Der Tod und der Dicke
Mann.
»Nicht unbedingt die Waffe, die man von einem gut organisierten, aus sicherer Distanz operierenden Attentäterteam erwarten würde«, sagte Pascoe. »Gibt es schon ein Bekennerschreiben? Zum Beispiel von diesen Templern?«
»Bislang nichts«, sagte Rod unbekümmert. »Aber dazu ist es ja noch zu früh. In der Zwischenzeit, für den Fall, dass es wirklich eine Verbindung gibt, wollen sie, dass wir die Einzelheiten in unsere Suche mit einfließen lassen.«
Also, dachte sich Pascoe, keine Aufregung, keine Spannung, nur weiteres sinnloses Treiben.
Um halb sechs stand er wieder vor Glenisters Tür, die noch immer verschlossen war.
Frustriert wandte er sich ab, doch in diesem Augenblick sah er die Superintendent mit Freeman in ein Gespräch vertieft durch die Tür am Ende des Gangs kommen. Sie wirkte nicht sonderlich erfreut, als sie ihn bemerkte, aber ihr gelang ein Lächeln, während sie sich näherte und ihn begrüßte.
Sie sah abgespannt aus, erkannte er aus nächster Nähe, worauf er sich sogleich beeilte, mit aller Macht auf diesem kleinen Aufflackern seines Mitgefühls herumzutrampeln.
»Kann ich Sie sprechen, Ma’am?«, fragte er förmlich.
»Ich bin momentan ein wenig unter Druck«, sagte sie.
»Kann es bis morgen warten?«
»Nein«, sagte er. »Kann es nicht.«
Freeman warf ihm einen Schon-verstanden-Blick zu.
»Gut, kurz nur. Dave, ich komme gleich nach.«
Sie sperrte die Tür auf, und er folgte ihr ins Büro. Weder nahm sie selbst Platz, noch forderte sie ihn dazu auf, sich zu setzen.
»Also, Peter, womit kann ich Ihnen dienen?«, fragte sie.
»Sie können mir eine sinnvolle Arbeit geben«, entgegnete er.
»Aber was Sie machen, ist extrem sinnvoll …«
Er schnaubte. Seine Frau konnte sehr gut schnauben, Dalziel schnaubte wie ein Weltmeister, sogar von Wield, dem nur selten unzensierte Emotionen entschlüpften, war bekannt, dass er manchmal ausdrucksstark ausatmete. Für jemanden aber, der von seinem dicken Boss als Leisetreter, als Krampfarsch-Pascoe tituliert wurde, hatte das Schnauben auf der Schall-Skala noch nie einen großen Stellenwert eingenommen.
Jetzt aber kam es aus ihm raus, als wäre er der geborene Schnauber; dem Laut nach zu urteilen klang es, wohl wahr, eher nach einem Pferd, nicht nach einem Schwein, aber es war kraftvoll und sehr eindeutig.
»Sinnvoll? Ich habe meine Zeit schon sinnvoller mit der Lektüre von Martin Amis verbracht«, höhnte er. »Wenn Sie mich wirklich aufs Abstellgleis schieben wollen, warum schicken Sie mich nicht ans Meer und lassen mich Sandkörner zählen?«
Glenister wirkte betroffen.
»Peter, es tut mir leid, aber ein Großteil unserer Arbeit hier ist eben so. Die ersten fünf Jahre sind meistens die schlimmsten.«
Sie schenkte ihm ihr süßes mütterliches Lächeln, das sie einem Renaissance-Künstler für seine nächste Madonna mit Kind hätte verkaufen können. Er antwortete darauf mit seiner Da-gibt-es-nichts-zu-lachen-das-sind-meine-Gefühleauf-die-du-scheißt-Grimasse, die er von seiner Tochter gelernt hatte.
Freeman steckte seinen Kopf zur Tür herein. Der Mistkerl hatte wahrscheinlich gelauscht.
»Sandy, Bernie hat mich gerade angepiept. Er wartet …«
»Schon unterwegs. Tut mir leid, Peter«, sagte Glenister und drängte ihn durch die Tür. »Ich würde mich gern noch länger mit Ihnen unterhalten, aber wenn der Meister ruft … Ich will Ihnen was sagen, Sie sehen ein wenig müde aus. Wir dürfen nicht vergessen, was Sie durchgemacht haben. Nehmen Sie sich morgen Vormittag doch einfach frei, schlafen sich aus, machen einen kleinen Spaziergang durch die Stadt, sehen sich die Sehenswürdigkeiten an. Dann treffen wir uns auf ein Sandwich im Mozart, um ein Uhr, und überlegen uns, wie wir Ihr mächtiges Gehirn am besten beschäftigen wollen.«
Er sah ihr nach, während sie durch den Gang eilte. Er fühlte sich ausgeschlossen. Auch wenn es natürlich keinen Grund gab, warum man ihn miteinschließen sollte, wenn es wahrscheinlich nur um die Nachbesprechung des Carradice-Verfahrens oder die Lagebesprechung zum Attentatsversuch auf Scheich Ibrahim ging. Im Moment jedoch hatte er das Gefühl, als sei das Gebäude voller Türen, die ihm alle fest verschlossen waren.
Dann fiel ihm auf, dass es eine Tür gab, auf die das nicht zutraf. Glenister hatte vergessen, ihre Tür abzusperren. Der Gang war leer. Er drückte die Tür auf und ging hinein. Er hatte keine Ahnung, was er zu finden hoffte. Vielleicht irgendeine Akte oder ein
Weitere Kostenlose Bücher