Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
Gebäude im Umkreis von einem Kilometer wurden schwer beschädigt. 16 Menschen kamen ums Leben, ebenso die beiden Selbstmordattentäter, 60 Menschen wurden verletzt.
Dieser Massenmord war der erste Erfolg von al-Dschihad unter Sawahiris Führung. „Die Bombe machte aus den Überresten des Botschaftsgebäudes eine klare und eindeutige Botschaft“, schrieb Sawahiri in seinen Erinnerungen. Bin Laden hatte das Unternehmen nicht gebilligt und war auch nicht erfreut darüber. Über Pakistan hatte man noch immer den besten Zugang nach Afghanistan, und das Land hatte bislang vielen arabischen Afghanen Zuflucht geboten, die nach dem Krieg nicht wussten, wohin sie gehen sollten. Jetzt verhaftete die Regierung fast 200 von ihnen und internierte sie in einem Hochzeitssaal in Peschawar bis zu ihrer geplanten Ausweisung in ihre Heimatländer. 20 Die Behörden waren nicht wenig überrascht, als Bin Laden vor dem Gebäude erschien und für die Inhaftierten Flugtickets in den Sudan mitbrachte. Nun hatte er plötzlich eine Gruppe entschlossener Kämpfer an der Hand, die zwar von ihm abhängig waren, sich aber Sawahiri verpflichtet fühlten.
Sawahiri vertrieb viele seiner verbliebenen Anhänger, die beunruhigt waren wegen der Tötung unschuldiger Menschen und des Einsatzes von Selbstmordattentätern. Immer wieder wurde darüber diskutiert, wenn es um die moralischen Maßstäbe des globalen Dschihad ging. Um derartige Bedenken zu zerstreuen, konstruierte Sawahiri eine Theorie zur Rechtfertigung des Anschlags von Islamabad und ähnlicher al-Qaida-Angriffe, die später folgen sollten.
Er erklärte, in der Botschaft habe es keine unschuldigen Menschen gegeben. 21 Alle, die dort arbeiteten, von den Diplomaten bis zu den Wachmännern, seien Unterstützer des ägyptischen Regimes gewesen, das Tausende von Fundamentalisten eingekerkert habe und sich der Herrschaft des Islams entgegenstelle. Wer Aufgaben für die Regierung erledige, bürde sich eine Mitverantwortung für deren Verbrechen auf. Kein wahrer Muslim könne für ein solches Regime arbeiten. Sawahiri griff damit die Takfir-Logik auf, die in Algerien auf die Spitze getrieben worden war. Ja, räumte er ein, es möge unschuldige Opfer gegeben haben - Kinder, wahre Gläubige -, aber die Muslime seien schwach und ihre Feinde sehr mächtig; in einer solchen Notlage müsse das Verbot der Tötung Unschuldiger etwas großzügiger ausgelegt werden.
Noch problematischer war die Frage der Selbstmordattentate. Im Islam gibt es keine theologische Rechtfertigung für solche Handlungen; sie sind sogar explizit untersagt. „Tötet euch nicht selbst“, verlangt der Koran. In den Hadithen oder Überlieferungen des Propheten finden sich zahlreiche Beispiele, in denen Mohammed derartige Handlungen verurteilt. Wer Selbstmord begeht, soll im Feuer der Hölle brennen und einen ständigen Tod sterben durch jenes Mittel, das er benutzte, um seinem Leben ein Ende zu setzen. Selbst als sich einer seiner tapfersten Krieger, der in einer Schlacht schwer verwundet wurde, in das Schwert stürzte, um seine schrecklichen Qualen zu beenden, erklärte Mohammed, dadurch sei er in die Hölle verdammt. „Ein Mann mag die Taten der Menschen des Feuers vollbringen, während er ein Bewohner des Paradieses ist, und er mag die Taten der Bewohner des Paradieses vollbringen, obwohl er in Wirklichkeit zu den Bewohnern des Feuers gehört“, bemerkte der Prophet. „Wahrlich, (der Lohn für die Taten) wird durch die letzten Handlungen bestimmt.“ 22
Um seinen Bombenanschlag zu rechtfertigen, musste Sawahiri dieses grundlegende Tabu überwinden. Die Attentäter, die den Anschlag von Islamabad ausführten, behauptete Sawahiri, verkörperten „eine Generation von Mudschahidin, die sich entschlossen hat, sich selbst und ihren Besitz für die Sache Gottes zu opfern. Der Weg des Todes und des Märtyrertums ist eine Waffe, über die Tyrannen und ihre Helfer, die ihr Geld und nicht Gott anbeten, nicht verfügen.“ 23 Er verglich die Selbstmordattentäter mit den frühchristlichen Märtyrern. In der islamischen Tradition konnte er allerdings lediglich auf eine Gruppe von Muslimen verweisen, die kurz nach der Entstehung des Islams von „Götzendienern“entführt und gezwungen wurden, sich entweder von ihrem Glauben loszusagen oder getötet zu werden. Sie entschieden sich, Märtyrer ihres Glaubens zu werden.
Dies sei, so erklärte Sawahiri, eine Entscheidung für den Selbstmord gewesen. Die anderen Muslime hätten sie deswegen
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