozial niedriger einzustufen, um im Klassenkampf ihre Street Credibility unter Beweis zu stellen, kam Ellie aus einer Familie von unheilbaren Kleinbürgern. Cap Marvell dagegen, die sich nie bemüht hatte, ihre Herkunft aus der Oberschicht und die entsprechende Ausbildung zu verleugnen, war in ihren Bemühungen, sich ihres Stallgeruchs zu entledigen, sehr viel erfolgreicher gewesen. Und es konnte dabei auch nicht von Nachteil sein, wenn man dabei eine Geheimwaffe wie Andy Dalziel in petto hatte.
    Pascoe mochte sie auf eine vorsichtige Art und Weise. Sie tat Dalziel gut, emotional, intellektuell und, so war anzunehmen, auch körperlich, aber die Leichtigkeit, mit der sie zugunsten ihrer Tierrechtsangelegenheit die Gesetze dehnte, war für jeden Polizisten eine Zeitbombe. Andererseits sah er darin einen von Gottes besseren Witzen, dass nach den langen Jahren plumper Spötteleien über Ellies Engagement als politische Aktivistin Dalziel sich selbst eine solche Sprengbüchse zugelegt hatte.
    »Worüber grinst du?«, fragte Ellie.
    »Nur über das Vergnügen, dich hierzuhaben«, sagte er.
    »Das will ich hoffen. Ich kann nicht lange bleiben. Rosies Probe ist um sieben zu Ende.«
    Pascoe schauderte. Öffentliche Aufführungen des Schulorchesters, in dem seine Tochter die Klarinette spielte, waren schon schlimm genug. Wie eine Probe sich anhörte, mochte er sich gar nicht vorstellen.
    »Wollte sie mich nicht besuchen kommen?«, fragte er wehleidig.
    »Natürlich. Aber es hat doch keinen Sinn, das Kind zu traumatisieren. Ich wollte erst sichergehen, dass sie bei deinem Anblick keinen Schock erleidet, also hab ich ihr gesagt, das Krankenhaus hat Besuche von Kindern bis morgen verboten.«
    »Morgen komme ich nach Hause«, protestierte Pascoe. »Es geht mir gut, egal, was diese Amateur-Psychiater sagen.«
    »Abwarten, was John sagt«, sagte Ellie. »Vielleicht müssen noch einige Tests gemacht werden.«
    »Du kennst mich doch«, sagte Pascoe überzeugt. »Leg mir einen Test vor, und ich meistere ihn spielend.«
    Sie beugte sich über ihn, küsste ihn lange und fest, während sie gleichzeitig die Hand unter die Decke gleiten ließ. Nach etwa einer halben Minute zog sie sie zurück und sagte:
    »Ja, du scheinst überzeugende Fortschritte zu machen.«
    »Mehr als du dir vorstellen kannst«, sagte Pascoe mit eher rauher Stimme. »Teste mich noch mal.«
    »Ich denke, einmal reicht in diesem Stadium deiner Rekonvaleszenz«, erwiderte sie spitz.
    »Meinst du? Glaubst du, die Krankenschwestern hier sind in dieser Technik ausgebildet?«
    »Ja, aber dazu müsstest du Privatpatient sein. Apropos, die nette matronenhafte Frau mit dem schottischen Akzent, wer ist sie?«
    »Sandy Glenister? Eine Chief Superintendent von der Anti-Terror-Einheit.«
    »Das, glaube ich, hat sie auch gesagt, aber ich habe

Weitere Kostenlose Bücher