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Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011)

Titel: Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordelia Borchardt und Andreas Hoh
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unwillkürlich einen Schritt zurück, als sich der Beamte unaufgefordert an ihr vorbeidrängte und Richtung Wohnzimmer ging.
    »Frau Körfgen, Sie haben Ihren früheren Ehemann, Hans Oberländer, 1999 als vermisst gemeldet und ihn vor drei Jahren für tot erklären lassen. Richtig?«
    »Ja! Oh mein Gott, haben Sie ihn etwa gefunden? Lebt er …«
    »Frau Körfgen«, fiel ihr der Polizist ins Wort, »Sie müssen mitkommen. Ihren Mann haben wir schon verhaftet. Seine DNA fanden wir am Tatort. Aber Sie stehen beide im Verdacht, Ihren damaligen Ehemann mittels einer Falle gemeinschaftlich umgebracht zu haben, weil er Ihrer Zukunft im Wege stand.«
    Während er Vera die Handschellen anlegte, fügte er noch hinzu: »Sie haben das Recht auf einen Anwalt.«

Hans-Joachim Heider Der ferne Tod
    Wo bin ich? Diese Frage stelle ich mir, wenn ich im dunklen Bett liege und mit Lichtgeschwindigkeit aus Träumen gleite. Es ist beklemmend, wenn ich durch das Hochspannungsgitter einer Bildröhre rase, um auf dem Bildschirm, wie eine überreife Tomate, zu zerplatzen.
    Ich denke an Walli, meine Geliebte, weil mit ihr jeder Traum endet. Sie besucht ihre Eltern.
    Das weiche Geräusch eines Schusses aus gedämpftem Lauf hat mich geweckt, nicht erschreckt, denn das ist ein alltägliches Geräusch. Permanente Übung ist wichtig. Ich verwende Spezialmunition, 223 Magnum mit roter Spitze – Explosivgeschosse. Die TPG -1 ist für meine Arbeit optimiert. Nicht jeder mag sie, aber ich bringe Top-Ergebnisse, zusammen mit der elektronischen Zieleinrichtung. Wir haben fast eine Liebesbeziehung, aber ich hasse sie, wenn ich mich selbst hasse. Nach jedem Auftrag grüble ich länger.
    Eilige Schritte auf dem Gartenpfad, ich lausche dem Brummen eines starken Motors. Mich hat die fallende Klappe des Briefschlitzes geweckt. Das Schlafzimmer ist dunkel und überheizt. Ich schlafe nackt, bleibe so, wie ich bin, suche blind meine Pantoffeln, finde sie nicht und tappe über den weichen Teppich wie durch warmes Blut. Der Flur ist eiskalt und spiegelglatt – schneeweißer Marmor, an dessen Politur die Augen sich gewöhnen müssen.
    Ein fester Umschlag liegt hinter dem Briefschlitz, die übliche Post, ohne Anschrift, ohne Absender. Behutsam nehme ich das Kuvert vom Boden hoch, ertaste nicht, was es enthält, obwohl ich den blutigen Auftrag förmlich rieche. Vorsicht ist mein oberstes Prinzip. Mit einer Rasierklinge schneide ich die Rückseite des Kuverts auf – keine Briefbombe. Es ist ein Kontrakt in üblicher Form – DVD , Wagenschlüssel, ein Parkschein und das Päckchen. 80000 EURO diesmal – ein verdammt wichtiger Kunde.
    Ich schiebe die DVD ein. Der Film geht chronologisch vor, zeigt den Wagen, seinen Stellplatz, das Navi ist bereits programmiert. Mich irritiert die Datumsanzeige in der rechten oberen Ecke: 16. 06. 2022. Ein wolkenloser Himmel, Sommersonne brennt messerscharfe Schatten auf den Asphalt. Ich stoppe den Film und betrachte den Parkschein. Er trägt das Datum von heute: 12. 03. 2012.
    Mir ist unwohl. Das Datum beunruhigt mich, es passt zu meinem Hochgeschwindigkeitstraum, denn dort stellt sich die Zukunft, fein verwoben, zwischen mich und mein Ende. Allerdings kenne ich nicht das Datum meiner Zukunft. Natürlich ist es reine Phantasie, die meine Existenz mit einem falschen Filmdatum verbindet. Ich spüle den schlechten Geschmack meiner Gedanken mit einem Whisky hinunter.
    Ein Haus in einer Gegend, die ich nicht kenne, ein riesiger Schuppen, gewaltig, mit protziger Fassade, die Neid erzeugt. Die Doppeltür gleitet zurück, ein Portier eilt heraus, hebt die weiß behandschuhte Hand und eine Limousine schiebt sich dunkel von rechts herüber. Mein Ziel betritt federnd die rosa Granittreppe, schreitet Stufe um Stufe herab. Ein Gesicht wie viele, kurzes, graues Haar. Die Totale – mir missfallen dünne, kurze Haare, es würde nicht zu mir passen. Die Limousine fährt weg. Aus dem DVD -Schlitz quillt bläulicher Rauch, die Scheibe zerstört sich.
    Ich bin froh, dass Walli bei ihren Eltern ist. Nach einem erledigten Auftrag bin ich völlig durch den Wind. Meine Arbeit wird allerdings von den Auftraggebern gelobt, weil ich noch nie versagt habe. Versagen wäre mein Ende – egal, welches Datum der Kalender anzeigt.
    Punkt elf Uhr nehme ich mein Arbeitsgerät, einen schwarzen Aktenkoffer, der unmerklich größer ist als ein handelsübliches Teil. Der Lauf liegt diagonal, alles in weichen, rotsamtigen Mulden. Es ist Routine, dass ich den Deckel

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