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Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011)

Titel: Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordelia Borchardt und Andreas Hoh
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bösartige Zugriffe. Es nimmt sie einfach in sich auf.«

    Der Agent in dem alten Film war an sämtlichen Wachen und Sicherungen vorbei in die schwer befestigte Stadt durch einen vergessenen stillgelegten Lüftungskanal eingedrungen und hatte dann seinen Auftrag erfüllt. El Capitan summte leise vor sich hin, während er die Apparate bediente. Auch heute, im beginnenden 22. Jahrhundert, gab es noch vergessene Wege. Die Anfälligkeit der modernen Systeme war inzwischen so groß geworden, dass das Militär als Sicherheitspfand das uralte Internet wieder aktiviert hatte.
    Alfred hatte schon vor Jahren einen Zugang gefunden und erkundet, und El Capitan machte sich diesen nun zunutze. Er war nur langsam vorangekommen, denn er musste sich ständig rückversichern, keine Spuren zu hinterlassen. Trotz der bescheidenen Rechenleistung seiner Museumsgeräte war es ihm schließlich gelungen, in Reichweite des Orwell 3000 zu gelangen. Leider erkannte er sofort die Tücken der Komplettvernetzung, die jede Manipulation schwierig machte.
    Doch letzte Woche hatte sich auf einen Schlag alles geändert. Es war ihm gelungen, eine Vorabversion der streng geheimen DNS -Codes zu bekommen, mit deren Hilfe man jeden einzelnen Chip direkt ansprechen konnte. Es hatte ihn einen halben Tag Rechenzeit gekostet, aus den etwa 90000 Einheiten in München 12 die Person herauszufiltern, die er brauchte. Es war die junge Frau aus der Arbeitseinheit CX -512/3, der er täglich begegnete und mit der er sogar schon einige Worte gewechselt hatte. Ihren Namen kannte er immer noch nicht, doch er hatte sie für dieses historische Experiment ausgewählt. Mit ihr wollte er den Kuss probieren.
    Natürlich wäre sie, wie alle übrigen Frauen der Stadt, einer entsprechenden Aufforderung mit Abscheu und Entsetzen begegnet und hätte den Vorfall sofort der Ethik-Abteilung des Komitees gemeldet. Doch er, El Capitan, würde das Problem auf elegante Weise umgehen. Altmodisch, aber doch hochmodern. Sie würde sich dem einfachen Steuerbefehl nicht widersetzen können, selbst wenn sie seine Folgen erkennen würde.
    Und diesen Befehl würde er in wenigen Minuten losschicken. Sein Auge wanderte über die drei Bildschirme, auf denen in flackernden Abständen Buchstaben und Zeichen abrollten. Von Zeit zu Zeit drückte er auf eine der Tasten auf dem Kontrollbrett. Endlich sah er, worauf er gewartet hatte. Auf dem linken Bildschirm war eine der Zahlenkombinationen zur Ruhe gekommen und blinkte rhythmisch. El Capitan wusste, dass er den Befehl auf das Nötigste reduzieren musste, um die Rechenleistung seiner Geräte nicht zu überfordern. Sorgfältig tippte er seine Kennnummer und die Adresse seiner Wohneinheit ein. Am Ende schrieb er den Satz, auf den alles ankam: »Komm und küss mich!«
    Exakt 16 Sekunden später läutete es unten zum ersten Mal an der Tür.

    »Das Ganze beruht auf dem Prinzip eines biologischen Immunsystems, wie es beispielsweise den menschlichen Körper vor Infekten schützt. Der Schädling dringt ungehindert in eine der Körperzellen ein, diese erkennt ihn und sperrt sich. Gleichzeitig wird blitzschnell eine Art Report, verbunden mit einer Warnung, an die umliegenden Zellen abgegeben.«
    Dünki spürte die Begeisterung in den Worten seines Gegenüber. Wahrscheinlich war Anand vor seiner Cheftätigkeit an der Entwicklung des Orwell 3000 beteiligt gewesen.
    »Unser Ziel bleibt natürlich die Individualsteuerung. Ich will ganz offen mit Ihnen sein: Noch ist es leider so, dass auch genehmigte Befehle, die über den DNS -Code eingegeben werden, manchmal wie unerwünschte Störungen behandelt werden. Der Grad der Vernetzung ist derart komplex, dass es zu Fehlreaktionen kommen kann.«
    Dünki horchte auf. »Das heißt also, der Orwell 3000 ist noch nicht ausgereift?«
    »Es ist ein dauerhafter Prozess. Die ersten Schritte sind getan. Politisch und medizinisch haben wir alle Ziele erreicht, im Versuchsraum München ist bis auf wenige Ausnahmen der Orwell 3000 implantiert und einsatzbereit, die DNS -Codes sind vorbereitet. In ein paar Wochen werden unsere Techniker soweit sein.«
    Dünki lehnte sich entspannt zurück. Letztlich konnte es ihm gleichgültig sein, ob die Deutschinder noch Probleme hatten. Das Wichtigste war, dass das Geschäft mit seiner SwissMed zustande kam. Er füllte sein Trinkröhrchen an der kleinen Tischdüse und nickte Anand zu. »Na denn. Auf gutes Gelingen!«

    Es hatte lange gedauert, bis die S-Beauftragten des Komitees in die kleine

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