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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Memorandum, das ihn persönlich betraf und in dem aufgelistet stand, was sie mit ihm hier vorhatten. In Wirklichkeit aber befolgte er nur eines von Dalziels Dikta: Welche Zufälle dir der liebe Herrgott auch immer in die Hände spielt, schnapp zu und stell nachher die Fragen!
    Er erinnerte sich, einmal mit Dalziel in Dan Trimbles Büro gebeten worden zu sein. Der Chef würde in einer Minute kommen, hatte ihnen seine Sekretärin versichert. Sobald die Tür hinter ihr geschlossen war, hatte der Dicke die Schubladen geöffnet und dann, als er Pascoes tadelnde Miene wahrnahm, grinsend rezitiert: »Was macht die emsig kleine Biene, um jede Stunde zu vergolden? Hallo, was haben wir denn da?«
    Alles, was er da hatte, war eine Flasche zwölf Jahre alten Glen Morangie, aus dem er sich einen großzügigen Schluck gönnte, bevor seine Frühwarnsensoren ihn zu seinem Stuhl zurückkehren ließen, bereit, Trimble einige Sekunden später mit einem breiten Lächeln willkommen zu heißen.
    Einen Drink könnte ich auch gebrauchen, dachte sich Pascoe.
    Er fing mit den Schreibtischschubladen an. Es gab nur drei davon, zwei flache, eine tiefe. Die tiefe war abgesperrt. Die flachen enthielten nichts Interessanteres als Stifte und einige Schokoladenkekse. Smarties reichten nie und nimmer für eine Frau ihrer Figur, vor allem dann, wenn die blauen wie angekündigt vom Markt genommen werden sollten.
    Er betrachtete die tiefe Schublade. Wer A sagt, muss auch B sagen. Aus seiner Brieftasche nahm er einen kleinen Lederumschlag, der verschiedene dünne Metallstifte enthielt. Viele CID-Beamten besaßen ein solches Werkzeugtäschchen, das gewöhnlich bei Einbrüchen als Beweismittel sichergestellt und dann irgendwie nicht mehr den Weg in die Asservatenkammer gefunden hatte. Der kriminellste Gebrauch, den Pascoe bislang davon gemacht hatte, war in einer dunklen, stürmischen Nacht gewesen, als er damit eine Wegfahrkralle knackte, nachdem er zwei Stunden lang kein Taxi bekommen hatte.
    Verglichen mit der Kralle war das Schloss ein Kinderspiel. Die Schublade enthielt trotz ihrer Tiefe nichts weiter als einen schmalen Plastikordner, der sich aber als potenzieller Schatz herausstellte. Auf den Umschlag war in Glenisters kühner Handschrift Mill Street gekritzelt. Eingelegt waren etwa ein Dutzend Seiten, die mit einer Plastikklammer zu fünf oder sechs Abschnitten zusammengeheftet waren. Für mehr als nur einen flüchtigen Blick war keine Zeit. Mit jeder Sekunde, die er länger blieb, erhöhte sich die Gefahr, entdeckt zu werden. Angesichts der Paranoia, die hier herrschte, musste er sowieso davon ausgehen, dass er gerade gefilmt wurde.
    Er wählte zwei Abschnitte mit jeweils zwei Blättern, der eine enthielt den Bericht zur Sprengstoffanalyse, der noch nicht einmal Edgar Wields elektronischen Taschenspielertricks zugänglich gewesen war, während der andere mit der Untersuchung der Leichen aus Hausnummer 3 zu tun hatte.
    Er trug die Blätter zum Fax-Gerät an der Wand und ließ sie durch die Kopierfunktion laufen. Dann, nachdem er mit seinem Taschentuch von allem, womit er in Berührung gekommen war, sorgfältig seine Fingerabdrücke gewischt hatte, legte er den Ordner zurück, verschloss die Schublade und ergriff die Flucht.
    Als er an der Theke im Foyer seine Sicherheitsplakette hinterlegte und zum Ausgang eilte, war ihm, als würde er sichtbare Wolken seines schlechten Gewissens hinter sich herziehen. Erst in seinem Hotelzimmer entspannte er sich.
    Doch selbst hier konnte das Gefühl der Sicherheit trügen. Schließlich war er von der CAT einquartiert worden. Aber wenigstens, sagte er sich, als er eine Flasche Becks aus der Minibar pflückte und sich im tiefen, weichen Armsessel niederließ, waren sie keine Pfennigfuchser.
    Schon nach einem kurzen Blick auf die Sprengstoffanalyse wusste er, dass jemand mit technischem Sachverstand einen Blick darauf werfen musste, um ihr irgendeinen Sinn zu entlocken.
    Er wandte sich dem zweiten Paar Blätter zu.
    Sie erwiesen sich als zugänglicher. Sie enthielten alles über Todesursache und Identifizierungsmerkmale, was er bereits mündlich von Glenister vernommen hatte. Dazu aber fanden sich Querverweise auf andere Funde und den sich daraus ergebenden Hypothesen, die, wie er nach einer Weile bemerkte, in einem eigenen Bericht abgehandelt worden sein mussten. Soweit er es eruieren konnte, hatte es mit der Lage der Gliedmaßen und der Untersuchung der Mundhöhlen zu tun.
    Bei dem Gedanken, auch dieser Bericht

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