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Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011)

Titel: Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordelia Borchardt und Andreas Hoh
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Vielleicht ist dir in dieser Hinsicht etwas aufgefallen?« Leon war zu verdutzt, um die Wendung in dem Gespräch bewusst wahrzunehmen: »Ja, am Donnerstag hatte ich ihn beobachtet, da zuckten seine Augenlider ganz nervös und er schaute oft wie ängstlich zur Tür.« – »Dann hat er also schon am Donnerstag mit unserem Erscheinen gerechnet. Das war der Tag, an dem Dr. Sunleitner die Drohmail erhalten hat und bemerkte, dass jemand an seinem Auto war«, sinierte der Kommissar, »tja, vielleicht war euer Lehrer euch gar nicht mal so unähnlich. Er war auch in der Lernposition, bekam ständig Druck und schlechte Bewertungen von seinem Hauptseminarleiter. Daraufhin wollte er sich rächen, denn er schien durch seine Lehramtsprüfung zu fallen und das zum zweiten Mal. Danach würde ihn keine öffentliche Schule mehr einstellen.« Leon saß mit offenem Mund da. Das hätte er Herrn Dorst wirklich nicht zugetraut. Er war zwar nicht gerade sein Lieblingslehrer gewesen, aber doch auch kein schlechter Lehrer. Sie hatten viel bei ihm gelernt, da gab es weit schlechtere Lehrer. Was hatten sie nur getan? Jetzt setzte die Polizistin ein: »Ihr seid nicht Schuld an Herrn Dorsts Unfall. Sein Auto steht in der Werkstatt, er war mit seinem Rad unterwegs, als ihn ein abbiegender LKW überfuhr.«

Elmar Heer Dr. Körfgen und der Oberländer
    23. Oktober 2010
    Passau (dpa). In einem Wald in der Nähe der niederbayerischen Gemeinde Niederwaidling machten Waldarbeiter einen grausigen Fund. Beim Fällen von Bäumen entdeckten sie in den Baumwipfeln ein Stahlnetz, in welchem eine bereits skelettierte Leiche hing. Der Tote konnte bisher noch nicht identifiziert werden. Die Polizei ermittelt.
    01. Mai 1999
    Schwer atmend lehnte sich Oberländer an die Fichte, die an der Gabelung des Waldweges stand und ihn in zwei Pfade teilte. Den steilsten Anstieg und damit ungefähr die Hälfte der Strecke hatte er hinter sich gebracht. Oberländer kannte die Gegend hier inzwischen genauso gut wie den Inhalt der Handtasche seiner Frau Vera, und dafür gab es einen gemeinsamen Grund:
    Körfgen.
    Dr. Gernot Körfgen, Landarzt, Bürgermeister der Gemeinde Niederwaidling und Hobby-Ornithologe in einer Person. Und der Liebhaber von Vera.
    Oberländer streifte sich die Träger von den schmerzenden Schultern und ließ den prallen Rucksack hinter sich auf den Boden fallen. Er hatte keine Uhr dabei, er trug nie eine, aber er wusste, dass er gut in der Zeit war. Denn es war noch nicht lange her, seit die Glocke der Dorfkirche zur Morgenandacht gerufen hatte.
    Nun saßen sie alle wieder frömmelnd im Gottesdienst da unten, diese Heuchler. Der Girgl zum Beispiel, der Frau und Kinder prügelte. Oder die alte Gunda, die sich über alles und jeden das Maul zerriss. Und wahrscheinlich auch der Sepp, der schamlos hinter jedem Weiberrock im Dorf her war.
    Vera war bestimmt auch da. Der Körfgen sowieso. Natürlich hatten sie sich wieder weit auseinander gesetzt, damit niemand was merkt. Dabei wussten doch alle, das ganze Dorf, schon lange Bescheid. Nur er, Oberländer, der gehörnte Ehemann, hatte lange Zeit keine Ahnung gehabt. Bis ihn die Gunda eines Tages scheinheilig gefragt hatte, ob Vera denn arg krank sei, so oft, wie sie die schon beim Doktor aus der Praxis hat kommen sehen. Auf diese Frage war er gar nicht vorbereitet gewesen, denn gerade in letzter Zeit sah seine Frau aus wie das blühende Leben, und deshalb wusste er nicht gleich, was er darauf antworten sollte. Da meinte die Gunda, dass Vera und der »Vogel-Doktor« vielleicht ja nur ein gemeinsames Hobby hätten. Schließlich sei sie doch auch schon immer gut zu Vögeln gewesen. Dabei grinste sie dreckig.
    Da erst war Oberländer misstrauisch geworden und hatte nachgedacht. Es stimmte schon, seine Vera war in den letzten Monaten öfter einmal später heimgekommen als sonst. Bisher war ihm das nicht aufgefallen. Also hatte er fortan aufgepasst, war seiner Frau einige Male unauffällig zur Bushaltestelle gefolgt, hatte fast jeden Tag ihre Handtasche nach etwas Verdächtigem durchsucht oder mit fadenscheinigen Ausreden bei Veras Freundin Anna angerufen, um herauszufinden, ob sie wirklich dort war. Aber nichts war dabei herausgekommen. Sie war immer brav in den 67er Bus eingestiegen. Die Handtasche war zwar stets voller erstaunlicher Dinge, aber er hatte nichts gefunden, was auf eine Liebschaft mit dem Landarzt oder irgendjemand anderem hingewiesen hätte. Und die Anna hatte immer bestätigt, dass Vera bei ihr sei,

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