Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
Turki waren jetzt zu unversöhnlichen Gegnern geworden.
Bevor er Afghanistan verließ, ließ sich Bin Laden in Karatschi inkognito wegen eines unbekannten Leidens behandeln. Sein Arzt Sawahiri hielt sich im Jemen auf, doch bald schon sollten die beiden wieder zusammenkommen.
8 DAS PARADIES
Nach dem Fall Kabuls dauerten die Kämpfe zwar unvermindert an, doch für den afghanischen Dschihad war der Vorhang gefallen. Einige Araber blieben noch im Land und wurden in den Bürgerkrieg verstrickt, aber die meisten zogen weiter. In ihren Heimatländern waren sie größtenteils unerwünscht, da sie dort schon vor ihrem Weggang nach Afghanistan als Störenfriede und Extremisten angesehen worden waren. Die Regierungen hatten die jungen Männer für den Dschihad angeworben und ihnen die Reisekosten bezahlt in der stillen Hoffnung, die Unruhestifter würden in diesem hoffnungslosen Unterfangen ihr Leben lassen. Kaum jemand machte sich Gedanken darüber, dass eines Tages Tausende dieser jungen Männer zurückkehren würden, nun in Guerilla-Kriegsführung ausgebildet und bestärkt durch den Mythos ihres Sieges. Wie alle heimkehrenden Krieger brachten sie psychische Probleme mit und Erinnerungen, mit denen sie nur schwer fertig wurden. Selbst jene, die nur wenig Kampferfahrung gesammelt hatten, waren beseelt von der Sehnsucht nach dem Martyrium und vom Takfir. Sie hielten sich in der Nähe der Moscheen auf und trugen häufig afghanische Kleidung, um ihren besonderen Status zum Ausdruck zu bringen.
Der saudische Geheimdienst schätzte, dass zwischen 15 000 und 25 000 junge Saudis in Afghanistan eine militärische Ausbildung erhalten hatten, andere Schätzungen lagen allerdings wesentlich niedriger. 1 In Saudi-Arabien wurden die Rückkehrer erst einmal für zwei oder drei Tage ins Gefängnis gesteckt und verhört. 2 Einige Länder verweigerten den jungen Männern schlicht die Einreise. Sie wurden zu einem staatenlosen, vagabundierenden Mob religiöser Söldner. Viele von ihnen fassten in Pakistan Fuß, heirateten einheimische Frauen und lernten die Landessprache Urdu. Einige verdingten sich als Kämpfer in Kaschmir, im Kosovo, in Bosnien oder Tschetschenien. Die Funken des afghanischen Brandes wirbelten um den Globus, und schon nach kurzer Zeit sollte ein großer Teil der muslimischen Welt in Flammen stehen.
Für die ziellos umherziehenden, aber ideologisch gefestigten Veteranen fand sich schließlich eine neue Heimat. Im Juni 1989, zur selben Zeit, als der Dschihad in Afghanistan zu Ende ging, stürzten Islamisten durch einen Militärputsch die zivile, demokratisch gewählte Regierung im Sudan. Angeführt wurde der Putsch von Brigadegeneral Omar Hassan al-Baschir, die treibende Kraft hinter dem Umsturz war jedoch Hassan al-Turabi, eine der vielschichtigsten, schillerndsten und durchtriebensten politischen Figuren Afrikas.
Ähnlich wie Bin Laden und Sawahiri machte al-Turabi für die prekäre Lage der arabischen Welt die Regierungen verantwortlich, die nicht islamisch genug waren und sich zu sehr auf den Westen stützten. Doch im Unterschied zu den beiden anderen war al-Turabi ein Koran-Gelehrter, der Europa und Amerika gut kannte. Er hatte 1960 im Sudan zu studieren begonnen, war dann nach Amerika gegangen und hatte dort bei verschiedenen Durchschnittsfamilien gelebt - „auch bei Indianern und Farmern 3 “-, ein Abenteuer, das seine schneidende Kritik am Säkularismus und am Kapitalismus maßgeblich beeinflussen sollte. 4 Im Jahr 1961 erwarb er an der London School of Economics ein Master’s Degree in Jura und machte drei Jahre später an der Sorbonne in Paris seinen Doktor.
Al-Turabi strebte die Schaffung einer internationalen muslimischen Gemeinschaft an, die ihr Zentrum im Sudan finden und von dort aus die islamische Revolution in andere Länder weitertragen sollte. Der Sudan, der bis dahin in der muslimischen Welt keine Rolle gespielt hatte, sollte zum Mittelpunkt dieser Reformbewegung werden und al-Turabi ihr geistiger Führer. Um diesen Plan in die Tat umzusetzen, öffnete er sein Land für alle Muslime ungeachtet ihrer Nationalität oder ihrer Vergangenheit. Natürlich wurde diese Einladung vor allem von jenen angenommen, die sonst nirgendwo willkommen waren.
Die sudanesische Regierung begann 1990 um Bin Laden zu werben, indem sie brieflich mit ihm Kontakt aufnahm und anschließend mehrere Angehörige ihres Geheimdienstes entsandte, die sich mit ihm trafen. Die Sudanesen boten Bin Laden gewissermaßen ein ganzes Land
Weitere Kostenlose Bücher