Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)

Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition)

Titel: Der Tod und die Diebin (Bündnis der Sieben) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swantje Berndt
Vom Netzwerk:
gestehen, Abbitte zu leisten und zu trauern. Nichts davon war zumutbar.
    Ethan war ein Freund. Sie war ihm dankbar. Sie bestahl ihn, wenn sie pleite war. Jade war eine Freundin. Jade war speziell. Jade nicht zu mögen, war unmöglich. Jade zu lieben, verbot sich Lucy strikt. Und Daniel? Er war ein Fremder, der ihr Herz mit verbotenen Früchten gefüttert hatte. Jetzt flatterte es hilflos in ihrer Brust. Sie würde es einfangen. Dann hatte der Spuk ein Ende.
     
    *
     
    Ramuell Grigorjew überragte Kolja um einen halben Kopf. Unter dem vernichtenden Blick der eisgrauen Augen schrumpfte Kolja zusammen, wie in seiner Kindheit. Konstantin stand nur knapp hinter ihm. Seine Anwesenheit tröstete, gleichgültig, was jetzt kommen würde.
    „In unserer Familie versagt man nicht.“ Sein Vater schritt gemessen zur Bar und goss sich ein Glas Medowucha ein. Er schloss die Augen und sog den Honigduft tief in die Lungen.
    Koljas Handflächen wurden nass. Er spürte sein Herz im Hals heftiger als in seiner Brust schlagen. Die Ruhe vor dem Sturm, sie hatte begonnen.
    Seine Mutter erhob sich, küsste Kolja sanft auf die Wange und wünschte allen eine gute Nacht. Dann verließ sie den Raum. Sie war nie anwesend, wenn Ramuell sanktionierte. Konstantin trat einen Schritt näher zu ihm. Sein Vater sah es, zuckte mit der Braue.
    „Ein so schlichter Genuss.“ Er schmeckte die Medowucha ausgiebig auf der Zunge nach. „Prickelnd, anregend, süß. Wie das Leben.“ Das aufgesetzte Lächeln verschwand von einer Sekunde auf die andere. „Wenn man es beherrscht.“
    Sein Smaragdring blitz t e auf. Der geschliffene Stein schnitt über Koljas Wangen. Konstantin keuchte hinter ihm, doch die Wunde schmerzte nicht. Nur die Scham brannte.
    Sein Vater holte wieder aus. „In unserer Familie verzeiht man nicht.“
    Wieder schleuderte er Kolja die Hand ins Gesicht. Diesmal zerschnitt der Ring die andere Wange. Wärme floss über seine Haut hinunter bis über seinen Hals. Er musste weiter in die kalten Augen sehen. Den Blick zu senken, bedeutete Unterwerfung. Ramuell goutierte den stolzen Starrsinn seines Sohnes mit einem eisigen Lächeln. Er schüttelte ein Seidentuch auseinander und reichte es ihm.
    „Du tropfst den Teppich voll. Wisch dich ab.“
    Es kostete ihn Überwindung, nach dem Tuch zu greifen , aber Ramuells helfende Hand schlug niemand ab. Die Folgen waren fatal.
    „Ich kann dir zwei Wochen geben, mein Sohn.“ Ramuells geschäftiger Tonfall entspannte Kolja ein wenig. „Es hätte keinen Sinn, dir mehr Zeit einzuräumen.“ Prüfend zog er Koljas Lid hoch. Dann schüttelte er unglücklich den Kopf. „Du könntest sie nicht nutzen. Deine Lebenskraft schwindet. Aber ich werde Gründe nennen müssen.“ Er fuhr sich bedächtig über den Mund. „Sofia könnte krank werden, Schonung bedürfen.“
    Ein amüsiertes Zucken umspielte seine schmalen Lippen. Seine Mutter war in ihrem Leben nie krank gewesen. Weder sie noch ein anderer der Familie. Würde der Ring nicht schnell den Weg zu ihm zurückfinden, wäre Kolja der erste Grigorjew, der das Schicksal gewöhnlicher Menschen teilen musste. Er hatte es bereits beim Reiten bemerkt, eine körperliche Schwäche war nicht zu leugnen.
    „Oder du bist gezwungen, wichtige Termine im Ausland wahrzunehmen, die sich bedauerlicherweise nicht aufschieben lassen. London, vielleicht?“ Mit übertrieben fragendem Blick goss er sich nach.
    Selbstverständlich nahm Ramuell an, sein Sohn würde sich selbst um diese Angelegenheit kümmern. Hätte Kolja gewusst, dass ihm zwei Wochen zugestanden würden, hätte er die Meister niemals beauftragt. Jetzt war es zu spät. Der Vertrag war unterschrieben und Ramuell durfte nichts davon erfahren. Kolja tupfte sein Gesicht trocken. Die Narben würden ihm erhalten bleiben.
    „Nutze diesen Aufschub weise, mein Sohn. Denn er ist, was er ist, eine Galgenfrist.“
    Zwei Wochen. Schon in drei Tagen wäre der Ring wieder in seinem Besitz, die Diebin irgendwo in England verscharrt und er ein armer Mann. Doch Geld konnte täglich verdient werden. Das eigene Leben nicht. Er würde nach London fliegen, den Ring in Empfang nehmen und alles wäre gut.
     
    *
     
    „Du bist zurück?“ Ives sah vom Computer hoch. Die Kartenwellen des Solitärspiels strömten über den Schirm. „Tut mir leid, ich bin eingeschlafen. Ruben hat mich erwischt und selbs t übernommen.“
    Daniel schickte eine SMS, dass Ruben nach Hause fahren sollte. Heute Nacht würde sie den Ring nicht verkaufen.

Weitere Kostenlose Bücher