Der Tod und der Dicke
Regierung schließlich intervenierte und Kai nach einer einmonatigen Haft freigelassen wurde.«
Ja, es war dieser Sarhadi.
Scheiße, dachte sich Pascoe.
»Aktiv an der Kampagne beteiligt war seine Verlobte Jamila, die heute Abend bei uns im Publikum sitzt. Ja, hier ist sie. Einen großen Applaus für sie.«
Die Kamera schwenkte auf eine junge südasiatische Frau in einer der hinteren Reihen. Einen Augenblick lang wirkte sie verwirrt und wandte sich an die nur etwas ältere Frau neben ihr, die ihr beruhigend den Arm drückte. Dann, als sie sich gefangen hatte, lächelte sie und winkte den Applaudierenden zu. Sie war sehr hübsch, Pascoes Blick allerdings wurde von ihrer Gefährtin angezogen. Sie hatte ein schmales, nahezu ausgemergeltes Gesicht, dessen Blässe durch das rabenschwarze Haar, so kurz geschnitten, dass es fast aufgemalt wirkte, noch unterstrichen wurde; es waren auffallende Gesichtszüge, die an einem Wandgemälde in einem ägyptischen Grab nicht fehl am Platz gewesen wären.
Die Kamera rückte wieder Fidler ins Bild. »Wenn ich mich recht erinnere, sagten Sie, werden Sie morgen in einer Woche erneut Ihre Freiheit aufgeben, Kai?«
»Richtig!«, erwiderte Sarhadi. »Nur diesmal muss ich nicht den britischen Konsul darum fragen!«
Lachen und Applaus. Als dieser abebbte, sagte Fidler: »Mein letzter Gast ist die Romanschriftstellerin Eleanor Soper aus Mid-Yorkshire.«
Ellies Gesicht erschien. Nach Pascoes Dafürhalten sah sie phantastisch aus, aber das tat sie für ihn immer. Telepathisch versuchte er ihr seinen Ratschlag zuzuflüstern: Trau diesem schleimigen Scheißkerl nicht einen Zentimeter über den Weg!
»Ells Debütroman schlug vergangenes Jahr in den literarischen Kreisen ein wie eine Bombe. Sie gilt als das aufregendste neue Talent, das in den letzten Jahren aufgetaucht ist. Ihr Buch geht unumwunden moderne Themen und Problemstellungen an, und nach allem, was mir über Ell zu Ohren gekommen ist, trifft das auf sie ebenfalls zu. Wenn das stimmt, Ell, sind Sie hier am richtigen Platz!«
Ellie zuckte zusammen – ob wegen der Übertreibungen, die mehr Fiktion enthielten als ihr Buch, oder wegen ihres abgekürzten Namens, war nicht klar – und konnte sich dann zu einem bescheidenen Lächeln aufraffen.
»Jungs und Mädels«, fuhr Fidler fort, »gleich könnt ihr selbst herausfinden, aus welchem Holz meine Gäste geschnitzt sind. Zuerst aber einen großen Applaus für die heutige Sendung von Fidlers Dreier!«
Das Publikum brach in enthusiastischen Beifall aus. Es saß eng gedrängt in einem leicht geschwungenen Halbkreis direkt vor den Podiumsgästen. Noch nicht einmal ein Tisch stand dazwischen. Die Zuschauer der ersten Reihe hätten sich nur ein Stückchen nach vorn zu beugen brauchen, um den Showgästen das Knie zu tätscheln. In meiner Sendung kann sich niemand verstecken !, lautete ein weiterer von Fidlers Sprüchen.
Anfangs schien alles wunderbar zu laufen. Fidler brachte die Sache ins Rollen, indem er Kentmore fragte, wie vielen Politikern er zutrauen würde, eine Kuh von einem Kohlkopf zu unterscheiden. Gewandt redete Kentmore von den seiner Meinung nach wahren Problemen der Landwirtschaft. Das Publikum fiel allmählich mit ein.
Pascoe hatte den Verdacht, Fidler würde wie der Premierminister in der Fragestunde Komparsen im Publikum sitzen haben, die gezielt Fragen einstreuten. Ein schmuddeliger junger Mann, der zu sehr nach Jagd-Saboteur aussah, um wirklich einer zu sein, versuchte die alte Fuchsjagd-Debatte anzuleiern, wurde von Kentmore aber einfach zur Seite gewischt.
»Wenn ich mit einem Fuchs zu schaffen habe, dann erschieß ich ihn. Ich hab noch nie eingesehen, warum ich es riskieren soll, mir das Genick zu brechen, wenn ich diesen verdammten Viechern im Galopp hinterher jage.«
Applaus, und Ellie, die aussah, als versuchte sie sich für ihre Tirade gegen diesen blutigen Sport in Fahrt zu bringen, versank in ihrem Sessel.
Ermutigt vom Applaus, fuhr Kentmore fort: »Da ja nun die Fuchsjagd mit Hunden verboten ist, könnten wir das Problem doch lösen, indem wir die Füchse durch, sagen wir mal, Journalisten ersetzen – aber ich glaube, die armen Hunde werden sie nicht sehr genießbar finden.«
Wieder nickte Ellie, Kalim Sarhadi hingegen schüttelte heftig den Kopf. »Schön und gut, wenn Sie Witze über Journalisten reißen, Maurice, aber wären nicht die Jungs von der Bradford News und deren Kumpel gewesen, dann wäre ich jetzt wahrscheinlich in der Guantanamo Bay an
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