Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
sich Bin Laden und al-Turabi bald als Rivalen zu betrachten.
In Khartoum erlebte Bin Laden die glücklichste Zeit in seinem Erwachsenenleben. Er eröffnete ein kleines Büro in der Mek-Nimr-Straße in der Innenstadt, in einem heruntergekommenen einstöckigen Gebäude mit neun Räumen, einer niedrigen Decke und einer wuchtigen Klimaanlage, von der es auf den Gehsteig tropfte. Hier gründete er Wadi al-Aqiq, die Holdinggesellschaft für seine zahlreichen Unternehmen, die er nach einem Fluss in Mekka benannte. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lag das Ministerium für Islamische Angelegenheiten, in einem Gebäude, das zur Zeit der britischen Besatzung ein berühmtes Bordell gewesen war. „Osama lachte, als ich ihm das erzählte“, erinnerte sich Hassan al-Turabis Sohn Issam.
Bin Laden und Issam wurden zu Freunden, weil sie eine gemeinsame Leidenschaft hatten, das Reiten. Im Sudan gibt es rund vier Millionen Pferde, sie werden zu Transportzwecken und für die Arbeit auf den Feldern benötigt, aber auch im Sport spielen sie eine wichtige Rolle. Issam war zum Zeitpunkt der Ankunft Bin Ladens zwar erst 25 Jahre alt, aber er zählte schon zu den erfolgreichsten Pferdezüchtern des Landes und unterhielt einen Rennstall an der Rennbahn in Khartoum. An einem Freitag erschien Bin Laden dort, um sich eine Stute zu kaufen, und Issam führte ihn durch die Ställe. Er war sehr angetan von seinem saudischen Besucher. „Er war nicht sehr groß, sah aber sehr gut aus - seine Augen, seine Nase - er war wirklich attraktiv.“Bin Laden entschied sich schließlich für einen stattlichen Vollblüter eines anderen Züchters, und Issam wickelte den Kauf des Pferdes ab, ohne eine Provision zu verlangen. Bin Laden war es mittlerweile gewohnt, dass andere Leute sein Geld nahmen, daher beeindruckte ihn diese höfliche Bescheidenheit. Er entschloss sich, seine Pferde bei Issam unterzustellen. Er erwarb noch vier weitere sudanesische Vollblüter für sich und kaufte für seine Kinder etwa zehn gewöhnliche Pferde, die er mit Araberhengsten kreuzte, die er von zu Hause mitgebracht hatte. Issam missbilligte Bin Ladens sentimentales Festhalten an seinen heimischen Zuchtpferden. „Wir versuchen hier, selbstständig Vollblüter zu züchten, ohne Araber. Aber er wollte seine eigenen Zuchtmethoden einführen.“
Die Rennbahn von Khartoum ist eine chaotische Staubschüssel. Verwilderte Hunde laufen über das graslose Innenfeld und jagen die Pferde. Die baufällige Tribüne unterteilt sich in eine untere Hälfte, wo sich die Stehplätze für das gemeine Volk befinden, und eine obere Hälfte, von wo aus man einen besseren Blick hat und wo die gesellschaftliche Elite und die Pferdebesitzer auf relativ bequemen Sesseln sitzen. Osama bestand darauf, die Rennen von der unteren Tribünenhälfte aus zu verfolgen, obwohl Issam dem Vorstand der Rennbahn angehörte und einen Prominentenplatz hatte. Im Sudan sind Pferderennen ein wildes Spektakel, die Zuschauer johlen ausgelassen, singen und tanzen. Der berühmte Mudschahid steckte sich die Finger in die Ohren, wenn die Musikkapelle spielte. Der Lärm verleidete ihm die ganze Veranstaltung. Als er die Leute bat, sie sollten zu singen aufhören, meinten diese, er solle verschwinden.
„Du bist nicht verantwortlich für die Musik“, erinnerte ihn Issam vorsichtig. „Du hast die Kapelle nicht engagiert.“Bin Laden ließ sich nicht besänftigen. „Musik“, so verkündete er, „ist die Flöte des Teufels.“Schließlich blieb er den Rennen fern.
Er kaufte sich eine dreistöckige rote Stuckvilla im Khartoumer Stadtteil Riad. Auf der gegenüberliegenden Seite der ungepflasterten Straße erwarb er ein unmöbliertes Gästehaus, das er für Unterhaltungszwecke nutzte. Die Nachbarn behaupteten, er habe dort, jeweils nachmittags ab 17 Uhr, täglich bis zu 50 Personen empfangen, meist Araber in knöchellangen weißen Gewändern und mit langen Bärten - eine Parade von Fundamentalisten. Seine jungen Söhne eilten barfüßig zwischen den Männern umher und reichten ihnen gesüßten Hibiskustee. Täglich ließ Osama ein Lamm schlachten für die Besucher, die er erwartete, aber er selbst aß nur wenig und begnügte sich mit den Resten, die seine Besucher auf ihren Tellern liegen gelassen hatten, weil er glaubte, dass dies das Wohlgefallen Gottes finden würde. 15
Manchmal fuhr Bin Laden mit seinen Söhnen zu einem Picknick ans Nilufer, mit belegten Broten und Sodawasser, und unterrichtete sie in dem festen Sand
Weitere Kostenlose Bücher