Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod Verhandelt Nicht

Der Tod Verhandelt Nicht

Titel: Der Tod Verhandelt Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Morchio
Vom Netzwerk:
lieben starke Gefühle, sonst hätten Sie längst den Beruf gewechselt.«
    »Ich habe Sie ja gewarnt. Es ist eine lange Geschichte. Jetzt müssen Sie schon ein bisschen Geduld aufbringen und mir zuhören.« Ich stopfte meine Pfeife und zündete sie an. »Ich saß fünf Jahre hinter Gittern, weil ich eine gute Tat vollbracht habe. Ich habe während einer Demonstration versucht, eine geladene Pistole aus dem Verkehr zu ziehen, damit sie niemand benutzt. An jenem Tag war das schon einmal passiert, und ein Zweiundzwanzigjähriger war dabei ums Leben gekommen. Sie haben mich mit der Pistole festgenommen und mich mit Anfang zwanzig in ein Hochsicherheitsgefängnisgesperrt. In dem Alter kann einem echt was Besseres passieren. Ich habe im Gefängnis studiert. Dann ist jedoch meine Mutter gestorben. Mein Vater ist ihr kurz darauf gefolgt. Als ich wieder auf freiem Fuß war, hatte ich keine Eltern mehr, und mein Diplom war mir scheißegal. Ich habe dann die verschiedensten Jobs angenommen, habe mir meinen Lebensunterhalt als Gepäckträger, Türsteher, Tankwart und Matrose verdient und bin um die halbe Welt gereist. Auf Kuba habe ich auf einer Zuckerrohrplantage gearbeitet und Haschisch aus Marokko verschoben. Bei all dem habe ich es aber leider zu nichts gebracht und auch keinen Frieden gefunden. Und wissen Sie, warum? Weil ich mit dieser blöden Pistole abrechnen musste.«
    »Und da war es die beste Lösung, Detektiv zu werden?«
    »Es gibt keine Lösungen. Eine Pistole hat mein Leben zerstört. Daher sollte so ein Ding wenigstens dazu beitragen, mir ein einigermaßen würdiges Leben zu verschaffen. Als Detektiv verdient man ganz gut.«
    Ein leichter Nordwind kräuselte das Meer und ließ mich erschauern. Eine Welle schlug zwei-, dreimal gegen den Strand; ihr Plätschern wirkte auf mich wie Hohn. Vielleicht wollte mich das Mittelmeer damit für meine Neigung zu extremen Stimmungswechseln verspotten – ich war voller Euphorie hier angekommen und steigerte mich gerade in eine dumpfe, ohnmächtige Wut auf meine Vergangenheit hinein.
    Die Französin hielt den Blick gesenkt und folgte gedankenverloren den Linien, die sie mit dem Zeigefinger in den Sand zeichnete. Erst als das Schweigen unerträglichwurde, entschloss sie sich zu sprechen. Ihre Worte überzeugten mich vollends davon, dass sie keine Frau war, die Ausflüchte zuließ.
    »Das Verbrechen ist ein Spiel, das sich selbst legitimiert. Es braucht keine Rechtfertigung. Da liegt eine Pistole auf der Straße, die irgendjemand dort hat liegen lassen. Es reicht völlig, sich zu bücken und sie aufzuheben.«
    »Jetzt werden Sie nicht zynisch.«
    »Ich zynisch?«, sagte sie mit einem aggressiven Unterton. »Sie behaupten, dass man gut verdient, wenn man eine Knarre hat, und da darf ich nicht zynisch sein? Weil ich eine Frau bin?«
    »Um Gottes willen, nicht doch … Wovon reden Sie überhaupt? Wollen Sie selbst jemanden umbringen? Den Mann, der Sie geheiratet hat und jetzt zwingt, hier zu leben?«
    »Mich hat niemand zu irgendetwas gezwungen, Monsieur. Ich bin eine unabhängige Frau.«
    »Unabhängige Frauen denken nicht über Pistolen nach.«
    »Sie haben mich erst dazu gebracht, mit Ihrer    … seltsamen Geschichte. Außerdem meinte ich das mehr allgemein.«
    »Allgemein über solche Sachen zu sprechen, zeugt von schlechtem Stil.«
    »So gesehen ist es auch schlechter Stil, eine Geschichte wie Ihre dem Erstbesten, der einem über den Weg läuft, zu erzählen … Es sei denn, es geht darum, eine schöne Frau ins Bett zu kriegen.«
    »Wenn ich eine schöne Frau ins Bett kriegen will,dann mache ich ihr ein Kompliment und schicke ihr einen Blumenstrauß.«
    »Komplimente und Blumen? Dafür sind Sie doch gar nicht der Typ.«
    »Unterschätzen Sie mich nicht. Im Gefängnis haben sie mir weiß Gott Galanterie und gute Manieren beigebracht.«
    Jetzt lächelte sie und wirkte wieder entspannt. Die Bemerkung über die Legitimität des Verbrechens ging mir dennoch nicht aus dem Kopf; es war, als würde ich von einer Vorahnung beschlichen.
    »Sie sagten vorhin, dass Sie schon einige Polizisten und Verbrecher kennengelernt hätten. Bevor oder nachdem der Sarde Sie geheiratet hat?«
    Sie zog die Augenbrauen zusammen, aber auf ihrem Gesicht blieb der Schatten eines Lächelns. Wie ein Hauch Parfüm, der in einem Raum hängen geblieben ist.
    »Wohin soll das führen?«
    »Dorthin, wo Sie mich haben wollen, Madame.«
    »Finden Sie nicht, dass Sie ein bisschen schnell vorpreschen?«
    »Wenn

Weitere Kostenlose Bücher