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Der Tod und der Dicke

Der Tod und der Dicke

Titel: Der Tod und der Dicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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schon wieder im Dienst befinden. Aber sind ihm durch die Gesetze, die er zu schützen hat, nicht zu sehr die Hände gebunden? Und was ist mit Ihnen, Ell? Welche Gefühle bringen Sie jenen Menschen entgegen, die Sie beinahe zur Witwe gemacht hätten?«
    Es war glasklar, wie Ffion es geschafft hatte, Ellie mit ihrer unbeeindruckenden literarischen Karriere in die Sendung zu bringen.
    Du hinterhältige Kuh!, dachte Pascoe. Du mit deinem Doppel-F!
    Wenigstens sollte es jetzt keinen Dalziel mehr brauchen, um Ellie zu sagen, wofür das zweite stand.
    Angespannt wartete er auf ihre Antwort. Ein nichtssagendes kein Kommentar war wahrscheinlich am besten, aber Ellie war nicht der Typ, der keinen Kommentar abgab. Er biss die Zähne zusammen und wartete auf die Explosion.
    Doch trotz seiner großen Liebe und Bewunderung konnte er seine Frau noch immer unterschätzen.
    Sie beugte sich vor, sehr ernst, und sagte: »Nun, Joe, vielleicht sollte man erst die weitere Entwicklung abwarten, denn letztlich will die Polizei doch nur auf gleicher Augenhöhe …«
    Chaos brach aus. Tiergekreische schallte aus den Lautsprechern, darüber ertönte eine parlamentarische Stimme: »Zur Ordnung! Zur Ordnung!« Hupen dröhnten, Lichter blitzten auf, das Publikum schrie »Klischee, Klischee!« und erhob sich, um bunte Pingpongbälle auf Ellie abzuschießen, die ohne zu zucken das Bombardement über sich ergehen ließ.
    »Oh, Ell, Ell!«, schrie Fidler. »Das kostet Sie eine Stange Geld! Okay, Leute, beruhigt euch, danke, ich denke, wir haben den gefürchteten Klischees gezeigt, was wir von ihnen halten …«
    Der Bälleschauer schwächte sich zu einem Nieseln ab, das Publikum nahm wieder Platz. Nur eine Frau in der ersten Reihe blieb stehen, die Hand noch immer in ihrer Plastiktüte.
    »Sie können mich nicht hinters Licht führen«, schrie sie.
    »Sie haben alles verdient, was Sie gekriegt haben, Sie Mörder! Sie sind genau wie die anderen in dieser Moschee, Sie und Ihr Scheich. Sie schicken die Scheißkerle los, damit sie Ihre Drecksarbeit erledigen, aber Sie sind genauso schlimm. Jeden Einzelnen von euch sollte man einsperren und den Schlüssel wegwerfen!«
    Ihr Wutausbruch richtete sich offensichtlich gegen Sarhadi, der genau vor ihr saß.
    Sie zog ihre Hand aus der Plastiktüte. Darin hielt sie eine Waffe.
    Den Bruchteil einer Sekunde glaubte Pascoe, sie wäre ebenfalls eine von Fidlers Komparsen.
    Dann sah er die Miene des Moderators. Sogar das Make-up konnte dessen bleiches Erschrecken nicht verbergen. Seine Lippen bewegten sich, aber es kam nichts heraus. Er wollte sich nach hinten stoßen, schaffte es aber nur, seinen Drehsessel in Bewegung zu setzen, der herumwirbelte, immer wieder, bis der Moderator von seinem eigenen Mikrokabel gefesselt war.
    Die Waffe kam hoch. Sie war auf Sarhadi gerichtet, der lediglich darauf starrte und noch nicht die Zeit gefunden hatte, seinen Unglauben in Angst aufzulösen.
    Jemand schrie. Links und rechts der Frau gaben die Gäste, die am besten plaziert waren, um einzugreifen, ihrem Selbsterhaltungstrieb nach und warfen sich zur Seite.
    Und Ellie erhob sich aus ihrem Sessel. Pascoes scharfsinnigem Blick nach sah sie nicht so aus, als würde sie auch nur daran denken, in Deckung zu gehen oder davonzulaufen.
    »Nein«, schrie er. »Sei nicht dumm! Nein!«
    So hatte er nicht mehr auf den Bildschirm eingebrüllt, seitdem er als kleiner Junge vor dem samstagvormittäglichen Kinderprogramm gesessen hatte.
    Und dann, als wäre er beleidigt, zeigte der Bildschirm, den er so anschrie, nur noch ein vollkommen leeres Bild.

6
    Kilda
    In den nächsten fünf Minuten zwang sich Peter Pascoe zum höchsten Maß an Selbstbeherrschung, das er jemals aufgebracht hatte.
    Er tat nichts.
    Alles in ihm schrie danach, etwas zu unternehmen. Am lautesten und irrsinnigsten war der Schrei, der ihn dazu aufforderte, sich in den Wagen zu werfen und nach Norden zu brausen. Sinnlos! Er würde über eine Stunde brauchen, selbst wenn er jede Geschwindigkeitsbegrenzung missachtete.
    Fast ebenso laut, oberflächlich betrachtet aber etwas vernünftiger klang der Schrei, der ihn dazu treiben wollte, sich das Telefon zu schnappen und anzurufen. Erst Ellies Handy, dann den Fernsehsender, dann die Polizei in Middlesbrough, dann seine eigene Dienststelle, dann … Nur die Gewissheit, dass Ellie ihn anrufen würde, sobald es ihr möglich war, hielt ihn davon zurück. Er wagte noch nicht einmal sein Handy zu benutzen, für den Fall, dass sie zufällig

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