Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011)
bleibe nicht gerne für mehr als drei Minuten in der Leitung, auch wenn das Gespräch technisch nicht zu orten ist. Berufskrankheit.
»Ein Auftrag.«
»Konditionen?«
»2.5.21.24« Was soviel heißt wie: zwei Personen, fünf Millionen Dollar (vier für mich und eine für Alan), innerhalb von einundzwanzig Tagen, und ich habe vierundzwanzig Stunden Zeit, um mich zu entscheiden.
»Die Infos?«
»In einem Umschlag vor Deiner Tür.«
Mein Herz setzt kurz aus, dann höre ich Alan heiser lachen.
»Got ya!«
»Sehr witzig.« Was in meiner Sprache soviel heißt wie: zuerst eine Kugel ins Knie und dann in den Kopf, falls es mal dazu kommen sollte, dass wir uns begegnen.
Hastig fährt Alan fort: »Das Exposé findest Du in zwei Minuten am üblichen Ort. Ich erwarte Deine Antwort.«
Jetzt will er nur noch raus aus unserem Gespräch. Ich höre die Angst in seiner Stimme und muss lächeln. Wer mit einer Königskobra das Terrarium teilt, sollte nicht unnötig mit den Beinen wackeln. Ich beende die Verbindung und sehe auf meine Uhr. Zwei Minuten, dreißig Sekunden. Alan wird schwatzhaft.
Ich gebe offline 2.5.21.24 in ein kleines Gerät ein, das wie ein handelsüblicher Taschenrechner aussieht. Ich erhalte einen sechzehnstelligen Code. Ich öffne mit dem Laptop eine von drei Dutzend von Allen vorsorglich angelegten Websites, gebe meinen Nickname ein und den Code. Dann lade ich die Datei auf meinen USB -Stick herunter und verlasse die Website sofort wieder. In wenigen Minuten wird sie aus dem Netz gelöscht sein. Ich gehe offline und entschlüssele mit einer Software die gesicherte Datei. Das Exposé umfasst auf fünfzig Seiten alles, was ich für meine Risikoanalyse und zur Vorbereitung des Hits benötige. Was es nicht enthält, sind die Namen der Personen und die exakten Örtlichkeiten. Um die ›Kollegen‹ nicht unnötig zu gefährden, falls ich ablehnen sollte und ein anderer einspringt. Ich sage zu und erhalte die Ergänzungen auf dem bekannten Weg. Mein Bank-Account auf den Caymans wächst um zwei Millionen Dollar. Den Rest erhalte ich, wenn der Auftrag erledigt ist.
Was ich sehe, erscheint anspruchsvoll, aber machbar. Und mir wird auch klar, warum Alan mich kontaktiert hat. Der Auftrag hat eine besondere, eine kreative Komponente, die über das Standardprodukt Tod hinausgeht. Der Tod ist nicht genug.
Eine Woche später.
Der Schweiß umhüllt Detective Frank Esposito vom Los Angeles Police Department wie der Schleim eine Nacktschnecke. Seine Glatze tropft, sein unvermeintlicher Cop-Schnäuzer tropft auf die Unterlagen vor ihm, und sein Hintern würde tropfen, wenn er nicht schon in einem Schweißsee schwappen würde.
Seine platinblonde Kollegin Maggie, ein Grünschnabel frisch von der Police Academy, wirft ihm einen angewiderten Blick zu.
»Robben gehören in die Arktis, nicht in die Stadt der Engel.«
Eine Anspielung auf seine hundertzwanzig Kilo Lebendgewicht. Frustfett. Noch zwei Wochen bis zur Pensionierung. Jetzt nur keinen Fehler machen. »Nach dreißig Dienstjahren siehst Du genauso aus!«, giftet Frank zurück.
Maggie erbleicht. Sie sitzt auf Abruf hier. Glaubt sie. Der Blondschopf ist häufiger beim Vorsprechen auf Castings für drittklassige Filme als im Police Department.
»Versuch's doch mal mit Pornos!« Frank grinst. Treffer, versenkt. Auch wenn er sich jetzt für den Rest der Woche den Kaffee selber holen muss. Der FBI -Fatzke neben dem Beamer wird ungeduldig. Blauer Anzug. Weißes Hemd. Juradiplom. Eine typische FBI -Mutante.
»Wenn ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte. Schließlich stehen wir doch alle auf derselben Seite.« Auch wenn ihm bei dem Gedanken nicht wohl ist, das sieht man ihm an. »Das FBI benötigt ihre Mithilfe bei einer Überwachungsaktion. Ihr Boss hat bereits zugestimmt.«
Maggie und Frank werfen ihrem Chef erst einen entsetzten, dann einen flehenden Blick zu. Aber der nickt versonnen. Er ist froh, die beiden Streithähne los zu sein. Seine Gebete wurden erhört. Er faltet die Hände und strahlt einen stämmigen Italiener an, der zwei Quadratmeter groß von der Wand glotzt.
Der FBI -Fatzke fährt ungerührt fort. »Es ist unseren Technikern gelungen, das Satellitentelefon von Mario Testo abzuhören.« Er deutet stolz auf das an die Wand projizierte Foto. Erwartet er Applaus? Als keiner kommt, blickt er tadelnd auf seine beiden Schüler. »Sie kennen doch wohl Testo?«
Nichts. Frank gähnt, Maggie feilt sich die Nägel.
»Die Nr. Zwei der Mafia Familie von LA
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