Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
Amerikaner den Abgesandten der sudanesischen Regierung, Bin Laden auszuweisen. Erwa erklärte der CIA, es sei besser, wenn er im Sudan bliebe, wo die Regierung ihn im Auge behalten könne; aber wenn die Vereinigten Staaten Bin Laden unter Anklage stellen wollten, versicherte er, „sind wir bereit, ihn Ihnen zu übergeben“. 28
Die Regierung Clinton betrachtete Bin Laden nach wie vor als einen lästigen Störenfried, aber noch nicht als eine tödliche Bedrohung. Vor allem wegen seiner Unterstützung des blinden Scheichs war er als Finanzier des Terrorismus bekannt geworden. Es herrschte Einigkeit darüber, dass man ihn aus seinem Unterschlupf im Sudan vertreiben müsse, denn das Land wurde mittlerweile von islamistischen Terroristen überflutet, die mit Geld viel gefährlicher waren als ohne finanzielle Unterstützung. Es wurde aber keine ernsthafte Debatte über die möglichen Folgen einer Ausweisung geführt. Auch war nicht beabsichtigt, den Sudan zu zwingen, Bin Laden den US-Behörden zu übergeben, denn bislang gab es keine Beweise, dass er US-Bürgern Schaden zugefügt hatte. Einige amerikanische Regierungsvertreter gaben sich vorübergehend der Vorstellung hin, die Saudis würden ihren missratenen Sohn wieder in Empfang nehmen und ihn einen Kopf kürzer machen. 29 Der sudanesische Staatspräsident Omar al-Baschir unternahm eine Hadsch nach Saudi-Arabien und traf sich dort mit Kronprinz Abdullah. Baschir bot ihm an, Bin Laden auszuliefern, wenn die Saudis garantierten, dass er nicht inhaftiert oder strafrechtlich verfolgt werden würde. 30 Der Kronprinz wies diese Bedingung zurück. Auch die ägyptische Regierung, die Bin Laden verantwortlich machte für den Mordanschlag auf Mubarak, drängte die Saudis, Bin Laden vor Gericht zu stellen. Diesmal erhob Prinz Turki Einwände. Es gebe keine gesicherten Beweise, dass Bin Laden in den Anschlag verwickelt gewesen sei, meinte er. Ahmed Badib, Turkis Stellvertreter, erklärte den Ägyptern: „Liefert uns Beweise, dann entführen wir ihn.“ 31 Die Saudis machten aber auch unmissverständlich klar, dass sie sich bezüglich Bin Ladens keiner Schuld bewusst seien. Bin Laden war noch nicht zur Fahndung ausgeschrieben, und man wollte ihn zweifellos auch nicht haben.
Die Amerikaner übten weiter Druck auf die sudanesische Regierung aus. „Fordert ihn auf, das Land zu verlassen“, verlangten sie von General Erwa. „Aber lasst nicht zu, dass er nach Somalia geht.“ 32
„Er wird nach Afghanistan gehen“, warnte Erwa.
„Na gut, soll er es tun“, meinten die Amerikaner.
HASSAN AL-TURABI und Bin Laden stritten drei Tage lang erbittert bis spät in die Nacht. 33 Bin Laden erklärte, nach allem, was er in das Land investiert habe, besitze die Regierung nicht das Recht, ihn hinauszuwerfen. Er habe kein Verbrechen gegen den Sudan begangen, und kein anderes Land auf der Welt sei bereit, ihn aufzunehmen. Al-Turabi erwiderte, Bin Laden habe nur zwei Möglichkeiten: zu gehen oder zu bleiben und den Mund zu halten. Bin Laden entgegnete, er könne nicht schweigen, so lange junge Islamisten ungerechtfertigter Weise in Saudi-Arabien eingekerkert würden. Schließlich erklärte er sich bereit, das Land zu verlassen.
Aber wohin sollte er gehen? Er hatte keinen saudischen Pass mehr, der ihm die Einreise in andere Länder ermöglicht hätte; jetzt galt er als ein berühmt-berüchtigter saudischer Geschäftsmann und mutmaßlicher Förderer des Terrorismus. Einige Mitglieder von al-Dschihad schlugen ihm vor, er solle sein Äußeres durch eine Operation verändern, und boten ihm an, ihn nach Ägypten einzuschleusen, doch Sawahiri, der angeblich in Bulgarien untergetaucht war, riet davon ab. Er war schon immer der Ansicht gewesen, dass Ägypten ein zu übersichtliches Land sei und zuwenig natürliche Verstecke bot - Höhlen, Berge -, wo man sich auf einen Umsturz vorbereiten konnte. Somalia war eine Möglichkeit, aber wegen der feindseligen Haltung der Einheimischen gegenüber den Arabern kam auch dieses Land nicht in Frage.
Wie die Sudanesen vermutet hatten, erschien Afghanistan als naheliegendster Fluchtort, vielleicht auch als der einzige. Al-Turabi tat Bin Laden einen Gefallen und bat den sudanesischen Botschafter in Afghanistan, Bin Laden bei der Übersiedelung behilflich zu sein. 34 Dann machten sich die sudanesischen Machthaber daran, Bin Ladens Hinterlassenschaft aufzuteilen.
Die Regierung schuldete ihm noch immer 20 Millionen Dollar für die 700 Kilometer lange Autobahn von
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